Franklin. Sie wollen „eine starke Stimme für Franklin“ sein: Dieses Ziel hat sich der neu gegründete Bürgerverein „Mein Franklin“ gesetzt, den über 30 Bewohnerinnen und Bewohnern des Mannheimer Neubaugebiets Franklin, der früheren Offizierssiedlung sowie der Wasserwerkstraße gegründet haben. Der Verein wolle eine „Plattform für nachbarschaftliches Engagement, sozialen Austausch und konstruktive Bürgerbeteiligung“ darstellen, formuliert es Vorstandsmitglied Andrea Sliwka.
„Es gibt schon viele Themen, die den Bürgern hier unter den Nägeln brennen“, sagt Sliwka. Die in Käfertal aufgewachsene Landschaftsarchitektin kommt aus Hessen, wo sie lange gewohnt und sich auch politisch engagiert hat. Sie zog nach Franklin und ist seit dem vergangenen Jahr auch Bezirksbeirätin der SPD in Käfertal.
Der neue Verein sei aber „parteipolitisch und konfessionell neutral und personell breit aufgestellt“, betont sie. Manche hätten schon Erfahrung in Vereinen, andere gar nicht. Das Spektrum reiche von jungen Müttern bis zu Menschen, die schon länger in Franklin wohnen, wie Anja Russow-Hötting, bekannt als Vorsitzende des Gesamtpersonalrats der Stadt, oder Alexandra Jöst-Handlos, eine der drei Vorstandssprecherinnen des Naturschutzbundes (Nabu).
Im neuen Mannheimer Stadtteil Franklin wohnen mehr als 8000 Menschen
Sabrina Braun, Anja Russow-Hötting, Andrea Sliwka, Daniel Hoever-Eckardt und Alexandra Jöst-Handlos wollen als gleichberechtigte Sprecher den neuen Verein führen. Unterstützt werden sie von den fünf Beisitzern Ulrich Eckardt, Christian Hötting (CDU-Stadtrat), Markus Hummelsberger, Lisa Kern und Stefanie Ruschek. „Einige der Gründungsmitglieder wollten keine Funktion übernehmen, aber aktiv werden“, erklärt Sliwka.
Sie sehen den neuen Bürgerverein als Organisation, die für „mehr Miteinander, Mitsprache und Mitgestaltung auf Franklin“ eintrete. Der neue Stadtteil sei seit 2017 schnell bezogen worden, hier wohnen heute mehr als 8000 Menschen. „Mannheim ist es gelungen, die Konversionsflächen schnell zu entwickeln, das war gut“, sagt Sliwka, „aber es braucht mehr als nur Wohnungen und Straßen.“ Es fehle bislang jegliche soziale Infrastruktur und dadurch mangele es an sozialen Kontakten. Außer einem temporären Einkaufscontainer und einem Ärztehaus fehlten Angebote des täglichen Bedarfs, der Kultur, der Begegnung und Freizeitgestaltung, weshalb sich zahlreiche Bewohner in andere Stadtteile orientierten. Auch das Angebot im Quartier an Kita-Plätzen und Grundschulen reiche nicht aus.
Problem: Planungen für Neubaugebiet Mannheim-Franklin sind über zehn Jahre alt
Ein Problem sei zudem, dass die Planungen für das Neubaugebiet zehn bis zwölf Jahre alt seien. „Da muss man jetzt nachjustieren“, denn man habe ja Erfahrungen gesammelt, einige Bauträger hätten zwischenzeitlich aufgegeben. „Man braucht einfach so ein bisschen Manöverkritik und ein Gespräch darüber, was man jetzt besser manchen kann“, meint sie. Dafür sehe sich der Verein als Plattform, um die Lebensqualität im rasant gewachsenen neuen Stadtteil nachhaltig zu verbessern. „Es fehlt der Dialog mit den Bewohnern“, klagt Sliwka daher. Es genüge nicht, wenn die städtische Entwicklungsgesellschaft MWSP „jedes halbe Jahr mal eine Versammlung macht“, die dann in erster Linie der Information diene, „aber ein Dialog, ein Austausch kommt nicht zustande“.
Eine der Hauptforderungen ist daher die Wiederaufnahme des Beteiligungsprozesses für die Bürger, damit „die Menschen vor Ort wieder stärker in Planungen und Entscheidungen rund um ihren Stadtteil einbezogen werden“, so Sliwka. „Viele lechzen nach Informationen“, sagt sie, und bislang gebe es „kaum Mitsprachemöglichkeiten“. „Während die Konzeptentwicklung mit breiter Bürgerbeteiligung entstand, wurden die Bewohner von Franklin bei der Umsetzung bisher nicht beteiligt“, heißt es in einem Papier des Vereins.
Ehemalige Kirche auf Franklin soll zum Bürgerzentrum werden
Um ein „nachbarschaftliches Miteinander“ zu ermöglichen, verlangt der Verein „die zeitnahe Bereitstellung fester Räumlichkeiten, um Begegnung, Austausch und Engagement zu ermöglichen“. Konkret nennt er „erschwingliche Räume“. Laut Sliwka ist damit die Umsetzung des schon lange diskutierten Plans gemeint, die ehemalige Kirche der Amerikaner (Franklin Church) zu einem Bürgerzentrum umzubauen, „denn ohne Begegnung entstehen Isolation und Rückzug. Das Miteinander bleibt auf der Strecke oder oberflächlich, anstatt sich zu einem lebendigen Zusammenhalt zu entwickeln“, warnt der Vorstand in einem Positionspapier. Neben dem Bürgerzentrum werden zudem „niedrigschwellige Treffpunkte wie Begegnungscafés, Restaurants oder Biergärten und Eisdiele“ vermisst.
Schließlich pocht der Verein darauf, den „Franklin-Rahmenplan“ von 2013 und das „Franklin-Zertifikat“ fortzusetzen - also alles, was mal zur ökologischen und nachhaltigen Entwicklung des Stadtteils festgeschrieben worden war, etwa die Förderung von umweltfreundlicher Mobilität, sozial verträglichem Bauen, grünen Flächen und einer lebenswerten Quartiersstruktur. Doch auch Erhalt und soziale Nutzung historischer Gebäude“ zählten dazu, „zur Bewahrung der amerikanischen Identität“.
Besonders wichtig: eine gute Nachbarschaft in dem neuen Mannheimer Stadtteil
Aber der Verein stellt nicht nur Forderungen auf. Neben der Rolle als „neue Stimme, die sich aktiv für ein lebendiges, inklusives und zukunftsfähiges Miteinander im Stadtteil einsetzt“ wolle man auch selbst Veranstaltungen für einen besseren Zusammenhalt im Stadtteil organisieren, kündigt Sliwka an. Dabei denkt sie an Feste ebenso wie Repair-Cafes, Tauschbörsen oder Recyclingaktionen. Wichtig sei dem Verein dabei eine „gute Nachbarschaft“ innerhalb des gemeinsamen Stadtbezirks Käfertal, etwa durch gemeinsame Veranstaltungen und Kooperationen mit lokalen Akteuren aus Alt-Käfertal.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Bei der Entwicklung von Franklin wurden viele Fehler gemacht