Mannheim. Ein Badebecken im Verbindungskanal, begeisterte Menschen, die sich am Neckar tummeln, im Liegestuhl abhängen, ein Kaltgetränk genießen, manchmal abtauchen und das Leben am Wasser genießen. Das war die Idee von Wulf Kramer und Robin Lang. Eine abgefahrene Vision, die damals im Jahr 2013 die Mannheimer Öffentlichkeit wie eine Welle ergriff. Viele träumten sich hinein in das Vergnügen, das die Erfinder „Buschbad“ nannten, mehr als 8000 Fans folgten auf Facebook dem Bild vom Urlaubsfeeling in Mannheim.
Fast zehn Jahre ist es das nun her. Und bis heute gibt es kein Buschbad. Aber den Blick auf den Verbindungskanal haben die beiden Architekten nicht verloren. Wulf Kramer und Robin Lang haben dort mittlerweile ihre Büros eingerichtet, im C-Hub, mit Blick aufs Wasser. Mit zwei Unternehmen bringen sie ihre Ideen für die Stadtentwicklung der Zukunft voran. Die Firma YallaYalla! kümmert sich um Nutzungskonzepte in Städten, mit City Deck kreieren die beiden modulare Stadtmöbel. Mit beiden Unternehmen ist das Duo auf der Erfolgsspur.
Wir treffen Wulf Kramer an einem Donnerstagmittag, es gibt viel zu tun, er hat wenig Zeit. In den Großraumbüros im C-Hub rauchen die kreativen Köpfe. Wulf Kramer erzählt gern von damals, als das Buschbad aufkam und gefeiert wurde. „Wir hatten wirklich unfassbar viele Unterstützer“, sagt er. An der Wand der Büros hängen zahlreiche Bilder, einige zeigen Menschen, die am Ufer eines Flusses gemeinsam feiern oder auch nur gemütlich sitzen. Kramer hätte es sich so sehr gewünscht, dass hier auch ein Foto vom tatsächlich existierenden Buschbad hängt. „Es ist nach wie vor unser Herzensthema“, betont er. Aber das Projekt ist untergegangen, und die Gründe sind vielfältig.
Zusammengefasst könnte man sagen: zu teuer, zu aufwendig, zu langwierig. Dass die Finanzierung gewagt sein würde, war von vorneherein klar. Das Duo Kramer und Lang informierte sich auch 2015 nochmal genauer, hoffte, über einen Prüfantrag bei der Verwaltung einer Realisierung näher zu kommen. Dafür schauten sie auf andere Städte. London zum Beispiel. „Dort gibt es ein solches Bad. Und wir haben erfahren, dass alleine die Machbarkeitsstudie schon 100 000 Pfund (etwa 120 000 Euro) verschlungen hat“, berichtet Kramer. Wer investiert das mit diesem Risiko?
Die Serie
- Zum 75. Geburtstag des „Mannheimer Morgen“ haben wir „75 Ideen für ein besseres Mannheim“ vorgestellt. Bei einer Abstimmung konnten unsere Leserinnen und Leser die beste Idee wählen. Gewonnen hat der Beitrag von Redakteurin Anke Philipp mit dem Thema „Mannheim, wie wär’s mit … sich mehr zu den Flüssen zu öffnen?“.
- Das nehmen wir nun zum Anlass für eine Serie mit dem Titel „Leben an zwei Flüssen“. Sie beschäftigt sich in loser Folge mit der Nutzung der Flächen an Neckar und Rhein. Es geht dabei um die Frage, welche Ideen umgesetzt wurden, was geplant ist und aus welchen Plänen nichts wurde.
- Was wünschen Sie sich, liebe Leserinnen und Leser, konkret bei der Nutzung der Flächen an Rhein und Neckar? Schicken Sie uns Ihre Ideen an lokal@mamo.de.
Selbst wenn Geld nicht das Problem sei, ginge es ja anspruchsvoll weiter. Denn alles, was im oder am Wasser liegt, hat unterschiedliche Eigentümer. Die Wasserstraße gehört dem Bund, manche Uferflächen sind im Besitz von Firmen, aber auch die Kommune ist hier mit im Boot, ebenso wie das Land. Und an die Auseinandersetzung mit dem Naturschutz ist dabei noch nicht mal gedacht. Die Folge: Endlose Auseinandersetzungen, zeitfressende Behördengänge. Es habe damals sogar jemanden gegeben, der vor der Investition nicht zurückgeschreckt sei, verrät Kramer heute, wohl aber vor dem Zeitrahmen, bis das Ganze theoretische hätte funktionieren können – „verständlich“. Mittlerweile habe man auf politischer Ebene verstanden, dass es einen gewissen Freiraum bräuchte, einen rechtlichen Rahmen, um an den Plätzen am Wasser experimentieren zu können, ohne dass es dann tatsächlich auch so bleiben muss. Naherholungsperspektiven schaffen, so nennt Kramer das. Ähnlich wie mit Verkehrsversuchen, wie zum Beispiel dem aktuellen in der Mannheimer Innenstadt. „Das ist der Weg“, glaubt Kramer. Obwohl er mit der Buschbad-Vision damals baden ging, findet er, dass in Mannheim einiges an den Ufern passiert. „Man versucht da schon manches, und ich denke, da wird in den kommenden Jahren auch viel passieren“, so Kramer, „aber das dauert halt alles.“
Der Firmenname „Yalla!Yalla“ ist nicht umsonst gewählt, übersetzt heißt das in etwa „Los geht’s“. Denn die beiden Firmengründer sind Macher. Sie probieren aus. Und das haben sie auch nach der vorerst gescheiterten Buschbad-Idee getan, indem sie einfach zeitweise Uferabschnitte bespielt haben, zum Beispiel am Collinisteg. „Unser ganz großer Wunsch bleibt aber ein Badeschiff. Und auf dem Weg dahin wünschen wir uns, dass sich noch mehr Menschen trauen, Experimente zu starten“, so stellt sich Kramer das vor. Da denkt er zum Beispiel an den Uferabschnitt von der Kurpfalzbrücke bis zum MVV-Hochhaus. Ein Kiosk, Liegestühle, ein Sportgeräteverleih – außerdem würde er dann auch den Bereich oberhalb des Ufers, direkt neben dem Spielplatz, miteinbeziehen. „Und dann wäre natürlich ein Badeschiff direkt neben dem Museumsschiff ein echtes Highlight“, fügt er an, will sein größtes Ziel nicht aus den Augen lassen.
Kramer schwimmt in Ideen, und er ist überzeugt, dass sich viel tun wird in Städten mit Flüssen. Er wohnt in Stuttgart, sieht, was dort schon geht, und glaubt, dass auch Mannheim vorankommt. „Festival am Fluss“, Experimentiermeile am Wasser“, „Ufersommer“ – Schlagzeilen, die ihm einfallen und die Lust machen.
Aber noch bevor er erzählen kann, was er sich darunter vorstellt, muss er zum nächsten Termin. Bei der Stadtentwicklung wartet eben keiner gern. Und das macht doch Hoffnung!
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