Mannheim. Würde man nur in den Himmel über die Au hinweg schauen, sieht es fast aus wie im Sommer. Denn die Seilbahn ist noch da. An manchen Tagen schweben die Kabinen über Au und Neckar, aber leer. Am Boden, in der Station, arbeiten Techniker der Hersteller- und Betreiberfirma Doppelmayr. Sie machen letzte Testfahrten. „Im Januar geht der Abbau der Strecke los, Ende März muss alles weg sein“, sagt Michael Schnellbach, der Geschäftsführer der Bundesgartenschau. Dann verschwinden die letzten im Stadtbild sichtbaren Reste von dem sommerlangen Fest. Auf dem Spinelli-Areal ist schon jetzt nur noch sehr wenig übrig.
Eine Ausnahme: die Grünfläche an der Ecke Aubuckel/Wingertsbuckel. Der Erinnerungsort für Gastarbeiter mit acht Kiefern aus den ehemaligen Anwerbeländern war auf Dauer geplant, Bäume und Bänke bleiben also. Die dazwischen angelegten Blumenbeete aber sind abgeräumt – wie alle Blumenbeete.
Zentraler Weg noch gesperrt
Dort, wo die Busse angekommen und die Besucher geströmt sind, haben Gärtner die großen Beete ebenso abgeräumt. Ab 1. Februar geht die Fläche an die GBG – Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft über, die dann die alte, zuletzt als Brezel-Kiosk dienende Tanzstelle und das Eingangsgebäude, wo Kassen, Shop und Infotheke waren, abreißen, um hier Wohnungen zu errichten. Bis dahin hängt noch der Schriftzug „Willkommen“ an einer begrünten Wand, aber willkommen ist hier inzwischen keiner mehr. Alles zu.
Dabei war es mal anders geplant. Die „Völklinger Achse“, der Fuß- und Radweg zwischen Feudenheim und Käfertal quer durch das Spinelli-Areal, sollte spätestens zum Jahresende freigegeben werden. Das gilt ebenso für den Musikspielplatz neben der Seilbahnstation. Aber hier sind überall noch mit Ketten verschlossene Gitter. Doch das ist nicht mehr Sache der Bundesgartenschau-Gesellschaft. Sie hat diesen Geländeteil an die Stadt zurückgegeben, „und die Entscheidung liegt bei der Stadt“, so Schnellbach.
Die will den Weg und die Flächen aber erst freigeben, wenn mit der Naturschutzbehörde im Regierungspräsidium geklärt ist, wo und wie hoch die Zäune zum Schutz von geschützten Tierarten – Haubenlerchen oder Mauereidechsen – entstehen müssen. Da ist eine Fläche von 13 bis 15 Hektar im Gespräch – bei 60 Hektar Gesamtfläche. Von der Entscheidung hängt auch die Freigabe des Panoramastegs ab, der eigentlich auch schon längst begehbar sein sollte – als Brücke zwischen dem Fuß- und Radweg oberhalb der Au und dem Spinelli-Gelände.
Im Westen des früheren Kasernen-Areals ist alles zurückgebaut und der Radschnellweg freigegeben. Nur Reste der Panzerwaschanlage erinnern an die einstige Nutzung. Die dortige Bühne, der Kiosk, WC-Anlage – alles entfernt, auch alle anderen Gastronomie- und Toilettencontainer oder der Buga-Nordeingang am Wohngebiet.
Hecken suchen Abnehmer
Was noch steht, ist der Holzpavillon der Metropolregion, zur Buga 2019 in Heilbronn entstanden und dann nach Mannheim transportiert. Zuletzt plante das Land die Übernahme – für die Hochschule Nürtingen. Aber diese Idee hat sich zerschlagen, jetzt wird ein neuer Nutzer gesucht. Die Buga-Gesellschaft verkauft ihn zwar für nur einen Euro, aber Ab- und Wiederaufbau kosten mindestens 600 000 Euro.
An anderer Stelle wieder aufgebaut werden soll auch das Restaurant „Am Weingarten“. „Der Gastronom ist im Gespräch mit einem Mannheimer Sportverein“, weiß Schnellbach. Von der beliebten Weinbar der Winzergenossenschaft Schriesheim ist dagegen nichts mehr zu sehen, ebenso vom riesigen Biergarten. Anfang nächsten Jahres abgerissen werden soll die frühere Heizzentrale der US-Armee, während der Buga der „I-Punkt Grün“. Zwar gab es von Politikern Vorstöße, sie zu erhalten, doch die sind laut Schnellbach ohne Chance. „Die Dachplatten sind voller Asbest, die Wände von Asbestfasern durchzogen“, sagt er. Daher ist das Gebäude bereits entkernt. Nur ein alter AEG-Trafo steht noch da. Er soll dem Technoseum angeboten werden.
