Mannheim. Als es ernst wurde, war Marc Schnatterer erst einmal außen vor. Ein Muskelfaserriss im letzten Testspiel gegen Eintracht Trier stoppte den Leistungsträger des SV Waldhof kurz vor dem Saisonstart. Im Interview spricht der 36-Jährige über sein nahendes Comeback, seinen Eindruck vom neuen Trainer und der Mannschaft, das Spiel am Sonntag (15 Uhr) beim SC Verl – und ein mögliches Pokal-Los gegen seinen langjährigen Ex-Club 1. FC Heidenheim.
Wie sehr nervt es einen Fußball-Profi, wenn man sich kurz vor dem Saisonstart eine Verletzung einfängt?
Marc Schnatterer: Für eine Verletzung gibt es nie einen guten Zeitpunkt, aber kurz vor dem Saisonstart ist das natürlich sehr ungünstig. Es ist ein bisschen schade, aber so etwas passiert. Ich bin, was Verletzungen angeht, zum Glück sonst immer gut durchgekommen.
Wie ist der aktuelle Fitness-Zustand? Wann ist ein Comeback realistisch?
Schnatterer: Ich werde schauen, dass ich die Belastung in den nächsten Tagen anteste und dann sehen wir, wann ich wieder ins Mannschaftstraining einsteigen kann. Ich muss aber auch ein bisschen aufpassen, weil viele Mediziner sagen, dass die Stelle, an der ich den Muskelfaserriss hatte (an der Wade, d. Red.) ein bisschen sensibler ist. Man sollte sich die Zeit nehmen, damit es nachhaltig gut bleibt.
Sie haben sich im letzten Testspiel gegen Trier verletzt. Waren die vergangenen Wochen die heißeste Vorbereitung Ihres Fußballerlebens - also von den Temperaturen her?
Schnatterer: Ja, absolut. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es einmal über einen so langen Zeitraum so viele krasse heiße Tage gab. Wenn unser Hund schon keine Lust mehr hat vor die Tür zu gehen, dann weiß ich, dass es wirklich heiß ist. Normalerweise freut er sich immer rauszukommen (lacht).
Zur Person: Marc Schnatterer
- Marc Schnatterer (36) spielt seit dem Sommer 2021 für den SV Waldhof. Davor lief der Offensivspieler 13 Jahre lang für den 1. FC Heidenheim in der 2. und 3. Liga auf. Beim Club von der Schwäbischen Alb gilt der gebürtige Heilbronner als Legende.
- In seiner ersten Saison für den SVW erfüllte der Flügelstürmer die Erwartungen mit elf Treffern und acht Vorlagen vollauf. Er gilt auch in Mannheim auf und neben dem Platz als wertvoller Führungsspieler. Sein Vertrag läuft im Juni 2023 auf, ob er noch eine Saison dranhängt, will der Schwabe in der Winterpause entscheiden.
Der SVW ist mit zwei Siegen sehr gut in die neue Saison gestartet. Täuscht der Eindruck, dass da eine sehr robuste, widerstandsfähige Mannschaft zusammenwächst?
Schnatterer: Nein, der täuscht nicht. Wir haben schon die Qualität und eine gute Mentalität in der Mannschaft. Die Widerstandsfähigkeit ist schon da, aber da helfen uns natürlich auch die zwei Siege. Das macht es einfacher, noch enger zusammenzuwachsen. Die Leistungen in beiden Spielen waren überwiegend positiv. Gegen Viktoria Köln haben wir es dominant gestaltet, und gegen Zweitligist Holstein Kiel waren wir einen Tick besser und sind verdient weitergekommen.
Welchen Eindruck haben Sie vom neuen Trainer Christian Neidhart?
Schnatterer: Ich will ihn nicht mit Patrick Glöckner vergleichen, das sind zwei unterschiedliche Typen, die ich bei Waldhof erleben durfte. Christian Neidhart hat klare Vorstellungen und bringt das klar rüber. Was auch wichtig ist: Wenn mal nicht alles perfekt läuft, bleibt er ruhig. Es hilft ja in so einer langen Saison nichts, gleich nervös zu werden. Das macht er gut.
Ist der SV Waldhof stärker besetzt als in der vergangenen Saison?
Schnatterer: Wir hatten letzte Saison einen breiten Kader mit ein paar Spielern, die hintendran waren. Dass es da mal Unzufriedenheit gibt, ist klar. Jetzt ist der Kader noch relativ überschaubar, aber wir haben trotzdem ordentlich Qualität auf der Bank. Wir sind schon gut aufgestellt, aber wie ich mitbekommen habe, sind die Personalplanungen noch nicht abgeschlossen. Doch damit beschäftigen wir uns auch nicht: Wir sind gut gestartet und wollen diesen Trend jetzt fortsetzen.
Gerade im offensiven Mittelfeld ist die Mannschaft breit und sehr gut besetzt. Sie gelten auch mit bald 37 Jahren als sehr ehrgeizig. Wie reagiert Marc Schnatterer, wenn er mal auf der Bank sitzt?
