Mannheim. Praktisch von heute auf morgen war Schluss: Vor zwei Wochen hat die Faruq-Moschee in der Lortzingstraße ihre Türen schließen müssen. Rund 400 Gläubige, die dort in der Spitze regelmäßig in zwei Gruppen zum Freitagsgebet zusammenkommen, stehen seitdem ohne eigene Räume da.
Auch die arabische Schule am Wochenende wurde gestoppt. „Wir hatten nur 24 Stunden Zeit, alle Mitglieder zu informieren“, erzählt der vom Vorstand des Moscheevereins für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beauftragte Khalil Khalil. „Am nächsten Tag war die Moschee geschlossen – es gab weder tägliche Gebete noch Unterricht.“ Fragen und Antworten zur Schließung der Moschee.
Wie ist es zu der Schließung der Faruq-Moschee in Mannheim gekommen?
Die Faruq-Moschee nutzt seit 1992 die Räume im Hinterhaus eines Gebäudekomplexes in der Neckarstadt. Ursprünglich hat das dem traditionsreichen Gesangverein Flora gehört. Als der sich aufgelöst hat, ging das Gebäude an eine neue Stiftung über, die von der Stadt verwaltet werden soll. Bei der Eigentumsübertragung sei das Haus wie üblich baurechtlich überprüft worden, erklärt der Sprecher von Oberbürgermeister Christian Specht dieser Redaktion.
Dabei seien „erhebliche brandschutztechnische Mängel“ festgestellt worden, „die eine sofortige Nutzungsuntersagung des Hinterhauses für Veranstaltungen leider unumgänglich gemacht haben“. Demnach sind ausschließlich die von der Moschee genutzten Räume im Hinterhaus von der Schließung betroffen. Bei den Mietwohnungen im Vorderhaus seien lediglich brandschutztechnische Ertüchtigungen notwendig und möglich.
Auch Khalil erinnert sich an die Begehung im August, an der rund 120 Personen teilgenommen haben sollen. Unter ihnen Kultur- und Wirtschaftsdezernent Thorsten Riehle, die Feuerwehr und das Bauamt. „Die Feuerwehr hat festgestellt, dass die Fluchtwege nicht mehr zeitgemäß sind und die Zahl der Betenden die Sicherheitsvorkehrungen übersteigt“, erklärt Khalil.
Warum wurde die Faruq-Moschee in Mannheim geschlossen?
Die Mängel waren nach Einschätzung der Behörden offenbar gravierend. „Es fehlen beispielsweise der vorgeschriebene erste und zweite Rettungsweg. Beide sind ohne größere Umbaumaßnahmen im Hinterhaus des gründerzeitlichen Gebäudes nicht zu realisieren“, erläutert der Stadtsprecher. Politische Erwägungen hätten bei der Entscheidung keine Rolle gespielt.
Der Moscheeverein stand zeitweise unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Zuletzt hatte die Behörde die Moschee im Verfassungsschutzbericht allerdings nicht mehr erwähnt. Im vergangenen Herbst stand der Verein allerdings wegen eines Flyers erneut in der Kritik, auf dem für Ehe-Vorbereitungskurse schon für 13-jährige Mädchen geworben wurde. Der Verein erklärte die Irritationen mit einer missverständlichen Formulierung.
Wir haben seit Jahrzehnten in diesen Räumen gebetet. Dass plötzlich alles zu gefährlich sein soll, ist für viele ein Schock.
Die Entscheidung, die Moschee zu schließen, hat die Baurechtsbehörde in Abstimmung mit der Feuerwehr getroffen. Für die Gemeinde kam die abrupte Entscheidung überraschend. „Wir haben seit Jahrzehnten in diesen Räumen gebetet. Dass plötzlich alles zu gefährlich sein soll, ist für viele ein Schock“, sagt Khalil. Gerade weil die Entscheidung so kurzfristig gefallen sei. „Gemeindemitglieder sind in den Urlaub gefahren – und als sie wieder zuhause waren, war die Moschee plötzlich zu.“
Was bedeutet die Schließung der Faruq-Mosche in Mannheim für die Gemeinde?
