Oslo. Christoph Steinert ist bestens vorbereitet. „Ich habe bei Instagram schon mal ein bisschen nach Oslo gesucht und ein paar Bilder und Videos geschaut. Das ist eine wahnsinnig schöne Stadt.“ Am Sonntagnachmittag kam die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) nach dem Abschied aus dem dänischen WM-Hauptrundenwohnort Silkeborg in der norwegischen Hauptstadt an und bezog ihr WM-Quartier direkt am Oslofjord gegenüber der Museumsinsel Bygdøy.
Renars Uscins: „Das Ziel ist das Halbfinale“
Keine Frage: Nach dem erfolgreichen Hauptrundenabschluss am Samstag mit dem 31:19-Sieg über den krassen und am Ende auch überforderten Außenseiter Tunesien ist die Stimmung gut beim Olympia-Zweiten, der natürlich nicht in erster Linie nach Oslo gekommen ist, um sich die skandinavische Metropole anzusehen und Sehenswürdigkeiten abzugrasen. Für das DHB-Team geht es von nun an um Medaillen. Es wird ernst. Und auf dem Weg zum ersehnten Edelmetall heißt der Viertelfinalgegner am Mittwoch Portugal. „Wir freuen uns alle darauf - auf eine neue Halle, ein neues Land und vor allem auf das wichtigste K.o.-Spiel jetzt. Das Ziel ist das Halbfinale“, unterstreicht Rückraum-Linkshänder Renars Uscins die Ansprüche der deutschen Mannschaft.
Nicht mit im Flieger von Silkeborg nach Oslo saß der erkrankte Topstar Juri Knorr, der am Freitag zu einer Untersuchung nach Flensburg gereist war und noch in Deutschland weilt. Allerdings gibt es Hoffnung auf einen Einsatz des 24-Jährigen im Viertelfinale. „Es sieht eigentlich ganz gut aus“, gibt sich Bundestrainer Alfred Gislason zuversichtlich. Der DHB steht in ständigem Kontakt mit dem Mittelmann – allen voran auch Knorrs Kumpel und Clubkollege David Späth von den Rhein-Neckar Löwen: „Wir haben telefoniert und geschrieben. Ihm geht es langsam besser. Wir hoffen, dass er bald helfen kann. Aber auch wenn das hier ein großes Turnier ist, wir wollen keine Gesundheit riskieren.“
Späth überragte beim Sieg über Tunesien mit 21 Paraden und wurde zum zweiten Mal bei der WM zum besten Spieler des Spiels gekürt. Anschließend musste er noch seinen Koffer packen und im Hotel seine Wäsche abholen. Schließlich soll die Reise nach Oslo nicht nur ein Kurztrip werden, sondern erst am Sonntag enden.
Außer Frage steht aber auch: Ein gesunder Knorr erhöht die Siegwahrscheinlichkeit am Mittwoch - trotz einiger Alternativen im Team. „Jeder weiß, dass Juri uns sehr viel bedeutet vorne in unserem Angriffsspiel. Falls es nicht reichen sollte, wovon wir nicht ausgehen, haben wir aber genug Qualität im Kader, um das auszugleichen“, sagt Rückraumspieler Marko Grgic, der gegen Tunesien mit elf Treffern erfolgreichster deutscher Torschütze war und im Umzug nach Norwegen „noch mal einen Mini-Neuanfang“ sieht: „Wir stehen in der K.o.-Runde. Es ist alles oder nichts angesagt. Jetzt erreichen wir hoffentlich unsere 100 Prozent und performen.“
Ausreichend Vorbereitungszeit aufs Viertelfinale haben die Deutschen auf jeden Fall. Bereits seit vergangenem Donnerstag steht die Qualifikation für die K.o.-Runde fest, im sportlich bedeutungslosen Spiel gegen Tunesien schonte Bundestrainer Gislason daher mehrere Stammkräfte wie Uscins, Julian Köster und Kapitän Johannes Golla. Der komplette Fokus gilt der Portugal-Partie – und dass die Deutschen gleich mehrere Tage haben, sich auf diesen Gegner einzustellen, kommt ihnen mit Blick auf Knorr sowie die ebenfalls erkrankten Lukas Stutzke und Rune Dahmke gelegen. „Sie können vielleicht ein bisschen regenerieren“, hofft Linksaußen Lukas Mertens.
Witzke und Lichtlein sind die Alternativen als Spielmacher
Sollte Knorr wider Erwarten nicht rechtzeitig fit werden, wäre Luca Witzke die erste Spielmacher-Alternative. Als zusätzliche Variante kommt aber auch Nils Lichtlein infrage. Der U-21-Weltmeister überzeugte schon im Hauptrundenspiel gegen Italien – und dirigiert auch den Angriff von Bundesliga-Spitzenclub Füchse Berlin. Als wendiger Mittelmann, der seine Mitspieler in Szene setzt.
Bundestrainer Gislason lobte den 22-Jährigen zuletzt öffentlich, klopfte ihm sogar anerkennend bei einer Pressekonferenz auf die Schulter. Möglicherweise wird er den Berliner nun in einem entscheidenden Spiel brauchen, nachdem der Linkshänder zuvor wegen seiner Defensivdefizite einen eher schwierigen Stand beim Bundestrainer hatte.
Mögliches Wiedersehen mit Titelverteidiger Dänemark im Halbfinale
„Ich freue mich über jede Einsatzzeit und versuche, meine Stärken einzubauen“, sagt Lichtlein, der in Berlin im Rückraum mit dem dänischen Superstar Mathias Gidsel und dessen Landsmann Lasse Andersson agiert. Sie sind Vorbilder für ihn: „Ich kann von beiden viel lernen.“ Ihm imponiert, wie professionell sich seine dänischen Clubkollegen auf jedes Spiel oder auch Training vorbereiten. Und natürlich gefällt ihm der Spielstil von Gidsel und Andersson: „Sie halten das Spiel am Laufen, finden immer noch eine weitere Ausfahrt. Das ist einfach sehr schöner Handball.“
Zu spüren bekamen das die Deutschen bei der 30:40-Niederlage in der Hauptrunde gegen den Titelverteidiger, der sich am Sonntag im gleichen Charterflieger wie die Deutschen auf den Weg nach Oslo machte. Möglicherweise kreuzen sich die Wege beider Mannschaften in diesem Turnier noch einmal. Und zwar am Freitag im Halbfinale.
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