Politbarometer

Mannheimer Politbarometer: AfD liegt in Brandenburg vorn

Eine Woche vor der Landtagswahl in Brandenburg steht die AfD in der Umfrage der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen auf Platz eins. Warum sich das noch ändern kann, erklärt Matthias Jung

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Walter Serif
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„Wenn Glatze, dann Woidke“ – die SPD setzt im Wahlkampf in Brandenburg voll auf ihren Spitzenkandidaten. © Jens Kalaene/dpa

Mannheim/Potsdam. Seit elf Jahren regiert Dietmar Woidke in Brandenburg. Nach dem Rücktritt von Matthias Platzeck übernahm der Lausitzer das Ruder und gewann zwei Landtagswahlen. Bei der dritten Abstimmung nächste Woche könnte es eng für ihn werden. Im Politbarometer Extra der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen liegt seine SPD drei Prozentpunkte hinter der AfD, die nach Thüringen auch in Brandenburg Platz eins erobern könnte.

„Natürlich ist es nicht sicher, dass die AfD am 22. September vorn liegen wird, Brandenburg ist ja mitten im Wahlkampf, viele werden sich erst im letzten Moment entscheiden und womöglich wahltaktisch abstimmen“, sagt Matthias Jung von der Forschungsgruppe. Aber klar ist für ihn auch: „Die Ausgangssituation ist für die AfD besser, weil im Bund sowohl die Performance der Ampel als auch der Union nicht überzeugt.“

Der Mannheimer Wahlforscher Matthias Jung © Britta Pedersen/dpa

Bemerkenswert ist es auch, dass fast 60 Prozent aller Befragten glauben, dass die AfD am Ende die Nase vorn haben wird. 48 Prozent meinen allerdings, dass die SPD die nächste Regierung führen sollte. Eine Beteiligung der AfD wird ähnlich wie zuletzt in Sachsen und Thüringen klar abgelehnt. Beim BSW gehen die Meinungen stärker auseinander, wobei es immerhin 20 Prozent egal ist, ob Sahra Wagenknechts Truppe mitregiert oder nicht.

Dietmar Woidke hat in seinem Wahlkampf ein Pfund, mit dem er wuchern kann. Der Regierungschef weiß, wie beliebt er im Land ist. Sein Popularitätswert ist mit plus 2,1 auf der Skala von plus fünf bis minus fünf gut. Zum Vergleich: CDU-Spitzenkandidat Jan Redmann kommt nur auf plus 0,5, besonders unpopulär ist AfD-Herausforderer Hans-Christoph Berndt mit minus 2,0. Für Robert Crumbach (AfD) konnte die Forschungsgruppe mangels Bekanntheit keinen belastbaren Imagewert ermitteln.

© MM-Grafik

Dass Woidke das Zugpferd der SPD ist, lässt sich auch an der Frage ablesen, wen die Brandenburger am liebsten als Ministerpräsidenten hätten: Woidke liegt mit 55 Prozent haushoch vorn, nur elf Prozent sind für Redmann, sieben Prozent wollen Berndt als Regierungschef. Ein Prozent wünscht sich Crumbach.

SPD-Wahlplakate zeigen nur den 1,96 Meter-Mann Woidke

Ministerpräsident Woidke will sich bei der Landtagswahl nicht mit dem zweiten Platz begnügen, der für eine weitere Amtszeit ausreichen würde, weil niemand mit der AfD koalieren will. Trotzdem: „Wenn ich gegen die AfD verliere, bin ich weg“, kündigte er schon vor Wochen an. Davon ist Woidke nicht abgewichen. „Das ist ein bewusstes Risiko, Woidke setzt alles auf eine Karte und will ohne Rückfahrschein den Sieg für die SPD erzwingen“, sagt Jung. Woidkes Partei macht mit, der Wahlkampf ist völlig auf den Amtsinhaber zugeschnitten. „Wenn Glatze, dann Woidke.“ steht auf einem Wahlplakat, das die Brandenburger auffordert, den Rechtsruck zu verhindern. Und auf einem anderen mit dem Slogan „Brandenburg braucht Größe“ posiert der 1,96-Meter-Hüne, der von Kopf bis Fuß auf Sieg eingestellt ist.

Nach der Umfrage der Forschungsgruppe könnte die Regierungskoalition aus SPD, CDU und Grünen eine knappe Mehrheit erzielen, wenn die Linke und die BVB/FW nicht in den Landtag kommen. „Das ist aber Spekulation. In Brandenburg reicht ein Direktmandat, damit auch eine Partei, die unter der Fünf-Prozent-Marke liegt, wieder ins Parlament einziehen kann“, sagt Jung. Auch die Grünen müssen demnach zittern, sie kommen aktuell nur auf fünf Prozent und würden damit ihren insgesamt schweren Stand im Osten der Republik auch in Brandenburg bestätigen.

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Sollte Woidke die Wahl gewinnen, aber seine Kenia-Koalition die Mehrheit im Landtag verlieren, bräuchte er das BSW als Koalitionspartner. Dass er darauf wenig Lust hätte, hat Woidke bereits öffentlich kundgetan. Das mag nur Wahltaktik sein, allerdings hat der Amtsinhaber eine Bedingung für mögliche Koalitionsverhandlungen gestellt, die ihm das BSW beziehungsweise dessen Gründerin bestimmt nicht erfüllen würde. Wagenknecht darf nach dem Willen Woidkes nicht mit am Tisch sitzen.

Beim Thema Flüchtlinge liegt die AfD vorn

Inhaltlich dominieren im Wahlkampf die Themen Flüchtlinge und Bildung. Während die Brandenburger der SPD die größte Kompetenz auf den Feldern Soziale Gerechtigkeit, Bildung und Wirtschaft zuschreiben, sieht das beim Thema Flüchtlinge anders aus. Dort rangiert die AfD mit 22 Prozent vor der CDU, die auf 18 Prozent kommt. Ausschlaggebend für ihre Wahlabsicht ist übrigens für 56 Prozent der Befragten die Landespolitik. 38 Prozent haben hauptsächlich das Treiben der Politik im Bund im Sinn. Dies gilt vor allem für die Anhängerschaft der AfD und des BSW.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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