Auszeichnungen

Wie aus einem Karlsruher Musiker ein Mannemer Bloomaul wird

Thomas Siffling, in der Fächerstadt geborener Jazztrompeter und Musikproduzent, bekommt Mannheims höchste bürgerschaftliche Auszeichnung, den Bloomaulorden

Von 
Peter W. Ragge
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Er ist Musiker und Manager, Komponist und Produzent: Das neue Bloomaul 2023 Thomas Siffling ist sehr stolz auf die Auszeichnung. © Michael Ruffler

Mannheim. Besucht man einen Musiker, so denkt man, geht es um Musik. Bei Thomas Siffling geht es erst einmal um Fußball. „Wir sind über viele Ecken verwandt“, sagt er über Otto Siffling (1912-1939), SV Waldhof-Legende und Nationalspieler. Und Thomas Sifflings Sohn Vincent, 13 Jahre jung, muss an dem Abend zum Fußballtraining. Fünf mal in der Woche spielt er – beim VfR und in der Auswahl des Deutschen Fußballbunds (DFB), der ja sehr früh Talente sichtet.

Thomas Siffling komponiert im Büro am Klavier. © Michael Ruffler

„Ich durfte nicht“, denkt Vincents Vater da an seine Jugend zurück. „Mein Vater hat es mir verboten, ich durfte Tennis spielen“, erinnert er sich und verzieht dabei das Gesicht. Aufgewachsen ist Thomas Siffling in einem gut bürgerlichen Haushalt in Karlsruhe, in dem eher klassische Musik als Jazz eine Rolle spielt. Wie aus ihm dennoch ein Mannheimer, einer der etabliertesten und erfolgreichsten Jazzmusiker seiner Generation im deutschsprachigen Raum und jetzt der neue Träger des Bloomaulordens wird?

Erstes Solo mit 15

Wer diese Geschichte hören will, muss in einer vornehmen Villa in den Quadraten, 1870/71 gebaut mit prächtigen Stuckdecken und verspieltem, schmiedeeisernem Geländer, drei Stockwerke hoch laufen. In der Mietwohnung mit den 3,50 Meter hohen Räumen wird aber schnell klar, warum das geheim tagende Dreiergremium Siffling zum neuen Ordensträger gekürt hat. Sie nennen ihn zwar „musikalischen Weltbürger“ – aber der Musiker mit weltweiten Erfolgen ist völlig bodenständig, ungeheuer sympathisch, offen, humorvoll und hat so gar nichts von einem abgehobenen Künstler, sondern ist ganz der Typ netter Nachbar, der sich auch sehr gerne für die Gemeinschaft engagiert.

Ehrung erstmals im Ballett

  • Der Bloomaulorden ist 1970 vom langjährigen „MM“-Herausgeber Rainer von Schilling, damals Fasnachtsprinz, gestiftet worden. Zunächst als Orden mit Augenzwinkern gedacht, hat er in Mannheim längst den Rang einer hoch angesehenen bürgerschaftlichen Auszeichnung. Regeln dafür, wer – von einem geheim tagenden Dreiergremium aus Markus Haass, Bert Siegelmann und Achim Weizel – mit diesem Orden geadelt werden kann, gibt es nicht. Verliehen wird eine von Gerd Dehof geschaffene, pfundschwere Bronzeplastik des Blumepeter. Überreicht wird sie am Fasnachtssonntag – normalerweise im Nationaltheater am Goetheplatz. Doch das wird gerade saniert.
  • „Wir wollten aber, dass das über 50 Jahre gelebte Miteinander von Theater und Bloomaulorden auch die Sanierungszeit überstehen soll“, so Bert Siegelmann vom Komitee. Daher findet die Veranstaltung nun am 19. Februar um 18 Uhr im NTM Tanzhaus KäfertalGalvanistraße, mit „Kosmos – schwerelos“ (Andonis Foniadakis/Stephan Thoss), einem aktuell zusammengestellten Tanzabend, statt. Das Stück hatte erst Anfang Februar Premiere. Da der neue Ordensträger dem Tanz bereits seit 2013 verbunden ist, als Thomas Siffling für das Kevin O‘ Day Ballett seine erste Ballettmusik veröffentlichte, passt das inhaltlich – wenngleich das Tanzhaus deutlich weniger Platz als das Opernhaus bietet und daher viel weniger Zuschauer dabei sein können. Daher ist der Abend auch schon sehr lange restlos ausverkauft.
  • Nach der Pause findet die Verleihungszeremonie statt. Die Laudatio hält der Mediziner Marcus Fähnle, der im vergangenen Jahr ausgezeichnet worden war. 

Er sei glücklich, das Hobby zum Beruf gemacht zu haben: „Sobald ich auf der Bühne stehe, ist es erfüllend!“ Er wolle, auch wenn er dafür täglich üben müsse, einfach „mit guter Musik Leute erreichen“, sagt der 50-Jährige bescheiden – dabei hat er längst so viel mehr erreicht. Abzusehen ist das lange nicht. „Ich war ein sehr schlechter Schüler“, gesteht Siffling, und gerade mit der Mathematik-Lehrerin habe er nicht so nette Dialoge gehabt: „Ich habe ihr gesagt, dass mich das Fach nicht interessiert, denn die Gagen rechne ich später mit dem Taschenrechner aus“, weiß er noch. Dass ihn sein Weg in die Musik führen soll, steht für Siffling – der ein musisches Gymnasium in Karlsruhe besucht und Musik als Hauptfach belegt – schnell fest.

