Mannheim. Mannheim, wie wär’s mit … sich mehr zu den Flüssen zu öffnen?“ – der Beitrag von „MM“-Redakteurin Anke Philipp war bei unserer Serie „75 Ideen für ein besseres Mannheim“ von den Leserinnen und Lesern zur Sieger-Idee gewählt worden. Das zeigt, dass sich viele Mannheimer eine bessere Nutzung der Uferflächen wünschen. Wir zeigen, was in Mannheim bislang passiert und was noch geplant ist. Und schauen, was andere Städte aus ihrer Lage am Wasser machen.
Mannheim
Zu den wichtigsten Entwicklungen am Wasser in Mannheim in den letzten Jahren gehören die Sanierung des Strandbad-Areals am Rhein und vor allem die Entwicklung am Verbindungskanal im Jungbusch, wo Musikpark, Popakademie, das Existenzgründerzentrum C-Hub sowie private Wohnangebote entstanden sind. Am Neckarufer in der Neckarstadt wurden unter anderem Abgänge zum Wasser sowie eine Flachwasserzone errichtet. Dort – unterhalb der Dammstraße – sollen in Zukunft noch weitere Freizeitangebote entstehen. Auch auf der anderen Neckarseite soll es durch die geplante Neubebauung des Collini-Areals und die Neugestaltung des Böckler-Platzes in den kommenden Jahren einen besseren Zugang zum Neckar geben. Am südlichen Teil des Verbindungskanals möchte die Stadtverwaltung künftig ebenfalls noch mehr Sport- und Freizeitnutzung ermöglichen. Doch in Mannheim gibt es auch Hürden bei der Nutzung der Flächen am Wasser, wie Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) jüngst in einem Interview mit dieser Redaktion erklärt hatte. „Viele Wasserlagen in Mannheim sind entweder durch Naturschutzgebiete oder durch industrielle oder gewerbliche Nutzung geprägt“, so Kurz. Er weist vor allem auf den Hafen hin, der dem Land gehört. „Die klassische städtische Nutzung im Sinne von Wohnen und Freizeitangeboten lässt sich da schwer realisieren.“
Ladenburg
Im Rahmen der sogenannten kleinen Landesgartenschau im Jahr 2005 hat Ladenburg zentrale Bereiche am Neckar neu gestaltet. Aus dem ehemaligen Sportplatz wurde die heutige Festwiese, die Aussichtsplattform wurde neu installiert, und der neue Sandstrand zwischen Neckarwiese und Festwiese ist entstanden. „All diese Maßnahmen haben deutlich und nachhaltig zur Steigerung der Attraktivität des Neckarufers als Aufenthaltsort beigetragen“, erklärt Nicole Hoffmann, die Referentin von Bürgermeister Stefan Schmutz. Gerade in den Sommermonaten gebe es dort viele Veranstaltungen, etwa Konzerte.
Mit Ausnahme des unmittelbaren Uferbereichs – der gehört dem Bund – ist die Stadt Ladenburg Eigentümerin der Flächen. Für die Pflege ist die Stadt laut Hoffmann dagegen komplett verantwortlich. Die Stadt investiert hier viel Arbeit, weshalb die Flächen auch immer ziemlich herausgeputzt aussehen. Es werde im Sommerhalbjahr bis zu 18 Mal gemäht. Und Müll werde jeden Tag beseitigt, im Sommerhalbjahr auch an den Wochenenden, so Hoffmann. Festwiese und Neckarwiese sind zwar als Überschwemmungsgebiet eingestuft. Aber das, sagt die Referentin, „verhindert keine Freizeitnutzung, lediglich die Bebauung ist eingeschränkt“.
