Mannheim. Der Abend endet mit einer Liebeserklärung an Mannheim: „Ich wollte hier nie weg, es ist meine Heimat, unsere Stadt“, bedankt sich Gerald Marzenell gerührt für die Verleihung des Bloomaulordens. Und er macht gleich eine Ankündigung: „Ich werde mir im Sommer etwas einfallen lassen, um das Oststadttheater zu unterstützen.“ Schließlich habe ihn sehr beeindruckt, „mit wie wenig Möglichkeiten und viel Herzblut hier gearbeitet wird“, sagt Marzenell. über Mannheims heitere Bühne in N 1, die ohne öffentliche Zuschüsse auskommen muss und erstmals die Verleihung der bürgerschaftlichen Auszeichnung ausrichtet.
„Danke, dass wir ausnahmsweise ausgewählt worden sind“, dankt Theaterleiterin Carmen P. Linka-Gamil für die Chance, für das Nationaltheater einzuspringen. Dass sie vor der Vorstellung vor den Vorhang tritt, ist aber nicht ungewöhnlich bei dem Privattheater. Hier wird das Publikum stets persönlich vor der Vorstellung begrüßt. Ungewöhnlich sind diesmal nur die namentlich genannten Gäste, neben den Bloomäulern auch Bürgermeister Dirk Grunert, Tilmann Pröllochs, Geschäftsführender Intendant des Nationaltheaters, und Kai von Schilling. Sein Vater, der frühere „MM“-Herausgeber Rainer von Schilling, hatte die höchste bürgerschaftliche Auszeichnung Mannheims 1970 ins Leben gerufen.
Hilfsbereitschaft des Oststadttheaters gewürdigt
Von dem dreiköpfigen Komitee, das über die Verleihung entscheidet, gehen inzwischen zwei Mitglieder am Stock. Das passt sehr gut zu dem Theaterstück, das den Rahmen der Ordensverleihung bildet. In der Komödie „Die Tanzstunde“ versucht eine nach einem Unfall gehbehinderte Tänzerin (Sarah Koch, bekannt von „Sturm der Liebe“) einem autistischen Professor (Wolfgang Kerbs) das Tanzen beizubringen.
Markus Haass kann tanzen. Nahezu elfengleich schwebt das Mitglied des Verleihungskomitees über die Bühne. Und er hat auch gleich einen passenden Spruch parat: „Sowas gibt es noch – eine Bühne, ganz ohne städtische Zuschüsse“, bewundert auch er das Oststadttheater. Passend dazu spielt Thomas Siffling, der im vergangenen Jahr ausgezeichnete Jazztrompeter, „Wenn ich einmal reich wär’“.
Bert Siegelmann und Achim Weizel, die beiden anderen Mitglieder des Verleihungskomitees, bewegen sich dagegen mit Gehhilfen auf der Bühne – so langsam, wie der Bau der Ersatzspielstätte des Nationaltheaters, der „Oper am Luisenpark“ (Opal), vorangeht. „Wir passen besser ins Opal – Opas am Luisenpark“, witzelt Siegelmann voller Selbstironie. Weizel orakelt vielsagend, vielleicht werde aus „Opal“ irgendwann eine Tennishalle. Aber da „Opal“ eben nicht fertig ist, wird das Bloomaul im Oststadttheater gekürt.
„Trotz größter Bemühungen war in diesem Jahr eine Durchführung der Veranstaltung im Nationaltheater nicht möglich“, bedauert Weizel zu Beginn seiner Ansprache und würdigt die „unwahrscheinliche Hilfsbereitschaft“ des Oststadttheaters, ehe er Einblick in die Arbeit des Auswahl-Trios gibt. „Gelegentlich kommt es vor, dass Kandidaten vorgeschlagen werden, die wir vor Jahren übersehen haben und die jetzt nicht infrage kommen, weil sonst unser Ziel, die Bloomäuler zu verjüngen, gefährdet wäre“, räumt Weizel ein.
Die Kriterien seien einfach: „Unser Kandidat sollte sympathisch, beruflich erfolgreich sein, in der Mannheimer Bevölkerung bekannt und beliebt“, zählt Weizel auf und ergänzt augenzwinkernd: „Gutes Aussehen war keine Vorbedingung, ist aber nützlich und schadet nicht!“ So sei man eben auf einen Sportler gekommen – auf Tennis-As Marzenell.
Der darf künftig die pfundschwere Bronzefigur des Blumepeter um den Hals tragen. Nachdem Weizel sie Marzenell umgehängt hat, gibt es erst mal „ein großes Kompliment“ für das dreiköpfige Verleihungskomitee. Das spricht Thomas Siffling aus, in Karlsruhe geborener Ordensträger des Vorjahres. Mit Marzenell sei „wieder ein waschechter Mannemer“ dran, lobt er unter kräftigem Applaus des Publikums.
Viel Beifall gebührt aber auch Siffling selbst. In Tennisdress gekleidet, hält der Musiker eine humorvoll-lockere Laudatio auf den neuen Ordensträger und beweist, dass er nicht nur musizieren, sondern auch gut reden kann. Mit Marzenell habe das Komitee „ein wahres Schnittchen“ ausgewählt, „echt ein wirklich netter Typ“, und „Prachtexemplar eines Bloomauls“, der im besten Alter sei („er hat er gerade die neue 50 erreicht“) und sogar noch über volles Haar verfüge, so Siffling.
Allerdings sei Marzenell ja nicht nur Sportler, sondern auch Trainer, bekannt als „Spielerflüsterer und Menschenversteher“. Wahrscheinlich habe er schon lange die Trainings- und Ernährungspläne für die Bloomäuler zu Hause liegen. „Es gilt, sich auf ein kräftezehrendes, entbehrungsreiches und sportliches neues Bloomauljahr einzustellen“, doch dann werde das Publikum bei der Verleihung 2025 „einen vor Kraft strotzenden Einmarsch der Bloomäuler“ erleben und „keinerlei Gehhilfen mehr“ sehen.
Gerald Marzenell ist „Menschenversteher und Motivator“
Jenseits aller Ironie würdigt Siffling den neuen Ordensträger aber als Trainer, „Menschenversteher und Motivator“ beim Tennisklub Grün Weiss, wo er für zahlreiche Titel sorgte. „Durch deine beharrliche Arbeit und Leidenschaft trägst du einen wesentlichen Teil zur Sportstadt Mannheim und damit auch zu einer Stadt mit einer hohen emotionalen Lebensqualität bei“, so Siffling. Schließlich seien es „genau diese Faktoren wie ein sportliches, ein kulturelles, ein gastronomisches oder ein zum Einkaufen einladendes Umfeld, die eine Stadt zu der machen, was sie ist: lebens- und liebenswert“, mahnt Siffling. Da er sich dafür engagiere, sei Meistertrainer Marzenell „genau der Richtige, um in unserer Runde als neues Bloomaul aufgenommen zu werden“.
Fast etwas verlegen lächelnd hört Marzenell diese Worte. „Die Hälfte von dem, was Sie gehört haben, können Sie streichen“, wehrt der 60-Jährige bescheiden ab – aber bekennt dann, was jeder spürt: dass er sich über den Bloomaulorden „riesig gefreut“ habe und sich der Ehre nun würdig erweisen wolle. Und so, wie Marzenell mit dem klaren, lokalpatriotischen Bekenntnis zu Mannheim endet, so endet auch die Komödie des Oststadttheaters. Mannheim, so sagt da der Professor, sei doch schon die schönste Stadt der Welt – warum also verreisen?
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Bloomaul-Pause des Nationaltheaters: Verpasste Chance