Interview

Warum SAP seinen Mitarbeitenden Coachings zum Ukraine-Krieg anbietet

Von 
Bettina Eschbacher
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Wie gibt man Kindern Sicherheit und schützt sie vor Bildern aus dem Ukraine-Krieg? Hunderte von Eltern haben sich über ihren Arbeitgeber SAP dazu Rat geholt. © dpa/Nina Straßner

SAP-Diversity-Chefin Nina Straßner erklärt, warum der Konzern zum Ukraine-Krieg Hilfen für Mitarbeitende und speziell Eltern anbietet. Und dass es in diesen Zeiten nicht nur um das Arbeitsergebnis gehen kann.

Warum ist der Gemütszustand der Mitarbeitenden als Folge des Ukraine-Kriegs ein Thema für SAP? Wie passt das in Ihre Personal-Strategie?

Nina Straßner: Der Gemütszustand ist der Kern unserer HR-Strategie und eine Frage der hierfür notwendigen Empathie. Das bedeutet schlicht, dass man nicht nur am Arbeitsergebnis der Mitarbeitenden interessiert ist, sondern daran, wie es ihnen geht.

Sehen Sie SAP dabei als Vorreiter?

Straßner: Es ist aus unserer Sicht Teil der Fürsorgepflicht und damit die Uraufgabe eines Unternehmens im Hinblick auf die Mitarbeitenden. Und wir wollen hier mit gutem Beispiel vorangehen, haben aber viele andere Unternehmen hierbei an unserer Seite.

Anwältin und Bloggerin

  • Nina Straßner ist seit 2019 Head of Diversity and People Programs Germany beim Walldorfer Softwarekonzern. Dabei geht es darum, für Vielfalt in dem Konzern zu sorgen und gesellschaftliche Debatten ins Unternehmen zu tragen – beispielsweise zu Geschlechter-Themen, Generationenkonflikten und auch ethnisch-kulturellen Unterschieden.
  • Straßner studierte Jura in Dresden und Kiel, dazu außerdem in Sydney und Stellenbosch. Seit 2008 ist sie Rechtsanwältin, seit 2015 Fachanwältin für Arbeitsrecht.
  • Sie hat das Buch „Keine Kinder sind auch keine Lösung“ geschrieben und betreibt als „Juramama“ einen Blog. Außerdem schreibt sie Kolumnen für Zeitschriften.

Was glauben Sie, hat die aktuelle Situation mit dem Krieg bei den Mitarbeitenden ausgelöst? Und wie wirkt sich das auf ihre Arbeit und Leistung aus?

Straßner: Wir alle haben zwei Jahre Pandemie im Rucksack, der Winter geht gerade erst vorbei und nun dieser Krieg, der unsere Werte angreift. Alle ringen darum, eine Haltung zu diesem Krieg zu finden - und alle Gefühle kommen auf einmal. Wir müssen enorm mit unseren Kräften haushalten. Es wäre naiv, zu glauben und nahezu unmoralisch zu erwarten, dass sich das nicht auf Arbeit und Leistung auswirkt.

Und warum bieten Sie speziell Eltern Hilfe und Coachings an?

Straßner: Sie sind in ihrer ureigenen Aufgabe als Eltern gerade enorm gefordert, nämlich ihren Kindern Sicherheit zu bieten. Das ist das, was Kinder brauchen. Wenn man aber selbst Angst hat, durcheinander ist, wütend ist, dann ist das unheimlich schwer. Hier wollen wir helfen und Last abnehmen, wo wir können. Hinzu kommt die Dimension Social Media, viele Kinder haben ein Handy - und die Bilder sind schon für Erwachsene nicht zu ertragen. Hier müssen Eltern auch wachsam sein. Das schlaucht ja schon beim Gedanken daran.

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Wie war die Resonanz auf das Angebot bisher?

Straßner: Sehr hoch. Über 1000 SAPler haben uns bei der ersten Session mit unserem SAP-internen Psychologen Torsten Paul zugehört. 600 Eltern waren es mit der Instagram-Psychologin Franca Cerruti. Was uns freut, weil es bedeutet, dass sie uns vertrauen. Es besorgt uns aber auch und zeigt uns, dass wir das jetzt engmaschig machen sollten. Die psychologischen Coachings an sich bietet das Health Department der SAP von Natalie Lotzmann an. Es steht mit einem 24-Stunden-Notfalltelefon bereit und kann auf ein großes und agiles Portfolio und viel Erfahrung zurückgreifen. Hier mussten wir nicht viel neu schaffen, da dort schon alles bereitstand.

Wie sind die Beratungen für Eltern abgelaufen?

Straßner: Die großen virtuellen Calls habe ich selbst moderiert, unsere Gesundheitsexperten befragt und aus dem Chat die Fragen und Stimmungen weitergegeben. Den Chat zu lesen und dabei zu moderieren, fiel mir nicht leicht, weil ich selbst einen Kloß im Hals hatte. Die Geschichten und die offene Beschreibung der Trauer und der Sorge im Chat waren sehr berührend. Und gleichzeitig war es sehr verbindend zu erleben, dass wir mit diesen Gefühlen und Herausforderungen nicht alleine sind. Zudem hilft es dabei, Empathie zu entwickeln und zu sehen, was hier eigentlich alles individuell wund liegen kann, und achtsam und nachsichtig miteinander zu sein. Für uns ist das ein Investment in die Werte, die es zu verteidigen gilt.

Und was waren die konkreten Experten-Ratschläge für die Eltern?

Straßner: Ich habe als Mutter von zwei Kindern hier vor allem mitgenommen, dass es wichtig ist, proaktiv zu betonen, dass die Kinder nicht schuld sind, wenn Mama oder Papa komisch drauf sind. Kinder denken schnell, es läge an ihnen, wenn plötzlich Tränen kommen oder Nerven blank liegen. Mit älteren Kindern sollte man über Social Media sprechen und sie bitten, die Eltern anzusprechen, wenn sie etwas Verstörendes gesehen haben, oder nachzufragen, wenn sie Informationen nicht einordnen können. Zudem sollte man möglichst Kindernachrichten schauen und Bilder vermeiden. Die Macht der Bilder ist hier übermächtig und für Kinder noch schwerer zu verarbeiten als für uns.

Redaktion Bettina Eschbacher ist Teamleiterin Wirtschaft.

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