Mannheim. Sie tasten sich nur langsam vor. Meter für Meter rollen die Autos in die Kreuzung ein. Die Sicht für die Fahrerinnen und Fahrer nach links und rechts ist eingeschränkt. Große Lkw erschweren die Blicke. Auch deren Fahrer sind vorsichtig, ehe sie an der Kreuzung am Edinger Riedweg entweder in die Rhenaniastraße abbiegen oder weiter geradeaus in den Hafen oder in Richtung B36 fahren. Auch Menschen, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind, blicken mit einer Mischung aus Rat- und Hilflosigkeit auf die volle Straße vor ihnen.
Eigentlich sollen Ampeln hier die Vorfahrt regeln. An diesem Montagmorgen aber bleiben deren Lichter aus. Kein rot, kein grün – stattdessen gelten die an den Masten hängenden Verkehrsschilder. Die fehlende Routine an dieser Stelle führt dazu, dass die viel genutzte Kreuzung in Rheinau-Süd im Berufsverkehr reichlich unübersichtlich wirkt.
Überhaupt bleiben in diesen Wochen in Mannheim gefühlt viele Ampeln schwarz. Mitte April hatte die Stadt informiert, dass die Anlage an der Kreuzung von Parkring - Bismarckstraße - Schleusenweg wieder in Betrieb sei. Die Anlage auf dem stark frequentieren Knotenpunkt war zuvor acht Tage lang ausgefallen. Kurz darauf teilte die Stadt dann mit, dass die Ampel im Bereich Wingertsbuckel am Ortseingang Wallstadt außer Betrieb sei, nachdem sie bei einem Unfall beschädigt wurde.
Auch unter anderem in Käfertal oder auf der Friesenheimer Insel waren zuletzt Anlagen ohne Lichter zu sehen. Aktuell fällt außerdem die immer wieder und in unregelmäßigen Abständen nicht funktionierende Fußgänger- und Verkehrsampel auf dem Kaiserring an der Haltestelle Kunsthalle in Fahrtrichtung Hauptbahnhof auf.
Suche nach Fachkräften: Stadt Mannheim musste Servicezeiten reduzieren
Der Eindruck, dass Ampeln häufiger ausfallen, aber täuscht, antwortet Kevin Ittemann, Sprecher des von Diana Pretzell (Grüne) geführten zuständigen Dezernats für technische Betriebe, auf Anfrage dieser Redaktion. So sind zwischen Januar und Juni pro Monat etwa 200 bis 230 Störungen registriert worden. Für den Großteil des Jahres entspräche das in etwa den Zahlen des Vorjahrs. Für Mai und Juni habe es sogar etwa 70 Meldungen weniger gegeben.
Die Ursache für das Auslösen des Schutzschalters können wir nicht benennen. Das Steuergerät entspricht einer älteren Generation, die eine detaillierte Diagnose nicht ermöglicht.
Allerdings: Wenn in Mannheim Ampeln ausfallen, dauert es seit Oktober 2024 oft länger, bis sie wieder funktionieren. „Aufgrund von Renteneintritten mehrerer Mitarbeiter mussten die Servicezeiten reduziert werden“, begründet der Sprecher diesen Umstand.
War bis Oktober 2024 von montags bis freitags zwischen 5 und 22 Uhr sowie samstags von 6 bis 14.30 Uhr immer mindestens ein Mitarbeiter im Dienst, musste das Dezernat diese Zeiten anpassen. Nun sind zuständige Mitarbeiter montags bis donnerstags von 7 bis 16 Uhr sowie freitags von 7 bis 12 Uhr regulär im Einsatz. An Samstagen hingegen nicht mehr.
„Nur noch die im Hinblick auf Verkehrssicherheit wichtigsten 113 Lichtsignalanlagen werden außerhalb der regulären Dienstzeit aus Rufbereitschaft repariert“, erklärt Ittemann. Die restlichen etwa 350 Ampeln müssen hingegen in den verkürzten Zeiten betreut werden. Ob – und wenn ja, wann – eine Rückkehr zum umfangreicheren Service möglich ist, kann er nicht sagen. Neben der Suche nach Fachkräften hänge dies unter anderem von der Einarbeitung neuer Beschäftigter ab – so sie denn gefunden werden.