Noch erkennbar, wenn auch die Bepflanzungen längst fehlen, sind die Mustergräber, der „Symphonic Garden“ und die Gemüsebeete. „Das wird alles nacheinander abgeräumt“, erklärt Schnellbach. Von den 17 Nachhaltigkeitsgärten wurden die allermeisten eingeebnet. Eine riesige Weltkugel aus Stahl wartet noch auf ihre Verschrottung, und für einige der Hainbuchenhecken, welche die Nachhaltigkeitsgärten umgeben haben, sucht die Bundesgartenschau-Gesellschaft derzeit Abnehmer. „Einige gingen schon an Kleingärtner, einige in den Luisenpark. Wer sie ausgräbt, kann sie mitnehmen“, so Schnellbach. Doch wo die Kirche stand, 4400 Rosen blühten und über 1300 farbenprächtige Dahlien das Besucher-Herz erfreuten, ist alles platt, nur braune, durchwühlte Erde. Der Naturgarten und der Naturfreunde-Garten wirken da wie kleine grüne Oasen – sie dürfen bleiben.
Mutterboden aufgehäuft
Einsam auf der Fläche erkennbar ist noch der moderne Mini-Bolzplatz mit Kunstrasen aus nachhaltiger Zuckerrohrproduktion. Die anderen neun Muster-Landschaftsgärten, alle Blumenbeete und angelegten Wege – platt und weg, auch der Springbrunnen, für dessen Erhalt sich Politiker und Gastronomen eingesetzt hatten.
Erhalten will Schnellbach die Staudenbeete, die in aufgebrochenen Beton-Straßen entstanden sind, „aber da müssen wir die nicht gebietsheimischen Pflanzen entfernen“, nennt er eine Auflage der Naturschutzbehörde. Auch bei der Landschaftsmodellierung durch einige Hügel „sind wir noch im Gespräch“, doch eigentlich gilt die Vorgabe, dass alles komplett eingeebnet und mit Magerrasen versehen werden muss.
Buga-Gesellschaft
- Die Bundesgartenschau Mannheim GmbH, die für Planung und Durchführung der Buga verantwortlich war, gehört zu 2/3 der Anteile der Stadt und zu 1/3 der Deutschen Bundesgartenschaugesellschaft (DBG), die von den drei großen Berufsverbänden der Gärtner getragen wird und die Bugas vergibt.
- Während der Veranstaltung hatte die Mannheimer Buga-Gesellschaft über 100 Mitarbeiter, dazu Fremdfirmen etwa für Security und Gastronomie.
- Zum Jahresende ist die Gesellschaft jetzt auf 14 Mitarbeiter geschrumpft, im Lauf des Frühjahrs gehen weitere. Einige wechselten zur Stadt Mannheim, andere zu folgenden Bundes-/Landesgartenschauen, zu Firmen oder Städten.
Daher erhebt sich dort, wo die Bühne stand und das Publikum saß, ein neuer großer Hügel – vorübergehend. Hier wird der Mutterboden aufgehäuft. „Der Boden ist zu fett“, zitiert Schnellbach die Naturschützer, daher muss er aufwendig abgeschoben und, von Planen abgedeckt, gelagert werden, bis die Stadt ihn anderswo braucht.
Schon gebraucht wurden die ersten der 2023 „Zukunftsbäume“, für die die Bundesgartenschau als Baumschule diente. Rund 500, so schätzt, Schnellbach, seien bereits ausgegraben und sollen von der Stadt an anderer Stelle in Mannheim gepflanzt werden. Einige stehen, mit riesigen Wurzelballen, gerade zum Abtransport bereit. Der größte Teil werde aber im nächsten Jahr ausgebuddelt und umgepflanzt. Zur Abholung bereit stehen auch die zwei bunten Dusch-Anlagen, die Besuchern an heißen Tagen Erfrischung geboten haben. Was für ein Kontrast, sie jetzt hier an einem windigen, kalten Tag zu sehen. Sie werden vom Projekt „FutuRaum“ übernommen, das die Innenstadt attraktiver machen will.
Ausstellung ist weg
In der U-Halle plant der Gastronom, der einen Zehn-Jahres-Vertrag hat, schon ab Januar erste Veranstaltungen. Für das breite Publikum soll aber erst im April geöffnet werden. Doch bis auf die Gastronomie und die alten Skulpturen des Lapidariums ist in der ganzen U-Halle gähnende Leere. Da und dort stehen noch Container, die demnächst abgeholt werden. Sonst ist alles abgebaut, rausgeräumt, auch die Ausstellung zur Konversion und Geschichte des Spinelli-Geländes, für deren Erhalt sich viele Politiker ausgesprochen hatten. Einzig im früheren BASF-Erlebnisraum sind Teile der bisherigen Einrichtung stehengeblieben. Die privaten Betreiber, die hier eine Trendsporthalle einrichten wollen, hätten sie von der BASF übernommen. Doch einen genauen Zeitplan, wann und wie es mit dem Rück- und Umbau der U-Halle weitergeht, gibt es noch nicht. Alles sieht sehr trist aus.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Auf dem Mannheimer Buga-Gelände nicht alles abbauen