Heidelberg
Die Heidelberger Neckarwiese unterhalb von Neuenheim mit ihren unterschiedlichen Angeboten vom Spielplatz über das Volleyballfeld bis zur Liegewiese gilt vielen als Paradebeispiel für eine attraktive Fläche am Wasser. Sie wird von der Stadt Heidelberg auch mit großem Aufwand gepflegt, wie eine Rathaus-Sprecherin erklärt. So würden im Frühjahr „intensive Rasenaufbereitungsarbeiten“ vorgenommen – bei großflächigen Schädigungen schon auch mal mit Rollrasen. Während des Sommers mähen die Stadtgärtner wöchentlich, bei Hitze wässern sie auch zwei bis drei Mal die Woche. Jeden Tag – auch am Wochenende – wird Müll aufgesammelt. Anders als viele Uferflächen in Mannheim liegt die Heidelberger Neckarwiese nicht im Landschaftsschutzgebiet.
Doch auch über die Neuenheimer Neckarwiese hinaus will Heidelberg die „Stadt an den Fluss“ bringen – seit 2016 laufe das gleichnamige Projekt, so die Sprecherin. Ziel sei es unter anderem, an möglichst vielen Ufer-Abschnitten attraktive Fuß- und Radwege zu schaffen. Dabei ist zum Beispiel die Uferpromenade in der Altstadt in Höhe der Stadthalle entstanden. An bestimmten Stellen werden zudem auch sogenannte Pop-up-Beaches, Pop-up-Lounges und Ruhe-Oasen eingerichtet. Die Flächen am Heidelberger Neckarufer gehören zum größten Teil dem Bund. Die Zusammenarbeit mit der Stadt bei möglichen Nutzungsideen laufe gut, so die Sprecherin.
Ludwigshafen
Auch in Mannheims Nachbarstadt hat sich unter dem Stichwort Rheinufer Süd in den vergangenen Jahren sehr viel getan. Möglich wurde das durch drei Entwicklungen auf dem Gebiet südlich der Konrad-Adenauer-Brücke: Die Gießereien der Halbergerhütte wurden geschlossen, der Halberg-Maschinenbau verkleinert (und später ganz aufgegeben) und das VBL-Straßenbahndepot verlagert – so dass nach der Verlegung der Rheinuferstraße ab 2003 das bedeutendste Neubaugebiet der Stadt entstand. Dort sind auf der rund 32 Hektar großen Fläche, die damit ungefähr den Ausmaßen von 64 Fußballplätzen entspricht, bis 2020 mehr als 2000 Wohnungen sowie zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen worden. Aber auch nördlich der Adenauer-Brücke hat sich Ludwigshafen deutlich verändert und zum Rhein hin geöffnet: durch den Bau der rund 220 Millionen Euro teuren Rhein-Galerie auf dem Gelände des früheren Zollhofhafens. Denn neben dem 2010 in Betrieb genommenen Einkaufszentrum entstanden dort eine neue Promenade und der Platz der Deutschen Einheit mit seinen großen Stufen Richtung Ufer.
Die Serie
- Zum 75. Geburtstag des „Mannheimer Morgen“ haben wir „75 Ideen für ein besseres Mannheim“ vorgestellt. Bei einer Abstimmung konnten unsere Leserinnen und Leser die beste Idee wählen. Gewonnen hat der Beitrag von Redakteurin Anke Philipp mit dem Thema „Mannheim, wie wär’s mit … sich mehr zu den Flüssen zu öffnen?“.
- Das nehmen wir nun zum Anlass für eine Serie mit dem Titel „Leben an zwei Flüssen“. Sie beschäftigt sich in loser Folge mit der Nutzung der Flächen an Neckar und Rhein. Es geht dabei um die Frage, welche Ideen bislang umgesetzt wurden, was noch geplant ist und aus welchen Plänen nichts wurde und warum.
- Was wünschen Sie sich, liebe Leserinnen und Leser, konkret bei der Nutzung der Flächen an Rhein und Neckar? Schicken Sie uns Ihre Ideen an lokal@mamo.de.
