Politbarometer

Mehrheit hat keine Angst vor Blackouts und Gasnotstand

Mit Blick auf die Energieversorgung sind die Deutschen optimistisch. Was die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen sonst noch in ihrer Umfrage herausgefunden hat

Von 
Walter Serif
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Deutschland verbraucht nach Angaben der Bundesnetzagentur zu viel Gas. © Hauke-Christian Dittrich

Ein Jahr nach der Regierungsübernahme steht die Ampel im Ansehen der Deutschen nicht besonders hoch im Kurs. Sie hätte auch keine Mehrheit mehr im Parlament, wenn schon am Sonntag wieder Bundestagswahl wäre, wie die aktuelle Umfrage der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen zeigt. „Aber das ist jetzt auch keine Sensation, im Gegenteil es ist ein fast schon ein normales Phänomen, dass eine neue Regierung nach ihrem ersten Jahr ein wenig Federn lässt“, sagt Matthias Jung mit Blick auf die Zahlen im Politbarometer.

Keine Katastrophenszenarien 

Und in der Tat, mit einer Note von 0,2 auf der Skala von plus fünf bis minus fünf steht die rot-grün-gelbe Bundesregierung jetzt leistungsbezogen ungefähr auf einem Niveau wie Schwarz-Rot (0,3) nach Beginn der vergangenen Legislaturperiode. „Wie es mit der Ampel jetzt weitergeht hängt natürlich von der weiteren Entwicklung ab“, sagt Jung und verweist darauf, dass die Deutschen zumindest gegenwärtig nicht an irgendwelche Katastrophenszenarien glauben. „Zumindest bei dem Thema Energie hätte ich nicht unbedingt erwartet, dass die Befragten da so optimistisch eingestellt sind.“

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Dass es bei uns im Winter zu größeren Problemen bei der Versorgung mit Erdgas kommen wird, glaubt weniger als ein Drittel der Befragten, 67 Prozent sehen das anders. Ähnlich niedrig ist die Angst ausgeprägt vor Blackouts. Mit Stromausfällen rechnen nur 24 Prozent, fast drei Viertel der Deutschen halten dies für unwahrscheinlich.

Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung

Weniger zufrieden - wenn auch die Kritik nicht mehr so stark ausgeprägt ist - sind die Wählerinnen und Wähler vor dem Hintergrund der steigenden Preise mit den Entlastungsmaßnahmen der Bundesregierung. Nach 64 Prozent Ende September hat die Kritik bis Dezember spürbar nachgelassen. Jetzt meinen nur noch 43 Prozent, das die Ampel „zu wenig“ für die Entlastungen der Bürger tut. 44 Prozentstufen diese als „gerade richtig“ ein.

Noch immer gespalten sind die Deutschen bei der Frage, ob die Bundesregierung nicht doch Kampfpanzer an die Ukraine liefern soll. Nach 43 Prozent Anfang November will jetzt mit 48 Prozent fast schon die Hälfte, dass Kanzler Olaf Scholz (SPD) seine Position revidiert. 41 Prozent fordern, dass der Regierungschef bei seinem Nein bleibt.

Keine Angst mehr vor Corona

Beim Thema Corona ist die große Angst in den vergangenen Monaten eher verflogen. „Die Menschen haben keine Angst mehr, viele sind geimpft oder haben die Krankheit schon hinter sich, wenn auch der Krankenstand noch immer sehr hoch ist“, sagt Jung. Nur noch knapp ein Fünftel der erwachsenen Deutschen hält die eigene Gesundheit für gefährdet - so wenige wie nie seit Anfang März 2020, als die Pandemie Europa erreichte.

Allerdings plädiert eine knappe Mehrheit von 52 Prozent noch immer für die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr, die inzwischen in einigen Bundesländern abgeschafft wurde. Auf jeden Fall wollen die Bürgerinnen und Bürger eine bundeseinheitliche Regelung. 85 Prozent fordern dies. Ist es aber nicht überraschend, dass die Bevölkerung noch immer an der Maskenpflicht festhält, obwohl sie die Gefahr von Corona so niedrig einschätzt? „Nein, Sie dürfen nicht vergessen, dass viele Menschen den Nahverkehr überhaupt nicht nutzen. Gerade in der Hochphase von Corona sind viele aus Angst vor dem Ansteckungsrisiko in den engen Bussen oder Straßenbahnen aufs Auto oder das Fahrrad umgestiegen“, relativiert Jung.

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Interessant ist es auch, dass 71 Prozent der Befragten die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte erleichtern wollen. Sie erhoffen sich dadurch, dass die Engpässe auf dem Arbeitsmarkt gelindert werden können. „Wir erleben es ja in unserem Alltag, dass überall Leute fehlen“, sagt Wahlforscher Jung.

"Optimismus auffällig schwach ausgeprägt“

Eher pessimistisch eingestellt sind die Befragten mit Blick auf die Konjunkturaussichten im nächsten Jahr: 60 Prozent erwarten einen wirtschaftlichen Abwärtstrend, 32 Prozent rechnen mit keinen großen Veränderungen. An einen Aufschwung glauben demnach nur sieben Prozent. Außerdem erwarten auch nur 25 Prozent (2021: 35), dass 2023 für sie persönlich besser wird als das zu Ende gehende Jahr. „Der Optimismus ist auffällig schwach ausgeprägt“, sagt Jung.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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