Mannheim. Es war nur kurz in der Welt. Aber auch in der „Bild“. Im November titelte das Boulevardblatt: „Moschee gibt Ehe-Kurse für Mädchen ab 13 Jahren.“ Da hatte das Al Faruq Center dem „MM“ bereits versichert, dass das keineswegs so sei, und einige „unglückliche Formulierungen“ bedauert. Der Flyer, der jenen „Mädelsabend“ in sozialen Medien beworben hatte, war schon gelöscht, die Veranstaltung abgesagt. Doch das linderte die Aufregung kaum. Die Mannheimer CDU hatte im Gemeinderat auch eine Stellungnahme der Stadt gefordert. Dieser Antrag wurde jetzt, mehr als fünf Monate später, im Integrationsausschuss behandelt.
Weil Christian Specht vorher einen unaufschiebbaren Termin hatte, begann die Sitzung am Dienstag zwei Stunden später als üblich um 18 Uhr. Gegen 20 Uhr ruft der CDU-Oberbürgermeister dann jenen Tagesordnungspunkt auf. Er erteilt Claus Preißler das Wort. Der städtische Integrationsbeauftragte spricht von einem „kommunikativen Desaster“, das zu Recht Irritationen ausgelöst habe. Die Stadtverwaltung sei auf jene Muslimgemeinde direkt zugegangen, um Aufklärung zu fordern.
Wegen Plänen für Moschee-Neubau in Käfertal-Süd ohnehin im Fokus
Der Islamische Arbeiterverein steht in Mannheim seit eineinhalb Jahren im Fokus, weil er in Käfertal-Süd eine neue Moschee bauen will. Früher wurde er mit einem radikalen Salafisten zugerechneten Imam vom Verfassungsschutz beobachtet. Der hat mittlerweile dem Omar Al Faruq Center bestätigt, dass von ihm keine Gefahr mehr ausgehe.
Über jene Seminarreihe berichtet Preißler, was größtenteils schon seit November bekannt ist. Weibliche Jugendliche hätten sich diese gewünscht, weil sie zwei moderne Phänomene verunsicherten: „toxische Männlichkeit“ unter jungen Muslimen sowie die in den USA von sogenannten „Tradwives“ geforderte Rückbesinnung auf eine traditionelle Hausfrau- und Mutterrolle.
Zwei junge Frauen der Gemeinde hätten daraufhin das Konzept der „Mädelsabende“ für über 13-Jährige entwickelt. Um einen sicheren Raum zum Austausch zu schaffen, das Selbstvertrauen der Jugendlichen zu stärken und ihnen auch Werte wie sexuelle Selbstbestimmung zu vermitteln. Die beiden seien sehr einsichtig, dass dazu aber die Formulierung „Zur Ehevorbereitung“ auf dem Flyer gar nicht gepasst habe. Sie hätten dann auch von sich aus vorgeschlagen, die Mädchenbeauftragte des Jugendamts einzubeziehen.
Specht: Trotz maximal schlechter Kommunikation etwas Positives
Es sei die erste derartige Kooperation mit einer Moscheegemeinde, so Preißler, also „jenseits des kommunikativen Desasters“ ein wertvoller Weg. Nach dem Ramadan gehe die Reihe los. Auch Specht lobt, trotz „maximal schlechter Kommunikation“ entwickle sich etwas Positives.
Redebeiträge aus den Fraktionen gibt es dazu keine. Nicht völlig ausgeschlossen, dass da auch die späte Uhrzeit eine Rolle spielt. Nur Erich Schimmel meldet sich, der neue Vorsitzende des Migrationsbeirats. Die Stadtspitze hätte das Gremium schon früher informieren müssen, kritisiert er. Und der Islamgemeinde bescheinigt Schimmel in den vergangenen Jahren eine „Öffnung, die ihresgleichen sucht“.
Der Oberbürgermeister weist den Vorwurf zurück. Die Verwaltung habe umgehend auf den Flyer reagiert, auch wenn sie den Migrationsbeirat nicht direkt einbezogen habe.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Unfassbarer Flyer von Moscheegemeinde