Meppen/Mannheim. Es ist eine Krux mit der Erwartungshaltung. Ist sie erst einmal geweckt, lugt bei erstbester Gelegenheit schon ihre bösartige kleine Schwester um die Ecke: die Enttäuschung. Vor dieser Saison formulierte der SV Waldhof offensiv seine Ziele. In spätestens zwei Jahren solle es bitteschön die 2. Liga sein, forderte Präsident Bernd Beetz. Und Geschäftsführer Markus Kompp sekundierte in bestem „Mia-san-mia“-Duktus: „Ab sofort heißt es: Wir werden jedes Spiel gewinnen.“
Nun, wer als Waldhof-Fan solche Sätze hört, tut sich höchstwahrscheinlich eher schwer damit, wenn ein 1:1 in Meppen Ende Januar als Erfolg verkauft wird. Genau das tat Waldhof-Trainer Patrick Glöckner am späten Sonntagnachmittag. Seine Mannschaft hatte sich im kalten Emsland die Seele aus dem Leib gekämpft, in der ersten Halbzeit auch fußballerisch gute 25 Minuten gezeigt. Am Ende stand ein Remis, mit dem alle Beteiligten halbwegs leben konnten. Nach nur einem Sieg aus vier Rückrunden-Partien und dem furchtbaren 0:1 gegen Viktoria Köln hatte sich der SVW in ein Match gearbeitet, mit den klassischen Waldhof-Tugenden wie Einsatz, Kampf und Leidenschaft einen frühen 0:1-Rückstand (Luka Tankulic/6.) weggesteckt und durch Pascal Sohm (23.) ausgeglichen. „Ich bin mit der Reaktion zufrieden“, sagte Glöckner. Der Negativtrend der vergangenen Wochen scheint gestoppt.
Gewachsene Ansprüche
Doch wer sich durch die Beiträge auf den einschlägigen SVW-Seiten im Internet klickte, gewann nicht den Eindruck, dass die Fans die Mentalitätsleistung in Meppen honorierten. Die Ansprüche im Umfeld sind gewachsen, und das hängt mit der Erwartungshaltung zusammen, die von der Vereinsspitze geweckt und zuletzt von Mannschaft und Trainerteam enttäuscht worden ist.
In der Tabelle ist der SVW ins breite Verfolgerfeld hinter den Spitzenplätzen abgerutscht. Die gute Ausgangsposition im Aufstiegsrennen zur Winterpause ist durch den Holperstart ins neue Jahr mit nur vier Punkten aus vier Partien verspielt worden. Relegationsrang drei liegt zwar weiterhin nur zwei Zähler entfernt, aber wenn direkte Konkurrenten wie Kaiserslautern, Braunschweig oder Osnabrück ihre Nachholspiele gewinnen sollten, könnten die Mannheimer Rechenspiele in Richtung Aufstiegsplätze endgültig ernüchternd ausfallen. „Fakt ist: Jede Mannschaft hat einmal ein Tal, wie wir zuletzt ein bisschen. Das Wichtigste ist erst einmal die Art und Weise, wie du Fußball spielst. In Meppen haben wir das von der Mannschaft gesehen, was wir sehen wollen“, sagte Trainer Glöckner am Sonntag. Was die Erwartungshaltung aus der Vereinsspitze und von Teilen der eigenen Fans angeht, äußert der Fußballlehrer ohnehin eine differenzierte Sicht der Dinge. „Am Ende wird die Tabelle das wiedergeben, was du dir auch verdient hast. Wenn wir so weiterspielen, werden wir unsere Ziele erreichen – und die sind bekanntlich, besser als in der Vorsaison zu sein.“ Da lief der Waldhof als Achter ein.
Für die Bewertung der Arbeit des Trainers ist die tatsächliche interne Zielsetzung von entscheidender Bedeutung. Wenn Glöckner das Team im ersten Schritt „nur“ in die Nähe der Aufstiegsplätze bringen sollte, gäbe es nach einer starken Hinrunde weiterhin wenig Argumente gegen ihn. Sollte er allerdings den klaren Auftrag mit auf den Weg bekommen haben, den SVW schon in dieser Saison in die 2. Liga zu bringen, müsste die aktuelle Stagnation für eine erhöhte Alarmstufe am Alsenweg sorgen. Alles eine Frage der Erwartung.
Kother kommt vom KSC
Dass sich mit der Form aus dem Januar alle Aufstiegsträumereien verbieten, gestand auch Kapitän Marcel Seegert indirekt ein. „Es ist klar, das war nicht die Punkteausbeute, die wir uns vorgestellt haben. Grundsätzlich ist es so: Wenn man oben bei der Musik dabei sein will, muss man konstant punkten“, sagte Seegert. Natürlich wäre es nach 24 von 38 Spieltagen noch viel zu früh, die Saison komplett abzuschreiben. Aber klar ist auch: Wenn der Waldhof noch einmal oben angreifen will, braucht er eine neue Serie – und darf sich keine Ausrutscher mehr erlauben. Die erste Gelegenheit dazu bietet sich am Samstag, wenn Aufsteiger Viktoria Berlin kommt. „Wir müssen schauen, dass wir die Energie, die wir in Meppen gebracht haben, ins nächste Spiel transportieren und über Wochen stabile Leistungen bringen. Dann kommen wir auch wieder ins Punkten“, meinte Seegert.
Dabei mithelfen soll eine Neuerwerbung aus der 2. Liga, die Sport-Geschäftsführer Tim Schork am Montag präsentierte. Der Karlsruher SC verleiht Dominik Kother (21) bis Sommer an den SVW. Ein talentierter, schneller Mann für beide offensiven Außenbahnen, der unter die U-23-Regel fällt und mit 41 Zweitliga-Einsätzen (5 Tore) auch schon über Erfahrung verfügt. „Er bringt viel Geschwindigkeit und ein gutes 1-gegen-1-Verhalten mit. Er soll den Konkurrenzkampf beleben“, sagte Schork über den Bruchsaler, dessen Leihe auch als Reaktion darauf zu werten ist, dass sich Baris Ekincier bisher nicht durchsetzen konnte.
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