Die Handball-Fans warteten. Doch es dauerte ein wenig, bis sich die Tür zur Umkleidekabine der Rhein-Neckar Löwen öffnete und sich Uwe Gensheimer, Mikael Appelgren und Jannik Kohlbacher unter das Volk mischten, was vor allem die Kinder freute.
Die Stars der Mannheimer schrieben Autogramme und machten Fotos, sie standen im Mittelpunkt des Interesses - und das aus gutem Grund. Man weiß ja nie, wann diese Weltklasse-Handballer wieder eine Bundesligapartie beim ASV Hamm-Westfalen bestreiten. Läuft alles erwartungsgemäß, wird der als krasser Außenseiter in die Saison gestartete Aufsteiger in der nächsten Runde eher nicht mehr zu den besten 18 deutschen Mannschaften gehören.
„Wir belohnen uns momentan unheimlich schnell“
Wie schwer es für den ASV in den kommenden Monaten wird, zeigte sich am Donnerstagabend. Die Löwen dominierten ihren Gegner von Beginn an, schon in der Anfangsphase gab es praktisch keine Zweifel am Sieg. Zu krass war der Leistungsunterschied, was sich bis zur 13-Tore-Führung nach 44 Minuten auch im Ergebnis widerspiegelte.
Hamm war dem Tempo der Badener einfach nicht gewachsen. „Wir belohnen uns momentan unheimlich schnell für gelungene Abwehraktionen, schaffen nach Ballgewinnen sofort Überzahl“, freute sich Kreisläufer Jannik Kohlbacher und hatte dabei auch den 36:25-Auftakterfolg über die MT Melsungen im Kopf.
Und selbst wenn die Löwen mal einen Treffer kassieren, „gehen wir sofort mit allen Spielern nach vorne und machen in 75 Prozent der Fälle wieder selbst ein Tor“, hielt Spielmacher Juri Knorr zufrieden fest: „Das hilft ungemein, es nimmt den Druck.“
Trainer Hinze lobt das „überragende Tempospiel“
Trainer Sebastian Hinze lobte nach dem Erfolg in Hamm das „überragende Tempospiel“, immer und immer wieder bestraften die Löwen die Fehler des ASV mit überfallartigen Kontern. Keine Frage: Gerade in diesen Momenten bündelte sich die ganze Überlegenheit.
Sie kam praktisch so klar zum Ausdruck wie bei einem Rennen zwischen einem Kleinwagen und einem Formel-1-Boliden, weshalb Hinze davon sprach, dass seine Mannschaft einen „Riesenjob verrichtet“ habe. Sein Kompliment versah er allerdings mit einer kleinen, wenn auch nicht unbedeutenden zeitlichen Einschränkung: „45 Minuten lang.“
In der Schlussviertelstunde wechselte der Trainer viel, mit Robert Timmermeister, Elias Scholtes und Niklas Michalski standen drei 19-Jährige auf dem Feld. Hinze entschied sich bewusst für diese Konstellation.
Harte Erstliga-Realität
Bei aller Nachsicht muss allerdings erwähnt werden, dass mit dem Nachwuchs auf dem Feld ein 2:11-Lauf in gerade einmal elf Minuten folgte und der Trainer doch noch einmal seine etablierten Kräfte bringen musste, um größeren Schaden zu verhindern.
Oder anders ausgedrückt: So schockierend die Erstliga-Realität eine Dreiviertelstunde lang für den ASV Hamm-Westfalen war, so hart fiel ebenso die Schlussphase für die talentierten Löwen aus.
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„In der Vorbereitung haben sie es gut gemacht, aber Bundesliga ist dann eben doch etwas anderes“, sagte Hinze, der dem Trio aber „keinen Vorwurf“ machen wollte und hinter seiner Entscheidung stand. „Wir müssen den Jungs diese Chancen geben. Unsere Kaderstruktur ist so, dass wir jede Minute nutzen müssen. Ich bin auch nicht sauer, sondern diese Erfahrungen müssen diese Spieler machen“, betonte er.
Trainer wirft Frage zur Besetzung auf
Sätze wie diese hört man in solchen Momenten häufig. Wer Hinzes Ausführungen aufmerksam verfolgte, gewann aber schnell den Eindruck, dass er diese Worte nicht einfach nur daher sagte, sondern fast schon dankbar war für die gewonnenen Erkenntnisse. Denn lange Zeit sah es gegen einen hoffnungslos unterlegenen Gegner ja danach aus, als nehmen die Löwen mit Ausnahme von zwei locker gewonnenen Punkten gar nichts mit aus Westfalen.
Nun aber sprach Hinze von Dingen, die es mit Blick auf die Jugend aufzuarbeiten gelte. Er wählte die Frage-Form: „Wie wollen wir in welcher Besetzung spielen? Was können wir tun, um in dieser Besetzung Sicherheit zu finden?“ Die Antworten darauf wird der Trainer selbst finden müssen. Gelingt ihm das, werden auch Timmermeister und Co. vielleicht irgendwann einmal von Autogrammjägern umringt.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Unternehmertum versus Sport: Kettemanns geteilte Löwen-Bilanz