Vorgaben zum Artenschutz

Spinelli-Gelände: Haubenlerchen-Zäune sollen Spaziergänger und Hunde abhalten

Das Regierungspräsidium bringt nun Licht ins Dunkel, wie die auf dem Buga-Areal nötigen Schutzzäune aussehen sollen. Unklar ist, wie bei der Stadt Mannheim die verschärfte Vorgabe versacken konnte

Von 
Steffen Mack
Lesedauer: 
Dieser Zaun steht vor einem Haubenlerchen-Habitat in Walldorf. Welche Form und Höhe die Stadt Mannheim für Spinelli wählt, bleibt laut Regierungspräsidium ihr überlassen. © Marijan Murat/dpa

Mannheim. Um Katzen geht es nicht, jedenfalls noch nicht. Dabei war von ihnen vorige Woche im Konversionsausschuss des Mannheimer Gemeinderats noch ausdrücklich die Rede. Da wurde überraschend bekannt, dass zum Schutz der Haubenlerche sowie anderer bedrohter Tierarten auf Spinelli 15 bis 18 der insgesamt rund 80 Hektar dauerhaft eingezäunt werden sollen. Als Buga-Geschäftsführer Michael Schnellbach von einer entsprechenden Vereinbarung berichtete, waren Unverständnis und Entsetzen groß.

Nun stellt das Regierungspräsidium auf Anfrage klar, wofür die Zäune vorgesehen sind: um Spaziergänger und Hunde am Betreten der künftigen Tier-Lebensräume zu hindern.

„Üblicherweise sind solche Zäune rund 100 bis 120 Zentimeter hoch“, schreibt Behördensprecherin Lilly Börstler dem „MM“. Die genaue Höhe und die Ausgestaltung blieben der Stadt Mannheim überlassen. Denkbar sei eine Form, „die das Landschaftsbild möglichst wenig beeinträchtigt, aber dennoch ein ausreichendes Hindernis darstellt, um ein Übersteigen zu erschweren“.

Spinelli: Kein dauerhaftes Haubenlerchen-Paar gesichtet

Eine Katzenrolle, von der Schnellbach gesprochen hatte, sei nicht erforderlich. Denn die Zäune dienten „ausschließlich der Beruhigung der Ausgleichsflächen“, nicht etwa dem Nestschutz von Bodenbrütern wie der Haubenlerche vor Fressfeinden.

Nun weiß allerdings seit dem Walldorfer Katzen-Hausarrest ganz Deutschland, wie ernst das Karlsruher Regierungspräsidium den Schutz brütender Haubenlerchen nimmt. Eine Nachfrage, was da in Feudenheim und Käfertal-Süd zu erwarten sein wird, bleibt am Montag unbeantwortet. Erstmal müssen sich auf Spinelli ja auch Haubenlerchen niederlassen. Zuletzt wurden dort sowie in der Au zwar drei Mal einzelne Exemplare gesichtet, aber kein dauerhaft hier lebendes Paar.

Kommentar Stadt Mannheim muss Info-Panne zu Spinelli-Zäunen aufklären

Veröffentlicht
Kommentar von
Steffen Mack
Mehr erfahren

Die Zäune sollen somit ermöglichen, dass die bedrohten Tiere in ihre vorgesehenen Habitate kommen können, ohne von Menschen oder Hunden gestört zu werden. Zur erforderlichen Fläche macht das Regierungspräsidium keine Angaben. Die von Schnellbach genannten 15 bis 18 Hektar scheinen also zumindest nicht falsch zu sein. Für die Haubenlerche sind, wie die städtische Expertin Katrin Back bestätigte, zehn Hektar vorgesehen: der Großteil westlich der Völklinger Achse, also des neben dem Apero-Restaurant quer übers Gelände verlaufenden Weges. Ein geschätzt zwei bis drei Hektar großes Habitat soll auch auf dem Buga-Experimentierfeld entstehen, östlich des Kirchengartens und südlich der Weinbar.