Schon mit zehn Jahren hat er seine erste Trompete, und er gehört zur Big Band der Schule, die ein Pfarrer leitet. Der fördert und fordert ihn, wie Siffling dankbar sagt. So darf (besser: muss) er als 15-Jähriger sein erstes Solo spielen, auf dem Kronenplatz mitten in Karlsruhe. Aber mit dem Schulorchester kommt er auch viel rum: „Wir haben die Welt bereist“, so Thomas Siffling.

Thomas Siffling mit seinem Lieblingsinstrument. © Rinderspacher

Aber noch tendiert er zur klassischen Richtung, gemäß der Prägung im Elternhaus. Er ist auch schon Vorstudent an der Musikhochschule, aber nach längerer Überlegung entscheidet er sich – zur großen Enttäuschung seines Professors, eines Solotrompeters am Staatstheater Karlsruhe – gegen die Klassik und für den Jazz. „Aber wir haben später unseren Frieden gemacht“, erzählt Siffling. Nach dem Abitur zieht ihn die Bundeswehr ein – Siffling wird Soldat, aber Musiker in Uniform, beim Luftwaffenmusikkorps 2 in Karlsruhe, das es heute nicht mehr gibt. „Es war eine super Vorbereitung für das Studium, denn man hat sehr viel Zeit, um zu üben und Konzerterfahrung zu sammeln“, sagt er.

Fan von KSC und SVW

Von Karlsruhe zieht er zum Studium nach Mannheim: „Weil ich eine Freundin in Karlsruhe hatte und das in der Nähe lag“. Er studiert Jazz-Trompete bei Stephan Zimmermann an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim. In der Quadratestadt lernt er während des Studiums seine heutige Frau Nicole kennen, die von der Vogelstang stammt und damals Betriebswirtschaftslehre studiert. Auch sie ist musikalisch, spielt in Fritz Münzers College Jazz Ensemble, damals Teil des Studium Generale. Die Mitglieder sitzen nach den Proben oft im Lokal „Kulisse“. „Thomas kam da ab und zu vorbei“, so Nicole.

Es ist aber eine Liebe mit Hindernissen – denn erst geht sie zum Auslandssemester nach Lyon, dann steht für ihn die Entscheidung an, wo er nach dem Diplom (heute Bachelor) das Konzertexamen (heute Master) machen soll. Da lockt Berlin, „und sicher wäre meine Karriere anders verlaufen“, sagt Siffling heute – aber er sagt es ganz ohne Wehmut. „Ich hätte dort sicher nie einen eigenen Jazzclub aufgemacht“, hebt er hervor – und nicht nur das.

Thomas Siffling

  • Thomas Siffling, geboren am 18. Dezember 1972 in Karlsruhe, ist Jazztrompeter, Komponist, Musikproduzent und Betreiber des Jazzclubs „Ella & Loiuis“.
  • Er gibt derzeit etwa 50 bis 70 Live-Konzerte im Jahr und hat schon 13 CDs mit eigenen Werken veröffentlicht – plus etwa 100, bei denen er mitspielt.
  • Da Trompeter täglich üben und sich zudem fit halten müssen, geht er ins Fitnessstudio und joggt.
  • In Mannheim ist er bekannt, weil er zu allen Terminen mit seiner Vespa fährt. Er mag aber auch seine Kawasaki mit Speichenrädern und Oldtimer, genießt gerne Zigarren und Gin Tonic.
  • Er war Mitglied des Jugend-Jazzorchesters Baden-Württemberg und des Bundesjazzorchesters unter der Leitung von Peter Herbolzheimer. Von 2000 bis 2018 leitete er die SAP Big Band.
  • Als künstlerischer Leiter agierte er 2015 für das Jazzville Festival an der Ostsee und als Berater seit etlichen Jahren für das Jazz&Joy Festival in Worms und die Jazz Open in Stuttgart. Zudem entwickelte er viele neue Konzertformate wie Space Jazz Nights im Planetarium Mannheim. pwr

 

Seit 1996 ist er mit seiner Nicole, Marketing-Fachfrau bei einem weltweit tätigen Unternehmen, verheiratet und zum überzeugten Mannheimer geworden. Zwar wohnt seine Mutter noch in der Fächerstadt, und auch er ist dort tätig, etwa als Kurator der Jazz Nights im Badischen Staatstheater. „Aber ich lebe inzwischen länger in Mannheim als in Karlsruhe, bin Fan vom KSC und vom SV Waldhof, auch wenn das fast nicht möglich ist“, wie er lachend sagt. Die Mannheimer seien aber „viel offener“: „Ich liebe das Multikulti-Leben in den Quadraten!“

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Peter W. Ragge
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Mit der Kür zum Bloomaul wird er nun noch mehr Teil des Mannheimer Lebens. Dass er diesen Titel mal tragen wird, „damit hätte ich nie gerechnet“, gesteht er. Er habe nur gewusst, „dass es eine super Auszeichnung ist, die besonders coole Leute bekommen“, sagt Siffling. Als ihn das Verleihungskomitee dann – wie immer unter einem Vorwand – zum Gespräch bittet, ist er „völlig baff und sprachlos“, jetzt aber „unheimlich stolz und dankbar“.

Aber er habe Mannheim viel zu verdanken, engagiere sich daher auch gerne für die Stadt und soziale Projekte. „Ich finde es wichtig, dass man der Stadt etwas zurückgibt“, betont er. „Ich liebe Mannheim und will die Stadt pushen, sie anderen Leuten näher bringen“, aber er wünscht sich zugleich, dass die Stadt auch selbst mehr aus sich macht: „Unesco-Musikstadt zu sein – also das könnte Mannheim schon viel mehr vermarkten“, findet der Jazztrompeter.

Redaktion Chefreporter

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