Umfrage

Deshalb zieht die AfD mit der Union im Politbarometer gleich

Die AfD teilt sich in der aktuellen Umfrage der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen den ersten Platz mit der CDU/CSU. Wahlforscher Matthias Jung erklärt, warum die Partei so erfolgreich geworden ist.

Von 
Walter Serif
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AfD-Oppositionsführerin Alice Weidel bei der Haushaltsdebatte im Bundestag. Die AfD hat sich im aktuellen Politbarometer auf 26 Prozent verbessert und teilt sich jetzt den ersten Platz mit der Union. © Bernd von Jutrczenka/dpa

Mannheim. Schon wieder legt die AfD im Politbarometer der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen zu. Wenn schon am Sonntag Bundestagswahl wäre, würden sich AfD und Union mit jeweils 26 Prozent den ersten Platz teilen. Natürlich lassen sich Umfragen nicht einfach auf Wahlergebnisse übertragen, aber langsam stellt sich die Frage, wie das alles weitergehen soll.

Die AfD hat ja jetzt nicht nur in der Umfrage mit der CDU/CSU gleichgezogen, sie ist nun auch einen Prozentpunkt stärker als SPD und Grüne zusammen. Und die Bundesregierung? Schwarz-Rot hat in den Umfragen die Mehrheit schon länger verloren. Die Parteien in der Mitte zerbröseln und die an den Rändern werden immer stärker. Früher hat man Bündnisse zwischen Union und SPD als große Koalition bezeichnet – aber die aktuelle wird immer kleiner und kleiner. Gegenwärtig kommt sie nur noch auf 41 Prozent.

„Das ist aber alles kein Wunder. Solange die Bundesregierung nicht endlich in ihrer Gesamtheit geschlossen auftritt und die Probleme nicht erfolgreich angeht, wird die AfD genügend Gelegenheit haben, Kapital aus der Unzufriedenheit der Leute zu schlagen“, sagt Matthias Jung von der Forschungsgruppe. Unter diesen Vorzeichen ist eine Trendwende nach seiner Einschätzung nicht in Sicht. Im Gegenteil. „Wenn eine Partei in der Umfrage auf 26 Prozent kommt, ist es nicht mehr weit bis zu 30 Prozent“, sieht der Wahlforscher bei der AfD das Ende der Fahnenstange zumindest in den Umfragen noch längst nicht erreicht.

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Für die Mehrheit ist die AfD eine reine Protestpartei

Warum ist die AfD aber so stark? Für 60 Prozent der Deutschen beruht ihr Erfolg vor allem auf der Unzufriedenheit der Wählerinnen und Wähler mit den anderen Parteien, denen sie einen „Denkzettel“ verpassen wollen. Nur ein Drittel der Befragten glaubt dagegen, dass die AfD mit ihren politischen Forderungen punkten kann. In der AfD-Anhängerschaft ist es im Prinzip genau andersherum.

Wohl auch deshalb erwarten die Wenigsten, dass die AfD eine bessere Politik machen würde, wenn sie Regierungsverantwortung übernehmen könnte. 21 Prozent der Deutschen sehen das so – im AfD-Lager sind es dagegen 82 Prozent.

Dass die CDU eine politische Zusammenarbeit mit der AfD ablehnt, begrüßen knapp zwei Drittel der Befragten. Zum anderen Drittel, das die Christdemokraten für diesen Kurs kritisiert, gehört fast die gesamte Anhängerschaft der rechtsextremen Partei. Mehr als die Hälfte der Befragten geht davon aus, dass die CDU auch in Zukunft nicht mit der AfD im Bund zusammenarbeitet. Bei den Unionsanhängern sind es sogar 67 Prozent.

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Nach Einschätzung von Wahlforscher Jung profitiert die AfD vor allem davon, dass inzwischen alle anderen Bundestagsparteien kein Problem damit haben, dass der Staat mit den Sondervermögen für Verteidigung und Infrastruktur immens hohe Schulden aufnimmt. Das ist vor allem für die Union ein Problem, weil sie noch im Wahlkampf versprochen hat, an der Schuldenbremse festzuhalten. Die AfD wirft ihr jetzt Wahlbetrug vor.

„Da die FDP in der Öffentlichkeit nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag mehr oder weniger von der politischen Bildfläche verschwunden ist, hat die AfD in dieser Frage jetzt ein Alleinstellungsmerkmal“, sagt Jung. Die Union hat aber auch ein weiteres Versprechen gebrochen. Die Sondervermögen sollen ja nur für Investitionen ausgegeben werden. „In Wirklichkeit werden Ausgaben in das Sondervermögen umgeschichtet, um die Haushaltslöcher zu schließen“, sagt Jung. Auch das kommt der AfD natürlich zupass.

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Zwar finden es 52 Prozent okay, dass zur Finanzierung des Haushalts 2025 sehr hohe Schulden aufgenommen werden müssen. Allerdings erhält die Bundesregierung auch keinen Blankoscheck. 56 Prozent wollen, dass es in anderen Bereichen Ausgabenkürzungen geben soll, um zusätzliche finanzielle Mittel aufbringen zu können. 24 Prozent sprechen sich für höhere Steuern und Abgaben aus. Nur zwölf Prozent sehen in zusätzlichen Schulden den besten Weg.

Nach Meinung der Deutschen soll der Staat künftig mehr Geld in Bildung, Verkehrsinfrastruktur und Verteidigung investieren. Beim Sozialetat ist das Meinungsbild nicht so klar. 40 Prozent plädieren dafür, dass mehr Geld in diesen Bereich fließen sollen, 23 Prozent sind für Kürzungen, 34 Prozent erkennen keinen großen Änderungsbedarf.

Die Konflikte in der Gesellschaft haben in den vergangenen Jahren zugenommen. Die größten Probleme in unserem Land sehen die Deutschen zwischen Rechten und Linken (86 Prozent). Hohes Konfliktpotenzial herrscht demnach auch zwischen Reich und Arm (73) sowie Ausländern und Deutschen (67). Als deutlich weniger problematisch stufen die Befragten das Verhältnis zwischen Jung und Alt (37) ein. Das gilt auch für jenes zwischen Männern und Frauen. Es nimmt mit 30 Prozent in der Befragung den siebten und damit letzten Rang ein.

Heftige Kritik an Israels Militäreinsatz im Gaza-Streifen

Das tödliche Attentat auf den rechtskonservativen Trump-Unterstützer Charlie Kirk in den USA hat auch bei uns die Nachrichten bestimmt. Drei Viertel der Befragten gehen davon aus, dass die Gewalt gegen politische Akteure auch bei uns in den nächsten Jahren zunehmen wird.

Immer schärfer wird die Kritik an Israels Militäreinsatz im Gaza-Streifen. Mittlerweile halten 83 Prozent der Befragten den Krieg mit vielen Opfern in der palästinensischen Zivilbevölkerung für nicht gerechtfertigt. Die Kritik ist in allen politischen Lagern deutlich vertreten.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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