Mannheim. Hinter Dominik Glawogger liegen die aufregendsten Tage seiner Trainerkarriere. Erst die Chance, über den SV Waldhof im deutschen Profifußball Fuß zu fassen. Das Debüt im stimmungsvollen Traditionsduell vor über 15.000 Zuschauern gegen 1860 München im Carl-Benz-Stadion am Sonntag – und dann die herbe Enttäuschung, der ungehemmte Fanfrust, der sich nach der 0:3-Niederlage in Beschimpfungen und Pfiffen von der Otto-Siffling-Tribüne entlud. Nur ein Spiel, und schon sind fast alle auf den Barrikaden.
Was macht das mit einem immer noch recht jungen Menschen, der bisher als Coach im Juniorenbereich oder der Regionalliga Nord nie im Rampenlicht stand? „Meine Rolle hier als Trainer ist, voranzugehen, eine Haltung zu zeigen. Nicht nur in Momenten, in denen es gut läuft, sondern auch in schwierigen Situationen“, sagte Glawogger am Karfreitag. „Deshalb war ich nach dem Spiel extrem klar, bei mir. Ich habe den Blick sofort wieder nach vorne gerichtet. Deshalb hat diese etwas aufgehitzte Stimmungslage nach dem Spiel mit mir nichts gemacht.“ Kann man glauben oder auch nicht.
Wie es in dem jungen Österreicher wirklich aussieht, weiß nur er selbst. Klar ist aber: Am Ostersonntag (16.30 Uhr) steht für Glawogger und den SV Waldhof beim Vorletzten Hannover 96 II eine Schlüsselpartie bevor, die die Richtung weisen wird. Ein Sieg, und die Aufregung um den umstrittenen Trainerwechsel von Bernhard Trares zu Glawogger dürfte abklingen. Bei einem weiteren Misserfolg könnte die schwelende Unruhe beim akut abstiegsbedrohten Mannheimer Drittligisten jedoch endgültig detonieren. Zumal dann der Absturz auf einen Abstiegsplatz droht - der punktgleiche VfB Stuttgart II spielt schon am Samstag gegen den SC Verl. Und danach sind nur noch vier Partien übrig, um das Horrorszenario Abstieg abzuwenden, angefangen mit dem kleinen „Endspiel“ gegen die U23 des VfB am übernächsten Sonntag im Carl-Benz-Stadion.
Glawogger überraschte am Karfreitag mit einer Analyse des 1860-Spiels, bei der er sich in Teilen ganz objektiv betrachtet den Vorwurf der Schönfärberei gefallen lassen musste. Es habe „sehr viele positive Erkenntnisse gegeben“, sein Team habe „sowohl in der ersten als auch in der zweiten Halbzeit“ Torchancen gehabt, „um das Spiel auf unsere Seite zu ziehen“. Naja. Die Partie lief spätestens nach dem 0:1-Rückstand klar in Richtung von 1860. Es schien eher so, dass Glawoggers drastische Umstellungen bei Personal und Taktik die Mannschaft weiter verunsichert haben.
Es ist einerseits nachvollziehbar, dass der junge Coach dem depressiv klingenden Chor in den sozialen Netzwerken, der den SVW bereits als sicher abgestiegen sieht, ein paar positive Töne entgegensetzen will. Aber es darf insgesamt schon gerne ein bisschen (selbst)kritischer sein, auch um glaubwürdig zu bleiben. Ausgelutschte Floskeln, dass Fußball wahlweise ein „Ergebnissport“ oder ein „Fehlersport“ ist, bringen die Mannschaft in etwa so viel weiter wie ein Querpass über zweieinhalb Meter in der eigenen Hälfte. Hoffentlich werden intern die Defizite deutlicher angesprochen.
Rückkehr zur alten „Trares-Achse“ möglich
Was mögliche Veränderungen in Hannover angeht, hielt sich der Waldhof-Trainer zurück. „Ich verstehe die Frage, aber ich möchte da mit Blick auf Sonntag nicht zu viel vorwegnehmen, um dem Gegner keine Informationen zukommen zu lassen“, sagte Glawogger. Nur eine Rückkehr zur alten Trares-Achse, mit Lukas Klünter als Abwehrchef, Adrian Fein und Arianit Ferati im Mittelfeld sowie Felix Lohkemper und Andre Becker im Angriff, ist offenbar möglich. „Das ist absolut denkbar“, sagte Glawogger. Becker hat sich von seinen Achillessehnenproblemen beim 1860-Spiel erholt, auch Innenverteidiger Malte Karbstein trainiert nach seinem Innenbandriss im Knie wieder. Das führt zu dem Kuriosum, das Glawogger auf der Zielgeraden der Saison auf seinen kompletten Kader zurückgreifen kann. 25 Feldspieler und vier Torhüter meldeten sich am Donnerstag einsatzbereit. Nur Maximilian Thalhammer fehlt in Hannover aufgrund seiner bereits zehnten Gelben Karte gesperrt.
Wer tatsächlich im kleinen Eilenriedestadion auf dem Platz stehen wird, ist weitgehend unvorhersehbar. Eine voraussichtliche Mannschaftsaufstellung anzufertigen, verbietet sich in diesen wilden Waldhof-Tagen. „Das Bild ist für mich sehr klar, was die Mannschaft betrifft. Welche Spieler mitziehen und bereit sind, alles auf dem Platz zu lassen. Ich bin davon überzeugt, dass wir uns gut einstellen werden, eine gute Grundordnung und einen guten Matchplan finden werden, um ein gutes Spiel zu machen“, sagte Glawogger. Was für das Duell im Abstiegskampf am Ostersonntag irgendwie alles und auch nichts bedeuten kann. Bekommen Profis wie Samuel Abifade, Nicklas Shipnoski und Rico Benatelli nach ihren sehr überschauberen Darbietungen gegen die Münchner Löwen eine weitere Bewährungschance in der Startelf oder schlägt das Pendel zurück in Richtung der alten Trares-Formation? Nichts Genaues weiß man nicht.
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