Mannheim. Das Ausbildungsjahr hat zwar gerade begonnen, doch schon jetzt steht fest: Viele werden nicht bei ihren Betrieben bleiben. Jedes Jahr brechen Auszubildende frühzeitig ab, die Quoten sind sowohl im Handwerk als auch in IHK-Berufen in den vergangenen Jahren gestiegen.
In manchen Branchen ist die Abbrecher-Quote höher als in anderen
Lag die Abbrecherquote 2024 bei den IHK-Berufen bei elf Prozent, waren es zehn Jahre zuvor acht Prozent. „Der wichtigste Grund für den Anstieg ist vermutlich, dass der Ausbildungsmarkt heute ein Bewerbermarkt ist. Die jungen Erwachsenen haben sehr viele Optionen, häufig auch sehr viele Eisen im Feuer und sind entsprechend schnell bereit zu wechseln“, erklärt Harald Töltl, Geschäftsführer Berufliche Bildung bei der IHK Rhein-Neckar.
Die Höhe der Abbrecherquote hängt dabei stark von der Branche und den jeweiligen Berufen an:
- Bei den kaufmännischen Berufen liegt die Quote mit 14,3 Prozent vergleichsweise hoch.
- Besonders betroffen sind das Hotel- und Gaststättengewerbe (Abbruchquote: 23,9 Prozent ) und der Einzelhandel (18,5 Prozent ).
- Bei den gewerblich-technischen Berufen liegt die Quote im Schnitt bei nur 6,5 Prozent.
- Besonders oft zu Abbrüchen kommt es hier in den Bauberufen (Abbrecherquote von 13,9 Prozent ).
Manche Betriebe zahlen Prämien für Gewinnung neuer Mitarbeiter
Auch das Handwerk muss sich auf Abbrecher gefasst machen, deutlich mehr als in den IHK-Betrieben. Die Quoten sind hier in den vergangenen Jahren ebenfalls gestiegen, von 15,3 Prozent im Jahr 2021 auf 17,3 Prozent im vergangenen Jahr. Als einen Hauptgrund nennt auch die Handwerkskammer die Auswahlmöglichkeiten für junge Menschen.
Entsprechend leicht hätten sie es, eine andere Lehrstelle zu finden, wenn ihnen die aktuelle – aus welchen Gründen auch immer – nicht zusage. Jugendliche hätten oftmals viele Bewerbungen laufen, möglicherweise nicht nur Ausbildungs-, sondern auch für Studienplätze.
Kommt dann später noch die Zusage für ein vermeintlich besseres Angebot, wird der bereits geschlossene Vertrag gekündigt.
„Kommt dann später noch die Zusage für ein vermeintlich besseres Angebot, wird der bereits geschlossene Vertrag gekündigt“, so Töltl. Manchmal sind es auch Goodies, die ein Betrieb bietet, wie ein Firmenwagen. Oder Freunde, die beim anderen Betrieb untergekommen sind. „Es gibt viele und meist wohl auch individuelle Gründe“, betont eine Sprecherin der Handwerkskammer. Manche Betriebe zahlten ihren Azubis sogar Prämien, wenn sie weitere Azubis, also Freunde oder Bekannte, für eine Ausbildung gewinnen.
Die meisten wechseln den Betrieb, nicht den Beruf
Jedenfalls sei ein Abbruch nicht gleichbedeutend mit einem Scheitern. Dazu passt, dass die meisten Abbrecher nicht den Beruf wechselten, sondern den Betrieb. „Natürlich müssen Betrieb und Azubi zusammenpassen. Hierdurch kann es zu Auflösungen kommen, im Einvernehmen oder initiiert von der einen Seite“, so die Sprecherin der Handwerkskammer. Dass eine Ausbildung mit falschen Erwartungen gestartet wird, gebe es aber auch. Hier könne eine frühzeitige Umorientierung sogar sinnvoll sein.
Grundsätzlich ist das Ziel, Abbrüche möglichst zu verhindern. Für Unternehmen und Auszubildende gibt es dafür Hilfen, etwa vom Arbeitsamt, wenn es an fachlicher Eignung mangelt, oder vom Senior Expert Service, Fachleuten, die sich bereits im Ruhestand befinden, und ehrenamtlich junge Leute durch die Ausbildung coachen. Wurde eine Kündigung schon ausgesprochen oder steht diese unmittelbar bevor, können vielleicht noch die Schlichtungsausschüsse bei den Kammern etwas richten.
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