Mannheims Ex-OB Peter Kurz von Zäunen

Die Notwendigkeit, die Schutzgebiete auf Spinelli so großflächig einzuzäunen, habe das Regierungspräsidium zuständigen Mitarbeitern der Bundesgartenschau-Gesellschaft sowie der Dezernate für Bauen und Umwelt mitgeteilt, so ein Stadtsprecher auf Anfrage. Das soll im Juni 2021 gewesen sein. Der „MM“ hat sowohl SPD-Bürgermeister Ralf Eisenhauer als auch seine Grünen-Kollegin Diana Pretzell und Schnellbach angefragt, wann sie von der veränderten Vorgabe erfahren haben und warum darüber nicht die zuständigen Gremien informiert wurden - etwa der Buga-Aufsichtsrat oder der Konversionsausschuss.

Von den Dreien gibt es am Montag darauf keine Antwort. Zu den Anfragen teilt der Rathaussprecher lediglich mit: „Derzeit ist die Stadtverwaltung dabei, nachzuvollziehen, wann welche Vorgaben des Regierungspräsidiums an welcher Stelle eingegangen sind und wie sie weiter bearbeitet wurden.“ Einen ersten Zwischenstand dazu solle es in der Gemeinderatssitzung an diesem Dienstagnachmittag geben.

Mehr zum Thema

Schutz bedrohter Tierarten

Wegen Haubenlerche: Auf Spinelli sollen bis zu 18 Hektar eingezäunt werden

Veröffentlicht
Von
Steffen Mack
Mehr erfahren
15 bis 18 Hektar betroffen

Warum auf Spinelli Schutzzäune für Haubenlerchen nötig sind

Veröffentlicht
Von
Steffen Mack , Sebastian Koch und Thorsten Langscheid
Mehr erfahren

Der frühere Oberbürgermeister Peter Kurz sagte dem „MM“ vorigen Mittwoch, er wisse nichts von auf 15 bis 18 Hektar nötigen Zäunen. „Von einer solchen Dimension habe ich noch nie gehört.“ Hätte man ihn seinerzeit darüber informiert, wäre das „selbstverständlich ein Thema für den Gemeinderat gewesen, vor allem aber hätte ich mit dem Regierungspräsidium darüber gesprochen, wie sich das anders gestalten lässt“, so der Sozialdemokrat. Das will nun sein CDU-Nachfolger Christian Specht tun.

Nester mit Elektrozaun schützen?

Der Feudenheimer Ulrich Lehnert, für die AfD im Gemeinderat, spricht sich unterdessen für eine andere Lösung aus: „Zum Schutz der Haubenlerche brauchen wir keine Zäune. Wir brauchen Lebendfallen für Füchse, Marder und streunende Katzen“, mailt er dem „MM“. Elstern und Rabenkrähen sollten auf Spinelli bejagt beziehungsweise abgeschossen werden, ein Freilaufen von Hunden oder Katzen sei zu unterbinden. „Wenn es keinen anderen Weg geben sollte, durch Einzelverfügung gegen jeden einzelnen Katzenhalter“, so der AfD-Stadtrat.

Die städtische Expertin Katrin Back sagt zu dieser Problematik, klar sei: „Die Nester brütender Haubenlerchen müssen vor Katzen und anderen Fressfeinden geschützt werden.“ Dazu gebe es mehrere Möglichkeiten, Hausarreste wie in Walldorf seien nur eine davon. In Betracht käme etwa auch, Nester in einem Radius von etwa zehn Metern mit einem Elektrozaun zu schützen. „Aber noch ist es müßig, über in Mannheim geeignete Maßnahmen zu spekulieren. Dafür müsste es hier erstmal Brutpaare geben.“

Dass es die geben wird, ist allerdings vom Regierungspräsidium fest beabsichtigt. Nach Aussage des Mannheimer Naturschutzbund-Vorsitzenden Paul Hennze notfalls auch mit gezielten Auswilderungen, indem etwa Jungvögel aus anderen Beständen auf Spinelli in einer Voliere aufgezogen werden. (mit imo)

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke