Mannheim. Während in Berlin der Wahlkampf läuft und immer mehr Politiker laut über eine „Überarbeitung“ des sogenannten Heizungsgesetzes nachdenken, wird in Mannheim die Wärmewende schon umgesetzt: Am Donnerstagabend ist in Neckarau auf dem Gelände der MVV-Tochter Beegy die „Wärmewende Akademie“ eröffnet worden. Und das mit viel Enthusiasmus und geradezu feierlichen Worten.
„Das ist der wichtigste Baustein unserer städtischen Klimaschutzpolitik“, sagte Oberbürgermeister Christian Specht (CDU). „Die Transformation beginnt hier und heute.“ Er sprach von einem „ganz besonderen Moment für uns und für die Wärmewende“ und von einem „Projekt, das mit persönlich sehr am Herzen liegt“. Es sei „fantastisch, dass wir hier alle zusammenstehen“.
Wärmewende Akademie in Mannheim: Handwerker kostenlos fortgebildet
Konkret besteht die neue Einrichtung in der Floßwörthstraße 50 aus zwei Hallenteilen und einem Seminarraum, in dem künftig pro Monat 40 bis 50 Handwerker kostenlos fortgebildet werden. Das Ziel: Die Praktiker sollen lernen, welche dezentralen Heizungssysteme - also vor allen Dingen Wärmepumpen - es mittlerweile auf dem Markt gibt, wie sie funktionieren und mit welchen anderen Komponenten sie kombiniert werden können, um möglichst effiziente, klimafreundliche und bezahlbare Heizungen zu verbauen.
Niemand ruft beim Bürgermeister oder der MVV an, wenn der Heizungskessel ausfällt
Drei Wärmepumpen stehen dazu bereit, an denen herumgeschraubt und trainiert werden darf. Aber auch über Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten wird informiert, so dass die Installateure einen ganzheitlichen Überblick bekommen.
Das sei die Voraussetzung, „dass die Kunden optimal, umfassend, neutral und richtig beraten werden“, erklärte Specht. Dazu brauche man die Handwerker, „die an den Kunden sind“, und so eine Schlüsselrolle einnähmen: „Niemand ruft beim Bürgermeister oder der MVV an, wenn der Heizungskessel ausfällt.“
Bei vielen Betrieben in der Region noch Nachholbedarf in Sachen Wärmewende
Dass es bei den etwa 300 Fachbetrieben in der Rhein-Neckar-Region noch Nachholbedarf in Sachen Wärmewende gibt, räumte auch der Obermeister der Innung für Sanitär, Heizung und Klima Rhein-Neckar, Norbert Ufer, ein: „Was wir bis jetzt getan haben, hat mit Wärmepumpen relativ wenig zu tun. Wir müssen gucken, dass wir da mitkommen.“ Für die Betriebe sei es schwierig, das nötige Wissen aufzubauen. Da setze die neue Akademie an: „Die Mitarbeiter werden upgedatet.“
Beim einen oder anderen sei aber auch noch Überzeugungsarbeit nötig, so Ufer: „Der Handwerker an sich ist das Konservativste, was es gibt auf der Welt: Meist ist das im positivsten Sinn gemeint - aber es sind auch ein paar Sture dabei.“ Darum sei eine weitere Aufgabe, „auch die Handwerker dazu zu bringen, dass sie sich von den Fossilen abwenden“. Ufer zeigte sich überzeugt: „Die Betriebe müssen auf den Zug aufspringen.“
Dass dieser Zug wieder gestoppt wird, schloss sogar der CDU-Oberbürgermeister aus - egal, wie die globale Entwicklung weitergeht und welche Bundesregierung sich nach den anstehenden Wahlen bilden wird, so Specht: „Wir sind davon überzeugt, dass fossile Energiequellen keine Zukunft haben werden.“ Mit Blick auf den Klimawandel fügte er hinzu: „Es wäre unverantwortlich zu sagen: Wir machen weiter wie bisher.“ Immerhin entstünden rund 40 Prozent des Treibhausgases in Mannheim durch das Heizen.
Wärmewende Akademie in Mannheim in Deutschland einmalig
Um diesen Wert langfristig auf null zu senken, haben Stadt, Klimaschutzagentur, Handwerks-, Industrie- und Handelskammer und MVV mit den Innungen für Sanitär, Heizung und Klima sowie für Elektro- und Informationstechnik die Akademie ins Leben gerufen. Vorfinanziert wird sie von der Stadt mit unter anderem bis zu 100 000 Euro. Die MVV stellt die Räume zur Verfügung, die anderen ihr Wissen. In absehbarer Zeit sollen sich hier auch Bürgerinnen und Bürger Rat holen können. Ein Konzept wird zurzeit erarbeitet.
Doch nicht nur der Klimaschutz soll von der Initiative profitieren, die nach Angaben von MVV-Vorstand Ralf Klöpfer „in Deutschland einmalig ist“: Auch die Betriebe haben etwas davon, betonte Stephan Kolb, Obermeister der Innung für Elektro- und Informationstechnik Kurpfalz: „Durch die Teilnahme an der Wärmewende Akademie erhalten Handwerker nicht nur wertvolles Fachwissen, sondern profitieren auch von kostenloser Werbung, da ihre Betriebe aktiv als Experten für die Wärmewende empfohlen werden.“
20.000 Gebäude in Mannheim können nicht ans Fernwärmenetz angeschlossen werden
Mittlerweile könnten auch viele Häuser aus den 50er und 60er Jahren mit einer Wärmepumpe beheizt werden, sagte der Oberbürgermeister. Wie, das soll in Neckarau vermittelt werden - und damit auch gezeigt: „Ja, es ist möglich. Und ja, es ist auch finanzierbar.“ Specht räumte zwar ein, dass es auch schwierige Fälle geben werde: „Bei der Vielzahl der Bürger kriegen wir das aber hin.“
Immerhin geht es um rund 20 000 Gebäude in der Stadt, die auch langfristig nicht ans Fernwärmenetz angeschlossen werden und so früher oder später eine eigene klimaneutrale Heizung brauchen. Aber auch für manch andere könnte das Thema schneller als gedacht interessant werden: Mit Blick auf die von der MVV geplante Stilllegung des Erdgas-Verteilnetzes in Mannheim kündigte Specht an: „Da, wo eine Gas- und eine Fernwärmeleitung parallel verlaufen, werden wir uns nicht erst 2035, sondern schon früher aus dem Gasnetz zurückziehen.“
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