Speyer
Ein immer größer werdender Anteil der Touristen, die Speyer und seinen Dom besuchen wollen, kommt per Ausflugsschiff über das Wasser. So hat man das Rheinufer, das seit 2018 Helmut-Kohl-Ufer heißt, in den vergangenen zwei Jahrzehnten einer Aufwertung unterzogen. Es ist schließlich der erste Eindruck, für den es keine zweite Chance gibt. Mit dem alteingesessenen „Alten Hammer“ und dem modernen „Rentschlers“ sind es zwei Gastronomiebetriebe, die quasi als Empfangskomitee bereitstehen und den Blick auf den Strom als Hauptattraktion bieten. Vor den beiden Betrieben flanieren bei guter Witterung auf etwa 500 Metern Länge Hunderte Spaziergänger. Der Rheinstrand mit Bar ist vor allem für ein jüngeres Publikum anziehend. Partys und Konzerte haben in der Vergangenheit aber auch schon für kleinere Konflikte mit der wenige Meter entfernt liegenden Jugendherberge gesorgt. Lange und kontroverse Diskussionen gibt es in der Domstadt immer wieder über die Wohnbebauung am nördlichen Ende des Speyerer Rheinufers. Hier sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten rund um die Marina und den Yachthafen Hunderte Wohnungen (Residenzen) entstanden, die gleichsam einen Riegel für kühle Innenstadtdurchlüftung vom Rhein her darstellen. Ein Resultat: Speyer war im vergangenen Jahr die heißeste Stadt in Deutschland.
Bingen
Bingen hat sich mit der Ausrichtung der Landesgartenschau auf 2,8 Kilometer entlang des Rheins „enorm aufgewertet“, teilt Bingens Stadtsprecher Jürgen Port mit. Dabei wurden unter anderem neue Rheinanlagen (Parks) geschaffen und zudem im Bebauungsplan ein Wohnquartier ausgewiesen. Es bietet 800 Menschen Platz. Herausforderung bei allen Uferaufwertungen: Die Schaffung von Hochwasserretentionsräumen für Anlagen und neue Gebäude. Die Ertüchtigung am Ufer soll weitergehen: „Die vorhandenen Landesgartenschauflächen für die Buga 2029 werden eine Aufwertung erhalten“, erläutert Stadtsprecher Port.
An Bingens Uferflächen werden am Kulturufer derweil Geschichte und Regionalität erlebbar. Mit Schaugärten, Sportplätzen, Denkmälern, Museen und Verweilorten lockt es Touristen und Einheimische. Mit dem „Historischen Museum am Strom – Hildegard von Bingen“ etwa wurde ein Ort geschaffen, der „das Werk der berühmtesten Frau des Mittelalters darstellt“, so Port über das Museum direkt am Wasser mit regionalem Bezug. „Das Kulturufer ist Kulisse, Begegnungsstätte, Spielplatz, Open Air-Bühne, Park, Museum, Galerie und ein Ort für Weingenuss in einem“, fasst Port zusammen.
Köln
Eine Stadt, die das „Hin zum Wasser“ lebt und viel dafür tut, ist Köln. Mit einem Kölsch in der Hand promenieren die Menschen am Fluss. Dazu gibt es Gastronomie, soweit das Auge reicht. Ob belebter Rheinboulevard und Panoramatreppe mit Blick auf Dom und Altstadt: Man habe sukzessive„die Freiflächen am Rhein besser zugänglich gemacht, ein Prozess, der über Jahrzehnte ging“, sagt Kölns Stadtsprecher Robert Baumanns. Zwei Bugas, die Tunnelung der Rheinuferstraße plus Anlage eines Rheingartens oder Entwickeln des Rheinauhafens zum „gemischten Quartier“ gehörten dazu.
