Mannheim. Im Spielertunnel des Carl-Benz-Stadions tobte die Aufstiegsparty von Dynamo Dresden. Bierduschen, Umarmungen, Tränen, Triumphgesänge. Davon ließ sich auch Florian Beck, Torwarttrainer des SV Waldhof, nach dem 1:0-Sieg gegen den künftigen Zweitligisten ein wenig anstecken.
Als Kennedy Okpala den Journalisten darüber Auskunft geben sollte, wie er das genau gemacht hat bei seinem entscheidenden Tor eines emotional aufgeladenen Nachmittags, näherte sich Beck mit einer Bierflasche von hinten und schüttete sie dem jungen Mannheimer Angreifer über den Kopf. Okpala stand da wie ein begossener Pudel. Aber einer der sehr glücklichen Sorte.
SVW nun mit drei Punkten und fünf Toren Vorsprung
„Der Moment bei meinem Tor war das Lauteste und Größte meiner Spielerkarriere. Ich habe in die Gesichter der Fans gesehen und mich einfach nur gefreut“, sagte Okpala über seinen Treffer in der 62. Minute, als er bei einem schnellen Gegenangriff ein Zuspiel von Felix Lohkemper im Stil eines Torjägers unter die Latte feuerte. Die Waldhof-Fans unter den knapp 23.000 Zuschauern eskalierten danach emotional – der Jubel war laut, ohrenbetäubend laut.
Innerhalb von nur zwei Wochen hat der SVW die Stimmung im Umfeld komplett gedreht, die unerwarteten Siege in Cottbus (4:2) und am Samstag gegen Dresden (1:0) haben die Mannheimer im Kampf um den Klassenerhalt vor dem letzten Spieltag in eine hervorragende Ausgangsposition gebracht. Als Tabellen-15. haben die Kurpfälzer drei Punkte und fünf Tore Vorsprung auf Borussia Dortmund II auf dem ersten Abstiegsplatz. Dazwischen steht noch der punktgleiche VfB Stuttgart II, der aber das um neun Treffer schlechtere Torverhältnis im Vergleich zum SVW aufweist.
Waldhof bleibt trotz Dresden-Sieg konzentriert
Ein Remis am Samstag (13.30 Uhr) bei DFB-Pokalfinalist Arminia Bielefeld, der am Wochenende zusammen mit Dresden ebenfalls in die 2. Bundesliga aufstieg, würde die letzten Zweifel beseitigen. Selbst bei einer Mannheimer Niederlage müsste Dortmund II im Parallelspiel beim 1. FC Saarbrücken gewinnen und fünf Tore aufholen. Außerdem müsste bei diesem Szenario Stuttgart II am letzten Spieltag auch noch gegen RW Essen punkten. Klingt in Summe ziemlich unwahrscheinlich.
Vorzeitige Glückwünsche zum Klassenerhalt wehrte Waldhof-Trainer Dominik Glawogger dennoch vehement ab. „Einen tollen Sieg wie gegen Dresden kann man immer feiern, aber ein bisschen muss ich der Spielverderber am heutigen Tag sein. Ich habe im Fußball schon so viel erlebt. Es gibt keinen freien Tag, sondern wir bereiten uns ganz fokussiert auf das letzte Spiel vor. Damit wir nächste Woche in Bielefeld kein blaues Wunder erleben“, sagte der Österreicher.
Glawogger findet offenbar den Schlüssel zum Erfolg
Glawogger erinnerte in diesem Zusammenhang an das Beispiel der Stuttgarter Kickers, die in der Saison 2015/16 drei Partien vor dem Ende den Klassenerhalt schon bei einem Ausflug gefeiert hätten, um dann an einem dramatischen letzten Spieltag noch wegen eines einzigen Treffers Unterschied im Torverhältnis abzusteigen.
So etwas soll dem SV Waldhof nicht passieren. Glawogger hat nach einem verkorksten Start mit drei Partien ohne Sieg und dem spielerischen Tiefpunkt beim 0:0 gegen Stuttgart II vor zwei Wochen offenbar den Schlüssel für dieses Team gefunden. Gegen Dresden ließ der Trainer Okpala trotz einer schwachen ersten Halbzeit auf dem Platz – und das Eigengewächs aus Neustadt an der Weinstraße dankte es ihm mit einem überragenden Siegtor.
Sollte die Rettung am nächsten Wochenende final gelungen sein, wird Okpala als prägendes Gesicht dieses Klassenerhalts in Erinnerung bleiben. Schon in Cottbus hatte der 20-Jährige zweimal getroffen. Nach seiner zweiten Saison im Profifußball, die für den talentierten Tempostürmer auch etliche Täler bereitgehalten hat, dreht Okpala gegen Ende richtig auf.
„Ich war immer von mir überzeugt, auch wenn man im Fußball immer mal so eine Downphase hat. Wenn es aber darauf ankommt, ist es für jeden Fußballer wichtig, da zu sein“, sagte er am Samstag, während das Bier von Torwarttrainer Beck an seinen Wangen heruntertropfte. Das Ziel sei jetzt, sagte Okpala, bevor er sich unter die dringend nötige Dusche verabschiedete, auch in Bielefeld zu gewinnen, um die Saison mit neun von neun möglichen Punkten zu beenden.
Sietan bestätigt indirekt Vertragsverlängerung
Einer, der in diesen entscheidenden Wochen als emotionaler Anführer auf dem Platz ebenfalls an Profil gewonnen hat, ist Janne Sietan. Der Mittelfeld-Abräumer peitschte gegen Dresden nach gelungenen Aktionen immer wieder die eigenen Fans an und berichtete danach, wie es diese Mannschaft schadlos durch enorm schwierige Wochen geschafft hat.
„Es war hart, aber wir sind alle jeden Tag an den Alsenweg gefahren und haben daran geglaubt. Da kommen jetzt ein paar Emotionen hoch, die sich angestaut haben“, sagte Sietan. Jetzt wolle das Team in Bielefeld „alles dafür tun, dass rechnerisch gar nichts mehr möglich ist und der Waldhof nächstes Jahr 3. Liga spielt“. Dann offensichtlich weiter mit Sietan, der seine Vertragsverlängerung indirekt bestätigte: „In der Sommerpause werden wir die Kräfte sammeln und nächste Saison nichts mit dem Abstieg zu tun haben.“
SVW - Dresden 1:0 (0:0)
SV Waldhof: Bartels - Matriciani, N. Hoffmann, Sechelmann, Voelcke – Sietan (76. Benatelli) - Rieckmann, Ferati (86. Seegert), Thalhammer (76. Karbstein) – Lohkemper (86. Becker), Okpala (68. Shipnoski).
Dynamo Dresden: Schreiber - Sterner, Kammerknecht, Kubatta (80. Meißner), Risch - Sapina, N. Hauptmann (72. Baur), Boeder, Lemmer (80. Menzel), Kother (72. Casar) – Daferner (83. Kutschke).
Tor: 1:0 Okpala (62.).
Beste Spieler: Voelcke, Ferati, Okpala/Kother.
Gelbe Karten: Sietan, Okpala (5., gesperrt), Sechelmann (5., gesperrt), Benatelli, Rieckmann (5., gesperrt)/Boeder, Kother.
Schiedsrichter: Lukas Benen (Nordhorn).
Zuschauer: 22.796.
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