Die Folgen sind einschneidend. Rund 50 feste Mitglieder sowie Hunderte Besucher, die zum Freitagsgebet kommen, haben nun erst einmal keine feste Anlaufstelle mehr. Auch die arabische Schule am Wochenende ist eingestellt. „Allein dort hatten wir rund 200 Kinder“, berichtet Khalil. „Für viele Familien ist das ein großer Verlust.“ Andere Moscheen in Mannheim könnten die Lücke kaum füllen. Beim Freitagsgebet sei es dort bereits vor der Schließung der Faruq-Moschee eng gewesen, sagt Khalil.
Die Stadt verweist darauf, dass sie den Verein nicht vor vollendete Tatsachen gestellt habe. „Die Maßnahme erfolgte in Absprache und nach ausführlichen Gesprächen mit dem aktuellen Mieter, dem Islamischen Arbeiterverein“, heißt es. Dennoch gibt es innerhalb Gemeinde auch das Gefühl, zu wenig Zeit gehabt zu haben. Der Moscheeverein will trotzdem nicht juristisch klagen, erklärt Khalil. „Wir glauben, dass wir durch Gespräche mehr erreichen. Wir möchten eine diplomatische Lösung mit der Stadt und mit anderen Religionsgemeinschaften finden.“ Der Moscheeverein arbeitet derzeit an einem neuen Gemeindezentrum in Käfertal.
Welche Alternativen gibt es?
Die Suche nach Ersatzräumen läuft. Die Stadt hat eigenen Angaben zufolge „mehrere Liegenschaften daraufhin überprüft, ob dort eine Zwischennutzung möglich ist“. Auch Schulräume oder Sportstätten seien in Betracht gezogen worden. Zudem habe man gemeinsam mit der Evangelischen Kirche über eine vorübergehende Mitnutzung von Gotteshäusern gesprochen.
Khalil bestätigt, dass auch er selbst beim Dekanat nachgefragt hat. „Es gibt in Mannheim Kirchen, die aufgegeben werden. Vielleicht ließe sich dort eine Lösung finden.“ Für muslimische Gebete müssten dafür etwa Kreuze und Heiligenbilder abgedeckt werden.
Es fehlen beispielsweise der vorgeschriebene erste und zweite Rettungsweg. Beide sind ohne größere Umbaumaßnahmen im Hinterhaus des gründerzeitlichen Gebäudes nicht zu realisieren.
Eine Rückkehr in die bisherigen Räume scheint jedenfalls ausgeschlossen zu sein. „Wegen der brandschutzrechtlichen Gefahreneinschätzung ist es leider nicht möglich, die weitere Nutzung der bisherigen Räume zu dulden – unabhängig von der Zahl der Betenden“, erklärt der Rathaussprecher. Immerhin: Der Verein soll der Stadt inzwischen mitgeteilt haben, dass er für das Freitagsgebet eine Ersatzlösung gefunden habe, erklärt der Stadtsprecher am Freitagnachmittag.
Khalil bestätigt am Dienstag, dass die Freitagsgebete übergangsweise in einem Sportcenter in Neuostheim stattfinden sollen. Für alle anderen Gebete hofft er auf weitere flexible Übergangslösungen. „Wir sind minimalistisch. Für die fünf Gebete am Tag reicht Platz, ein Teppich und ein Lautsprecher. Das Freitagsgebet ist die größere Herausforderung.“ Für die ist nun eine Lösung gefunden.
Der Moscheeverein plant ja ohnehin einen Neubau in Käfertal. Wie ist da der Stand?
Langfristig plant der Moscheeverein mit dem Neubau in Käfertal. Auf einem Grundstück soll, wie mehrfach berichtet, ein Zentrum in einer 800 Quadratmeter großen Halle in einem früheren Supermarkt entstehen. An den Plänen gibt es Kritik aus der Nachbarschaft.
„Am liebsten würden wir sofort einziehen“, sagt Khalil auch angesichts der nun neuen Situation. Das scheint unrealistisch. „Wünschenswert wäre deshalb der März 2026, wenn der Ramadan beginnt. Wir würden gerne dort die ersten Gebete feiern.“
Doch auch beim Neubau hakt es noch am Brandschutz. Eine provisorische Nutzung während der Bauphase sei jedenfalls nicht möglich, erklärt der Stadtsprecher „Eine vorläufige Nutzung ist erst möglich, wenn die Baugenehmigung erteilt und die Baufreigabe erfolgt ist.“ Bis dahin bleibt die Faruq-Gemeinde auf Provisorien angewiesen sein.
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