Schnatterer: Erst einmal zur Klarstellung: Noch bin ich 36 (lacht). Klar bin ich sehr ehrgeizig und will im Training zeigen, dass ich spielen möchte. Aber es gibt auch gute junge Spieler, die auf ihre Chance lauern. Wenn man eine Leistung stimmt und ich spielen darf, bin ich glücklich darüber. Wenn man auf der Bank sitzt, darf man auch mit 36 mal ganz kurz enttäuscht sein, aber dann muss man sich wieder darauf konzentrieren, der Mannschaft zu helfen, wenn man eingewechselt wird. Auch bei den beiden Spielen, bei denen ich jetzt nicht dabei war, habe ich extrem mitgefiebert und mich mit den Jungs gefreut, dass wir gewonnen haben. Ich werde alles daran setzen, dass wir eine erfolgreiche Saison haben – egal, wie in dem Moment meine Situation ist.
Sie sind zusammen mit Kapitän Marcel Seegert, Marco Höger, Baxter Bahn und Dominik Martinovic Mitglied im Mannschaftsrat – also das, was man landläufig einen Führungsspieler bezeichnet. Wie füllen Sie diese Rolle in der Praxis aus?
Schnatterer: Ich war lange Kapitän in Heidenheim und dort viele Jahre im Mannschaftsrat. Ich versuche auch jetzt in Mannheim, die Interessen der Mannschaft zu vertreten. Ich helfe jedem und unterstütze jeden gern. Wer einen Rat von mir will, bekommt ihn. Am Ende des Tages müssen wir schauen, dass der Laden läuft und zur Not mal auf den Tisch hauen. Dafür sind wir Führungsspieler. Im Erfolgsfall müssen wir wiederum schauen, dass alle auf dem Boden bleiben.
2014 sind Sie mit dem 1. FC Heidenheim aus der 3. in die 2. Liga aufgestiegen. Hat sich das fußballerische Niveau in der 3. Liga im Vergleich zu damals verändert?
Schnatterer: Damals waren die Mannschaften tendenziell mit mehr erfahrenen Spielern gespickt. Was so geblieben ist: Du kannst gegen jede Mannschaft verlieren, weil Mentalität und Teamgeist eine große Rolle spielen. Vom Gefühl her war die Liga damals noch einen Tick enger beieinander, das Niveau war ähnlich.
Am Sonntag spielt der SVW in Paderborn gegen den SC Verl. Ist das eines dieser eher unangenehmen Spiele gegen einen Gegner aus dem unteren Tabellendrittel, in denen man sich schadlos halten muss, wenn man am Ende oben dabei sein will?
Schnatterer: Das ist am zweiten Spieltag schwer zu sagen. Verl hat sehr unglücklich 0:1 in Saarbrücken verloren. Wenn wir es wieder schaffen, die gleiche Stabilität wie gegen Köln und Kiel hinzubekommen, dann wird es schwer, uns zu schlagen. Aber das ist eben die Kunst, das so oft wie möglich an 38 Spieltagen zu schaffen. Gegen Verl haben wir uns in der vergangenen Saison schwergetan und sie spielen normalerweise immer einen guten Ball. Klar sagt man immer: Solche Spiele sollte man gerade am Anfang ziehen, um sich oben festzusetzen. Das ist auch unser Ziel. Aber was ist in der 3. Liga schon selbstverständlich? Jedes Spiel ist eine Herausforderung, jeder Sieg eine Super-Leistung.
Am 4. September wird die zweite Runde im DFB-Pokal ausgelost. Würden Sie sich wirklich über ein mögliches Duell mit ihrem langjährigen Ex-Club Heidenheim freuen oder würde das Sie sogar in einen Gewissenskonflikt stürzen?
Schnatterer: Ehrlich gesagt wäre das schon etwas Schönes. Ein Kreis würde sich schließen. Ich komme da in keinen Gewissenskonflikt. Ich stehe in Mannheim unter Vertrag und wenn ich im Pokal spiele, will ich gewinnen – egal gegen wen. Dann versuche ich auch, wenn ich die Chance bekomme, ein Tor zu machen. Aber natürlich mit Respekt vor dem FCH, ich habe den Verantwortlichen dort meinen Weg als Fußballer zu verdanken. Natürlich bin ich immer noch Heidenheim-Fan, ich schaue mir die Spiele an und freue mich, wenn es gut läuft. Ich war 13 Jahre dort, das ist meine zweite Heimat, in der ich viele Freunde habe. Aber wenn es im Pokal so kommen sollte, habe ich als Profi kein Problem, alles zu geben, damit wir als Waldhof Mannheim erfolgreich sind.
Schon in der vergangenen Saison ist Ihnen diese Frage zigmal gestellt worden. Ist eigentlich klar, dass die aktuelle Saison Ihre letzte als Profi sein wird?
Schnatterer: Das würde ich nicht behaupten. Man kann so viel sagen: Die Chance, dass es meine letzte Saison wird, ist natürlich noch einmal größer. Man wird nicht jünger. Ich lasse mir mit der Entscheidung Zeit. Dieses Jahr ist ja früh Winterpause und dann hat man da vielleicht ein bisschen Luft, sich darüber Gedanken zu machen. Entschieden ist auf jeden Fall noch nichts.
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