Neckar-Bergstraße. „So etwas habe ich in Altenbach noch nicht erlebt“, sagt Ortsvorsteher Dr. Herbert Kraus, als der „MM“ ihn am Donnerstagabend um 18 Uhr an seinem Handy erreicht: „Und ich wohne bereits seit dem 3. Juni 1971 in diesem Ort.“ Anderthalb Stunden habe es ununterbrochen geregnet - mit Hagelkörnern „so groß wie Kirschen“, berichtet der Ortsvorsteher.
„Der Kanzelbach ist übergelaufen, und in der Hauptstraße steht das Wasser so hoch, das man glauben könnte, hier wäre auch ein Bach“, lautet sein telefonischer „Live-Bericht“ von Donnerstagabend. Ob es an den Hängen zu Erdrutschen gekommen ist, das werde sich erst in den Tagen darauf noch zeigen.
Kraus selbst geriet an jenem Abend in eine dramatische Situation: Als der Regen begann, begab er sich natürlich sofort in die Verwaltungsstelle. Vor Ort angekommen, konnte er seinen Wagen jedoch nicht verlassen: „Die großen Hagelkörner hätten mich erschlagen“, bekennt er. „Eineinviertel Stunden war ich in meinem Auto gefangen.“
Gesamtkommandant Scherer übernimmt die Einsatzleitung
Erst danach konnte Kraus in sein Büro in der Verwaltungsstelle gehen: „Die ist trocken.“ Ob dies auch für die Mehrzweckhalle gilt, das werde sich erst nach einer genaueren Überprüfung zeigen - mit der Dichtheit bzw. der Nicht-Dichtheit am Dach der Mehrzweckhalle haben die Altenbacher ja so ihre Erfahrungen. Eine gute Botschaft hatte er jedoch für die Bürger parat: „Die Abhaltung der Altenbacher Kerwe ab Freitagabend ist nicht betroffen.“
Die Dramatik der Lage führte dazu, dass nicht nur die Freiwillige Feuerwehr aus Altenbach, sondern auch die der Kernstadt vor Ort war - „mit 40 Personen“, berichtet Oliver Scherer, der Kommandant der Gesamtwehr, der denn auch die Einsatzleitung in Altenbach übernahm.
Den gesamten Donnerstag über hatte Scherer bereits zuvor den Wetterbericht verfolgt. Als die Unwetterwarnung die höchste Stufe erreichte, begab er sich ins Haus der Feuerwehr. Insofern sei er vorbereitet gewesen, dennoch hätten sich die Ereignisse dann überschlagen.
„Als wir vor Ort waren, sahen wir, dass die Ortsdurchfahrt unpassierbar war“, berichtet Scherer. „Wir haben dann die Polizei alarmiert, um die Zufahrt zur Ortsmitte zu sperren.“ Verursacht wurde die Überschwemmung der Hauptstraße dadurch, dass der Lauf des Kanzelbaches, „der hier übrigens Altenbach heißt“ (Scherer), blockiert war. Daher wurde eine Fachfirma benachrichtigt. Die hat dann die Verdolung freigeschaufelt. Danach konnte das Wasser ablaufen, am Abend war die Hauptstraße wieder passierbar.
War es nun wirklich ein solch einmaliges Ereignis, als das es von vielen vor Ort empfunden wurde? „Es sah alles schon sehr bedrohlich aus“, bestätigt Scherer. „Und dass die Verdolung und die Keller überflutet wurden, das habe ich in meiner Dienstzeit so noch nicht erlebt.“
Überschwemmung in Altenbach: Menschen waren nicht gefährdet und kamen nicht zu Schaden
Doch aufgrund ihrer Erfahrungen mit dem wilden Kanzelbach in Schriesheim, vor allem in der Talstraße, konnte das professionell bewältigt werden. Und das Wichtigste für Scherer: „Es waren keine Menschen gefährdet oder kamen gar zu Schaden“, bilanziert er zufrieden.
Nur wenige Kilometer weiter tobte das Unwetter längst nicht so stark. Die Weinheimer Feuerwehr musste nach Angaben von Kommandant Ralf Mittelbach nicht ausrücken. Und das, obwohl etwa der Ortsteil Rippenweiher nur wenig nördlich von Altenbach liegt. „In Oberflockenbach hat es gehagelt, ansonsten hatte Weinheim einen guten Draht zu Petrus“, sagt er am Freitag auf Anfrage. Wenige Kilometer östlich von Altenbach hingegen, in Heiligkreuzsteinach, drohte ein Hang abzurutschen. Zahlreiche Keller liefen voll.
Auch in Ladenburg gab es einen großen unwetterbedingten Einsatz. Im Bereich der Baumschule Huben trat der Kanzelbach ebenfalls über die Ufer und überschwemmte einen Acker, auf dem Hunderte junge Bäume gepflanzt sind. Mit mehreren Pumpen war die Freiwillige Feuerwehr nach Angaben von Kommandant Pascal Löffelhardt am Freitag im Einsatz, um Schaden abzuwenden. „Ein Baum kostet zwischen 500 und 1000 Euro“, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion. Wenn die jungen Gewächse im Wasser stehen, nehmen sie schnell Schaden, so der Kommandant.
Mehrere 100 000 Liter seien auf den Acker gelaufen, schätzt Löffelhardt. Als Auslöser sieht er die Dämme, die im Kanzelbach von Bibern gebaut worden seien. Seit halb zehn Uhr morgens ist die Feuerwehr am Freitag vor Ort. „Ich schätze, dass es locker noch bis heute Nacht oder morgen früh geht“, so der Kommandant.
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