Komplette Erneuerung von Ampel in Mannheim teilweise auch zu teuer
An jenem Montagmorgen am Edinger Riedweg hat eine fehlerhafte Sicherung den Strom der Ampel für etwa anderthalb Stunden gekappt. „Die Ursache für das Auslösen des Schutzschalters können wir nicht benennen. Das Steuergerät entspricht einer älteren Generation, die eine detaillierte Diagnose nicht ermöglicht und das Auslösen auf verschiedenen Gründen basieren kann.“
Auch die defekte Ampel auf dem Kaiserring ist bekannt. Die Lichter seien dort am 2. Mai zum ersten Mal ausgefallen, sagt Ittemann. Bis zum 11. Juni gab es eine weitere Störung – danach ist die Ampel bislang an zwölf weiteren Tagen zeitweise ausgefallen.
Ein direkter Austausch sämtlicher möglicherweise ursächlicher Anlagenteile käme einer Kompletterneuerung der Anlage gleich, was aus wirtschaftlicher Sicht nicht verantwortet werden kann.
Die Verwaltung sucht nach der Ursache. Ein kompliziertes Unterfangen, wie es scheint. Man zieht mehrere Fehlerquellen in Betracht, die schrittweise geprüft werden. „Ein direkter Austausch sämtlicher möglicherweise ursächlicher Anlagenteile käme einer Kompletterneuerung der Anlage gleich, was aus wirtschaftlicher Sicht nicht verantwortet werden kann“, erläutert der Dezernatssprecher.
Vandalismus an Stromkästen möglicherweise für weitere Ausfälle verantwortlich
Weil der Fehler immer wieder auftritt, fällt die Ampel häufiger aus – auffallend oft übrigens zur Mittags- oder Nachmittagszeit bei „hohen Temperaturen mit gleichzeitiger Sonneneinstrahlung“. Die Verwaltung zieht neben möglichen Defekten im Bereich der Steuerung deshalb auch ein thermisches Problem in Betracht.
Möglicherweise könnten die hohen Temperaturen durch eine dunkle Lackierung verursacht werden, die die Verwaltung am Steuergeräteschrank festgestellt hat. Immerhin: In den vergangenen Tagen sei ein weiteres möglicherweise defektes Teil des Steuergeräts ausgetauscht worden, erklärt Ittemann. „Wir sind daher vorsichtig optimistisch, das fehlerhafte und möglicherweise temperaturanfällige Bauteil gefunden und ausgetauscht zu haben. Mit Sicherheit bestätigen können wir dies zum aktuellen Zeitpunkt allerdings noch nicht.“
Ist also Vandalismus für die defekte Ampel verantwortlich? Die Verwaltung jedenfalls registriert im gesamten Stadtgebiet in letzter Zeit „sehr verstärkt“ schwarz und blaue Schmierereien an entsprechenden Schränken. Bei den meisten seien nur die Grundfarben in schwarz und blau. „An manchen Steuergeräteschränken sind uns auch weitere Hinweise, die auf eine Verbindung zum SV Waldhof deuten können, aufgefallen“, führt der Sprecher aus.
Technik an Mannheimer Ampeln oft auch veraltet: Keine Ersatzteile erhältlich
Weil die Farbe kaum abwaschbar ist, sei eine Reinigung der Kästen nicht immer möglich. Dafür müssten chemische Mittel zur Reinigung verwendet werden, die aber wiederum das Material des Schranks angreifen würden. Im Zweifel müsse der gesamte Schrank ausgetauscht werden. „Neben den in der Hitzeentwicklung begründeten Ausfällen führt es zu einem deutlich erhöhten Arbeitsaufwand und zu deutlich erhöhten Instandhaltungskosten unsererseits, wenn wir jeden Schrank sofort austauschen würden.
Der Austausch ist zudem nicht immer möglich, da für manche Schranktypen keine Ersatzteile mehr erhältlich sind“, erläutert der Sprecher. „Diese Art des Vandalismus an der Verkehrsinfrastruktur lässt sich leider kaum verhindern und auch nur sehr selten erfolgreich nachverfolgen.“ Eine Schätzung des bislang entstandenen Schadens kann er nicht geben. Schließlich sei nicht immer klar, ob der Ausfall der Ampeltechnik eine Folge der Schmierereien sei.
Indes ist am Edinger Riedweg am Donnerstagvormittag die Ampel ein weiteres Mal ausgefallen. Keine Seltenheit in Mannheim.
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