Steuer

Warum die Erben von Immobilien sich fürchten

Die Ampel hat die Berechnungsmethode bei den Immobilienwerten verändert. Wie sich das auf die Erbschaftsteuer auswirkt und welche Schlupflöcher es gibt

Von 
Walter Serif
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Durch die geänderte Berechnungsweise der Immobilienwerte müssen Erben mit einer höheren Steuer rechnen. © Sören Stache/dpa

Mannheim. Die Immobilienpreise sind vor allem in den Ballungsgebieten sehr hoch - und inzwischen steigen auch die Zinsen immer stärker. Das hat natürlich Folgen: Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Immobilienfinanzierungen gesunken. Der Traum von den eigenen vier Wänden hat sich für viele Menschen in Luft aufgelöst. Vor diesem Hintergrund sind die Menschen, die ein Häuschen erben oder geschenkt bekommen, Glückspilze - ihnen fällt die Immobilie in den Schoß.

Wer selber einzieht, hat Vorteile

Rund die Hälfte des Vermögens, das in Deutschland übertragen wird, entfällt auf das Wohneigentum. Doch seit Januar 2023 fürchten viele Menschen, dass sie für ihr Häuschen Erbschaft- oder Schenkungssteuer zahlen müssen oder diese höher ausfällt als noch im vergangenen Jahr. Der Grund für die Unruhe, die Ende 2022 ausgelöst wurde: eine Anpassung im Jahressteuergesetz, die es in sich

hat. Der Gesetzgeber hat eine Änderung der Berechnungsmethode beim Wert von Immobilien vorgenommen. Und das wirkt sich auch auf die Höhe der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen aus. Gegen die Gesetzesänderung der Ampelkoalition gab es großen Widerstand - doch dieser war vergeblich. Die Bundesregierung folgte mit der Anpassung der Bewertungsmaßstäbe beim Besitz von Immobilien einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts.

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Die Richter verlangen, dass bei der Bewertung die aktuellen Marktpreise eine größere Rolle spielen müssen. Der Eigentümerverband Haus und Grund schätzt, dass deshalb die Werte um 20 bis 30 Prozent, in manchen Fällen um die Hälfte steigen könnten. Er fordert deshalb höhere Freibeträge, denn diese wurden seit 2009 nicht mehr erhöht. Sonst drohten in bestimmten Fällen sogar Notverkäufe.

Der Eigentümerverband steht mit diesem Vorschlag nicht allein da, er erhält sogar Unterstützung von der Politik. Teilweise trägt diese allerdings schizophrene Züge. FDP-Chef Christian Lindner fordert zum Beispiel ebenfalls eine Erhöhung der Freibeträge - nämlich um 25 Prozent. Das ist aus zweierlei Gründen bemerkenswert. Als Finanzminister trägt er selbst Verantwortung für das Jahressteuergesetz. Und die Entscheidung über die Höhe der Freibeträge liegt bei den Bundesländern, die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer stehen ihnen zu. Offensichtlich wollen die meisten von ihnen aber nicht auf ihr Geld verzichten.

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Bayern scheiterte deshalb im Bundesrat, die Länderkammer ließ das Jahressteuergesetz unverändert passieren. Bayern hatte sich für eine Regionalisierung der Freibeträge ausgesprochen, das heißt, diese sollen in Gebieten mit hohen Grundstücks- und Immobilienwerten steigen. Das Bundesland kündigte inzwischen sogar eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht an. Bis zu einem Urteil könnte es aber aller Erfahrung nach lange dauern.

Fiskus kann Steuer auch stunden

Die Preisfrage lautet jetzt also: Wer muss wirklich die „Steuererhöhung durch die Hintertür“ fürchten, wie Bayerns Finanzminister Albert Füracker die Reform bezeichnet? Die Antwort: nicht alle. Denn der alte Grundsatz der Politik, dass „Omas Häuschen“ steuerfrei bleiben soll, gilt unter einigen Voraussetzungen trotz der gestiegenen Immobilienwerte noch immer. Erstens sind die Freibeträge, die für die engste Verwandtschaft bei Erbschaften und Schenkungen (Steuerklasse I) gelten, recht hoch: Beim Ehepartner sind es 500 00 Euro, bei jedem Kind 400 000 Euro. Für Enkel liegt der Freibetrag bei 200 000 Euro. Sind deren Eltern bereits verstorben, steigt der Freibetrag ebenfalls auf 400 000 Euro. Das reicht in den Ballungsgebieten nicht, um steuerfrei davonzukommen. Aber in Deutschland existieren auch Landstriche, wo es nicht so teuer ist.

Außerdem gibt es Schlupflöcher: Selbst wenn der Wert eines Hauses oder einer Eigentumswohnung die Freibeträge deutlich übersteigt, entfällt die Erbschaftsteuer sogar komplett, wenn die Nachkommen oder die Beschenkten selber einziehen. Es gelten dafür allerdings zwei Bedingungen: Die Erben müssen mindestens zehn Jahre in der Immobilie wohnen bleiben, außerdem ist die Wohnfläche auf 200 Quadratmeter begrenzt. Alles, was darüber liegt, muss versteuert werden.

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Es gibt aber auch noch andere Ausnahmen: War die Immobilie zum Zeitpunkt des Erbeintritts bereits vermietet, wird der Wert um zehn Prozent gesenkt. Und wer ein vermietetes Objekt erbt - diese Regelung gilt nicht für Schenkungen -, sollte das Finanzamt um die Stundung der Steuer bitten. Der Zeitraum reicht je nach Kulanz bis zu zehn Jahren. Der Erbe muss aber nachweisen, dass er kein Geld zur Verfügung hat.

Nachdenken über Vermietung

Auch wer nicht in den Genuss der Steuerstundung kommt, denkt vielleicht über eine Vermietung nach. Die Erbschaftsteuer ließe sich über einen Kredit finanzieren und die Zinsen dann als Werbungskosten abziehen. Der Kredit selbst wäre zumindest in der Steuerklasse I im Vergleich zur Einkommensteuer recht moderat. So müsste der hinterbliebene Ehepartner bei einem Immobilienwert von 800 000 Euro - 500 000 bleiben ja steuerfrei - nur 33 000 Euro berappen. Der Steuersatz beträgt bei diesem Beispiel elf Prozent. Er steigt langsam auf 15 Prozent, in diesem Fall muss die Immobilie aber schon 1,1 Millionen Euro wert sein. 90 000 Euro Steuern wären dann fällig.

Der Höchstsatz von 30 Prozent ist dagegen eher eine Luftnummer, er greift in der Praxis so gut wie nie, denn wer erbt schon Immobilien im Wert von mehr als  26 Millionen Euro? Das trifft dann meistens auf die Superreichen zu. Wer dagegen 300 Wohnungen erbt, muss auch nach den Bewertungsänderungen keine Erbschaftsteuer bezahlen. Damit werden die Reichen mit der Mehrheit der Erben steuerlich gleichgestellt, denen im Durchschnitt als Nachlass weniger als 100 000 Euro vermacht werden.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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