Mannheim. Stefan Kretzschmar wiederholt seine Forderung in diesen Tagen ein wenig häufiger. „So langsam müssen die Rhein-Neckar Löwen mal ihre Saisonziele korrigieren“, sagt der Sportvorstand der Füchse Berlin mit Blick auf die Tabelle der Handball-Bundesliga, in der am Sonntag die Mannheimer den Hauptstadtclub nach dessen 29:34-Niederlage beim SC Magdeburg als Spitzenreiter ablösten. Doch bei den Löwen bleibt man ganz entspannt. Es sei genau „umgekehrt“, als es Kretzschmar sage, meint Torwart Mikael Appelgren: „Wir sollten uns t reu bleiben, schauen von Spiel zu Spiel und ziehen unser Ding durch.“ Sein Trainer Sebastian Hinze lässt sich ebenfalls nicht aus der Reserve locken. Seine Standard-Antwortet lautet seit einiger Zeit: „Wir wollen das Maximale herausholen.“ Wozu zwangsläufig die Meisterschaft gehört.
Die Mannheimer haben wie auch die Füchse 37:7 Punkte auf dem Konto, aber die um 20 Treffer bessere Tordifferenz. Bei sieben Minuspunkten steht auch der SC Magdeburg, der allerdings zwei Partien weniger ausgetragen hat. Es folgt knapp dahinter der THW Kiel mit acht „Miesen“ und einem noch ausstehenden Nachholspiel. Doch selbst wenn die Norddeutschen das gewinnen, bleiben die Löwen Erster, nachdem sie bereits am Donnerstag mit einem 34:24-Sieg über die HSG Wetzlar vorgelegt hatten. Mit der SG Flensburg-Handewitt (32:10 Punkte) kann sogar noch eine fünfte Mannschaft Meister werden.
Ligaspitze ist breiter geworden
Es geht also spektakulär spannend zu. Vorbei sind die jahrelangen Zeiten der Zweikämpfe (Löwen gegen Flensburg; Kiel gegen Flensburg) oder Durchmärsche (Magdeburg). Die Ligaspitze ist breiter geworden. Um die Meisterschaft gibt es einen modernen Fünfkampf. Auch weil Kiel und Berlin am Wochenende patzten.
„Das ist ein herber Schlag im Rennen um die Meisterschaft“, sagte Füchse-Topstar Mathias Gidsel nach dem am Ende noch glimpflichen 29:34 beim Titelverteidiger SC Magdeburg. Phasenweise lag der einstige Tabellenführer aus der Hauptstadt mit zehn Toren zurück und wurde vorgeführt. Füchse-Trainer Jaron Siewert war im Interview mit dem TV-Sender „Sky“ entsprechend bedient: „Wir müssen uns viele Gedanken machen.“
Das Negativerlebnis in Magdeburg schleppen die Berliner nun eine ganze Weile mit sich herum, in dieser Woche stehen erst einmal Länderspiele an und die Profis weilen bei ihren Nationalmannschaften. „Eigentlich möchte man nie in so eine lange Pause mit einer Niederlage gehen. Da bedarf es viel Aufbauarbeit“, sagte ein spürbar mitgenommener Siewert, den die „Art und Weise“ der Niederlage nachdenklich stimmte. Und doch gab sich der Trainer kämpferisch: „Es ist nichts verloren, das Spiel heute entscheidet nicht über die Meisterschaft.“ Vielleicht aber eine Partie aus dem November: Damals unterlagen die Füchse sensationell beim damals punktlosen Tabellenletzten GWD Minden. Eine Niederlage, die noch echte Langzeitfolgen haben könnte.
Das gilt auch für den THW Kiel, der überraschend im Heimspiel gegen den SC DHfK Leipzig mit 31:34 unterlag. Nachdem am Mittag die Füchse in Magdeburg verloren hatten, bot sich den Norddeutschen anschließend mit einem Sieg die Chance, angesichts einer weniger ausgetragenen Partie zumindest nach Minuspunkten Spitzenreiter zu werden. Doch das misslang gründlich, der Titelfavorit lag zwischenzeitlich mit acht Toren zurück. „Vielleicht war der Druck zu groß. Wir müssen uns alle hinterfragen, beginnend bei mir. Ich werde das sehr intensiv tun“, meinte ein zerknirschter THW-Trainer Filip Jicha nach dem unerwarteten Rückschlag und sprach von einem „bitteren Nachmittag.“
"Hatten kein Selbstvertrauen"
Schon unter der Woche hatten die Kieler in der Champions League gepatzt und waren beim norwegischen Vertreter Elverum nur zu einem 26:26 gekommen, weshalb der Rekordmeister die Gruppenphase lediglich auf Rang vier beendete. Für THW-Kapitän Domagoj Duvnjak spielte dieses Erlebnis noch eine Rolle. „Wir hatten kein Selbstvertrauen und so begann die Unruhe, wie schon in Elverum. Das Spiel steckte irgendwie noch drin“, sagte der Kroate und wurde nach der Enttäuschung gegen Leipzig recht deutlich: „Leider haben wir verkackt.“
Neben den Löwen nahm auch der SC Magdeburg den Kieler Patzer mit Freude zur Kenntnis. Da der SCM wegen seiner Mehrfachbelastung in Club-WM, Champions League und Pokal aber zwei Ligapartien weniger ausgetragen hat als die Mannheimer und die Berliner, sieht Trainer Bennet Wiegert seine Mannschaft als Jäger: „Wir hecheln als Vierter hinterher. Wenn ich es mir aussuchen könnte, bin ich lieber Gejagter. Das hat etwas Charmantes, das hat man sich erarbeitet. Als Jäger muss man immer ein wenig hoffen und schauen, was die anderen Teams machen.“
Für den Titelverteidiger war der Erfolg über Berlin besonders wichtig, nachdem Magdeburg eine Woche zuvor - na, gegen wen wohl? - Leipzig verloren hatte. Der Favoritenschreck aus Sachsen ist für Jicha die „Mannschaft der Stunde“. Ihr nächstes Ligaspiel bestreiten die Löwen übrigens in Leipzig.
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