Fußball

Waldhof-Präsident Beetz: „Unser Erfolg ist nicht aufzuhalten“

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Auch Waldhof-Präsident Bernd Beetz schaut aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie in eine unsichere Zukunft. © Imgao

Mannheim. Drittliga-Fußball ohne Zuschauer - dieses vor allem wirtschaftliche Horror-Szenario ist in der aktuellen Spielzeit auch am SV Waldhof nicht spurlos vorbeigegangen. Präsident Bernd Beetz rechnet mit einem deutlichen Defizit, will den Club aber weiter offensiv aufstellen, wie er im Gespräch mit dieser Redaktion betont. „Unser Erfolg ist nicht aufzuhalten“, sagt der Mäzen des Mannheimer Traditionsclubs.

Herr Beetz, wie ordnen Sie das 3:2 gegen den VfB Lübeck ein. Reicht es für den SVW in absehbarer Zeit für den Klassenerhalt?

Bernd Beetz: Der Sieg gegen Lübeck war wichtig und ein Schritt in die richtige Richtung. Wir müssen aber weiter konzentriert und hart arbeiten.

Die sportliche Qualifikation für die 3. Liga ist das eine, die wirtschaftliche Situation für die Clubs eine andere. Kann diese Spielklasse eine weitere Saison mit Zuschauereinschränkungen überhaupt überstehen?

Beetz: Das kann ich mir nicht vorstellen und das ist auf Dauer wegen der hohen Abhängigkeit von Zuschauereinnahmen in der 3. Liga auch nicht darstellbar. Irgendwann müssen wir zur Normalität zurückkommen - auch gesamtgesellschaftlich. Aber ich bin da relativ optimistisch, weil ich glaube, dass wir irgendwann einen Überschuss von Impfmitteln haben, so dass jeder geimpft werden kann, der das möchte. Und dann hoffe ich auch auf so etwas wie einen Impfpass, mit dem man Zugang hat zu Dingen wie etwa einem Stadionbesuch.

Wie ist die Spielbetriebs-GmbH des SVW bislang über die Runden gekommen? Konnten die staatlichen Ausgleichszahlungen das Defizit etwas abmildern?

Beetz: Wenn Sie kommen würden, wäre das der Fall. Wir warten im April noch auf die Novemberhilfen. Es ist unglaublich. Wir werden aber trotzdem ein Defizit haben.

Mäzen und Präsident

Bernd Beetz wurde am 8. August 1950 in Sinsheim geboren, wuchs in Mannheim-Käfertal auf und studierte BWL an der Uni Mannheim.

Der ehemalige Ruderer leitete ab 2001 elf Jahre den US-Konzern Coty, den größten Parfümhersteller der Welt. Seit 2012 ist er als Investor tätig, seit 2016 ist Beetz Haupt-Geldgeber beim SV Waldhof.

Im November 2018 wurde er auch zum Präsidenten des Hauptvereins gewählt. Seine erste Amtszeit endet im Spätjahr 2021.

Der 70-Jährige pendelt zwischen seinen Wohnsitzen New York, Lausanne und Mannheim.

Das Geschäftsjahr endet in etwas mehr als zwei Monaten. Können Sie schon abschätzen, wie hoch das Defizit sein wird?

Beetz: Rechnen wir mal Corona raus, haben wir ein Modell, das in der 3. Liga konkurrenzfähig ist und das eine schwarze Null schreiben kann, wie wir in der vergangenen Saison gesehen haben. Was in dieser Spielzeit passiert, ist noch schwer zu sagen, aber wir gehen mal von einem Minus von ein bis zwei Millionen Euro aus - wenn alle Hilfen kommen. Wir sind da aber echt noch im Schwimmen. Dann müssen wir uns als Familie stellen und sehen, wie wir das ausgleichen.

Was bedeutet das für die Zukunft? Muss der Gürtel beim Etat 2021/22 enger geschnallt werden?

Beetz: Nein, wir hatten ja auch für dieses Jahr das Budget erhöht und wir wollen weiter erfolgreich sein. Jetzt schauen wir, was für Möglichkeiten es gibt, damit wir uns sehr offensiv aufstellen können. Was das konkret bedeutet, wollen wir intern besprechen und uns dann separat dazu äußern. Die Angriffslust ist aber auf jeden Fall noch da.

Schaut man auf andere Vereine, hat man nicht den Eindruck, dass trotz der ganzen Einnahmeverluste das große Sparen eingesetzt hat. Wundert Sie das nicht ein bisschen?

Beetz: Ich denke, dass die Budgets generell runtergehen. Es gibt Clubs, die nur in die erste Mannschaft investieren und alles andere nicht anschauen. Oder Vereine, die sogar eine Insolvenz in Kauf nehmen. Ich will das nicht bewerten, aber das ist nicht unser Weg. Wir haben ordentlich investiert, um die Struktur mit der GmbH, dem Hauptverein und dem Nachwuchszentrum ordentlich hinzukriegen. Diese Vektoren sind auf dem Weg und jetzt hoffen wir, über den Sommer wieder etwas mehr Normalität zu bekommen, um mit verlässlichen Faktoren solide planen zu können.