Baumanns sagt: „Die große Freitreppe etwa ist ein großer Gewinn für die Stadtgesellschaft und wird entsprechend stark genutzt.“ Die Folgen laut Baumanns aber auch: Schmutz und hoher Aufwand für Reinigung. Die Stadt justierte nach, sprach Grill- und Shishaverbote aus. Nach Konflikten wacht zudem ein Sicherheitsdienst, die Treppe wird beleuchtet und bestreift. Im Blick bei den Erneuerungen hat Köln aktuell besonders die rechtsrheinische Seite. Ähnlich wie das abwertende „Lumpenhafen“ hier trägt diese Seite in Köln scherzhaft den Namen „Schäl Sick“, die „Falsche Seite“ . Bei einem neuen Planungsaspekt geht es jetzt auch um die Verbindung beider Seiten der gesamten Region: „Gemeinsam mit den Nachbarstädten Leverkusen und Wesseling haben wir eine Machbarkeitsstudie für ein Wasserbussystem auf dem Rhein in Auftrag gegeben“, sagt Baumanns. Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass „im stark verdichteten Raum viele Ziele optimaler erreicht werden können, mit erheblichen Reisezeitreduzierungen“. Geplant ist ein Ausbau mit bis zu drei Linien, der Fokus liege auf umweltverträglichen Amphibienfahrzeugen.
Hamburg
Die Hafencity ist wohl das bekannteste Beispiel dafür, wie Flächen am Wasser neu genutzt werden können. Nach Angaben der Stadt handelt es sich dabei um das größte innerstädtische Entwicklungsvorhaben in Europa – das nicht nur dank der Elbphilharmonie längst zu einer Touristenattraktion geworden ist. Auf einer Fläche von 157 Hektar, was ungefähr 300 Fußballplätzen entspricht, seien mehr als 7500 Wohnungen und bis zu 45 000 Arbeitsplätze vorgesehen. Insgesamt werden laut Entwicklungsgesellschaft hier rund 13 Milliarden Euro investiert, davon drei Milliarden durch die öffentliche Hand.
Begonnen haben die Planungen 1991 nach dem Fall der Mauer: Durch die geopolitische Umwälzung hatte sich die Lage für die Stadt verändert. Gleichzeitig wollte der Hafen, ein städtisches Unternehmen, seine Kapazitäten für den Containerbetrieb ausbauen und bei Altenwerder, weiter südlich an der Elbe, neue Flächen erschließen. Die alten, zentralen Lagen wurden immer weniger genutzt, da sie für den Containerbetrieb ungeeignet waren. So konnte das Projekt umgesetzt werden: 2001 begann der Bau des ersten Gebäudes der Hafencity, zwischen 2025 und 2030 soll sie fertig sein.
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Düsseldorf
Der Medienhafen ist für viele Fachleute nach wie vor als Paradebeispiel dafür, wie Flächen am Wasser umgewandelt werden können. Das Gebiet des Zoll- und Handelshafens galt Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre als Schmuddelecke der Stadt: Als Umschlagsort der Binnenschifffahrt, wo einst Stückgut wie Säcke, Fässer oder Pakete auf Züge verladen worden waren, spielte die Fläche aufgrund des Siegeszugs der Container-Terminals kaum noch eine Rolle.
So beschloss 1974 der Rat der Stadt, der die Flächen gehörten, das Hafengebiet drastisch zu verkleinern und zu versuchen, dort Unternehmen aus der Medien- und Unterhaltungsbranche anzusiedeln. Das etwa 13 Hektar große Gebiet wurde umgestaltet: 1988 wurde das WDR-Funkhaus eröffnet, 1993 der Rheinufertunnel, 1999 die ebenso markanten wie „schrägen“ Gehry-Bauten, die sich zum Wahrzeichen entwickelten. Zwar sollen Medienunternehmen nie mehr als zehn Prozent der angesiedelten Firmen ausgemacht haben, ein Erfolg wurde das Projekt dennoch: weil es sich zur Ausgehmeile und Touristenattraktion entwickelte – und die Stadt nach Angaben eines Sprechers relativ wenig kostete.
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