Sie sind hier angetreten, um den Anschub zu finanzieren, mittelfristig sollte sich die GmbH dann selbst tragen - vielleicht auch mal in der 2. Liga. Ist das angesichts von Corona inzwischen ein ferner Traum?

Beetz: Nein, dafür bin ich angetreten und das möchte ich auch erfüllen. Ich möchte einen sanierten e.V., ein prosperierendes Nachwuchszentrum und eine GmbH, die sich in der 3. Liga behaupten kann. Alle drei Ziele sehe ich im Kern bestätigt. Corona hat das nun alles etwas verzerrt, aber das motiviert mich eher noch. Ich denke, dass unser Erfolg nicht aufzuhalten ist.

Statt nach oben wurde in dieser Saison mehrmals intensiv nach unten geschaut. Sind Sie vor der Winterpause oder nach sieben Spielen ohne Sieg angesichts Ihrer bisherigen Investitionen nicht auch mal nervös geworden?

Beetz: Aus der Perspektive habe ich das nicht betrachtet, aber gefallen hat mir das natürlich nicht. Die Mannschaft ist stärker als vergangene Saison, hat aber nicht die Punktzahl eingefahren, die möglich war. Uns gefällt der Fußball, der angeboten wird, aber das hat sich noch nicht ausreichend in Zählern niedergeschlagen. Ich hoffe, dass das in den letzten Spielen noch kommt und da ist die sportliche Leitung sehr zuversichtlich - und ich auch.

"Wir sind ein Team und ziehen an einem Strang. Dazu gehören dazu gehören auch mal harte interne Diskussionen."
Bernd Beetz

Ein neuer Trainer, viele neue Spieler? Kann das ein Grund für die Achterbahnfahrt sein und sollte sich das Ganze im nächsten Jahr stabilisieren?

Beetz: Ja, das wurde aktiv angesprochen und diskutiert und das erwarte ich vom Sportmanagement, dass wir das besser ausgleichen können. Ich sehe uns da aber auf einem guten Weg und wir haben ja auch gigantische Spiele gezeigt.

Im Frühjahr gab es auch Berichte, dass es zwischen GmbH-Geschäftsführer Markus Kompp und Sportchef Jochen Kientz kriseln würde. Ist das nur von außen hereininterpretiert oder gibt es nicht doch manchmal auch Feuer, wenn es raucht?

Beetz: Wir sind ein Team und ziehen an einem Strang. Dazu gehören dazu gehören auch mal harte interne Diskussionen.

Sehen wir das Duo auch nächste Saison noch an den wichtigen Schaltstellen?

Beetz: Ich sehe da keinen anderen Ansatz. Wir stehen gut zusammen.

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Könnte eine veränderte Struktur etwas bewirken? Sportliches und betriebswirtschaftliches Management etwa auf Augenhöhe?

Beetz: Die Struktur funktioniert sehr gut und ich habe keinen Grund, das zu ändern. Die GmbH wird von Herrn Kompp in Gesamtverantwortung geführt und ich habe gerne einen zentralen Punkt, der alles verantwortet.

Sind Sie mit der Vermarktung zufrieden? Die 3. Liga wird mittlerweile bundesweit wahrgenommen, jetzt gibt es die Möglichkeit, weitere Werbeflächen auf dem Trikot zu verkaufen - oder ist das alles nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn man sich die TV-Gelder in der 2. Liga betrachtet?

Beetz: Die Media-Daten und die Popularität der 3. Liga sind ein Traum. Normalerweise müsste sich hier die Kompensation bei den TV-Geldern anpassen - was sie aber nicht tut. Das etwas so lange festgeschrieben ist, obwohl sich die Zuschauerzahl verdoppelt haben - das ist hirnrissig. Was die eigene Vermarktung betrifft, stehen wir robust und solide da, auch wenn man immer ein bisschen mehr machen kann.

Wie geht es dem Hauptverein? Wie versprochen, hat Ihre Familie hier die Defizite ausgeglichen. Der e.V. muss ja aber auch mal auf eigenen Beinen stehen, oder?

Beetz: Der Verein war zuletzt strukturell defizitär. Da haben wir die Altlasten abgetragen und unter der Führung von Vize-Präsident Horst Seyfferle ist es absehbar, dass sich auch der Hauptverein tragen kann.

Geht es mit der Übernahme des Alsenwegs voran?

Beetz: Weiter schleppend. Wir warten seit Dezember auf einen Vertragsentwurf für die Übernahme. Es wäre schon super, wenn wir auch die Trainingsbedingungen endlich mal drittliga-adäquat hätten.

Was war Ihr schönster Waldhof-Moment in dieser Saison?

Beetz: Die Siege gegen Ingolstadt und Saarbrücken waren schon toll. Das war Fußball, wie ich ihn mir wünsche.

Und Ihr schlimmster?

Beetz: Das 0:5 bei 1860 München war schon bitter. Das war auch vom Auftreten ein Tiefpunkt. Aber das können wir am Wochenende im Rückspiel ja zurechtrücken.

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