Mannheim. In acht Tagen werden um Mitternacht wieder Gestalten mit Werkzeug und Leitern durch die Straßen huschen, die keine Einbrecher sind. Anders als diese wollen sie größtmögliche Aufmerksamkeit erregen: Ab Samstag, 6. Mai, 0 Uhr, ist Plakatwerbung für die Oberbürgermeister-Wahl am 18. Juni erlaubt.
Jetzt dürften einige einwenden: „Was? Der Riehle und der Specht hängen doch schon überall!“ In der Tat sind seit geraumer Zeit Plakate des SPD-Bewerbers und neuerdings auch in großer Zahl des – von Mannheimer Liste und FDP ebenfalls unterstützten – CDU-Kandidaten zu sehen. Auf Anfrage bestreiten beide allerdings, dass es sich dabei um unzulässige Wahlwerbung handle.
Erst sechs Wochen vor der Wahl
Generell sind Wahlplakate zwar erst sechs Wochen vor der Wahl erlaubt. Aber davon gibt es zwei Ausnahmen: Veranstaltungshinweise und politische Werbung für allgemeine Ziele.
Auf Letzteres beruft sich Thorsten Riehle, der plakativ „Beste Aussichten: Viel Spaß auf der Buga!“ wünscht. Die SPD-Fraktion sei die einzige im Gemeinderat, die von Beginn an geschlossen die Bundesgartenschau befürwortet habe, sagt Riehle dem „MM“. Er selbst verantworte das Thema als Fraktionschef seit vielen Jahren, das belegten auch zahlreiche Veranstaltungen und – in der Pandemie – Online-Austausche.
Somit sei „klar ein Bezug zur politischen Arbeit der SPD-Fraktion gegeben“. Auch sei die Gartenschau in Mannheim ja nach wie vor umstritten. Damit handle es sich bei jeder Aussage zu ihr, insbesondere von einer Gemeinderatsfraktion, automatisch um eine politische. „Zumal sie auch Kontroversen hervorruft.“
Von Specht, der als Ordnungsbürgermeister die oberste Zuständigkeit fürs Vorgehen gegen illegale Plakate hätte, liest man an einigen Orten die Botschaft: „Dein Mannheim kann mehr.“ Darüber steht, etwas kleiner, ein direkter Hinweis, man solle am 18. Juni für ihn stimmen.
Aber augenscheinlich ist diese Wahlwerbung nur an privaten Gebäuden zu sehen. Auf Anfrage bestätigt der Christdemokrat, dass die städtische Plakatierungsrichtlinie nur für den öffentlichen Raum gilt.
Kommunalwahl 2019 - Ärger über Plakate-Dschungel
Seit Mittwoch sind indes vielerorts am Straßenrand auch Plakate zu finden, die ein großes, weißes C zeigen. Die Freifläche in der Mitte, dazu braucht es weder viel Fantasie noch ornithologischen Sachverstand, sieht einem Specht nicht unähnlich. Darunter steht klein „18. Juni 2023“. Darauf am Donnerstag angesprochen, antwortet Specht: Auf jenem Plakat werde auf das Datum der Wahl hingewiesen, „dies jedoch bewusst ohne Namensnennung oder Foto eines Kandidaten“.
Ohne irgendwem irgendwas unterstellen zu wollen: Wer zur rechten Zeit politische Botschaften plakatiert (vier Wochen lang zulässig), für Veranstaltungen wirbt (15 Tage vorher erlaubt) oder andere Rechtfertigungen findet, hat einen Vorteil. Er kann sich schon vor Beginn der Sechs-Wochen-Frist die besten Plätze in der Stadt sichern und dann seine Plakate einfach austauschen.
Vor der Kommunalwahl 2019, bei der sich viele Menschen in Mannheim sehr über den Plakate-Dschungel ärgerten, machten Sozial- und Christdemokraten – beide mit entsprechenden finanziellen Ressourcen – davon noch mehr Gebrauch. Da hingen schon sehr früh viele angebliche politische Botschaften der SPD wie „Mein Mannheim macht Kinder stark“.
Und die CDU warb massiv für Veranstaltungen aller Art, darunter sogar einstündige Telefonsprechstunden einer Bezirksbeirätin. Danach gelobten die Parteien Besserung. Bei der Landtags- und der Bundestagswahl 2021 hielten ihre guten Vorsätze auch.
Und jetzt bei der OB-Wahl? Absprachen zur Zurückhaltung hat es dem Vernehmen nach jedenfalls nicht gegeben. Nur einen Workshop, bei dem die Stadtverwaltung die geltenden Vorschriften erläuterte. Die Möglichkeiten zum Plakatieren seien ja schon relativ stark eingeschränkt worden, so Ordnungsbürgermeister Specht. „Wenn sich alle an die Richtlinie halten, wird es meines Erachtens keine zusätzliche Vereinbarung zwischen den Kandidatinnen und Kandidaten brauchen.“
Regeln vor dieser Wahl gelockert
Nach einigen Verschärfungen hat der Gemeinderat Anfang Februar aber auch einzelne Lockerungen beschlossen. So wurde ersatzlos gestrichen, dass an einem Mast nicht mehr als zwei Plakate zulässig sind. Diese dürfen jetzt auch – etwa mit Dreiecksständern – vor Bäumen kleben, sofern sie Stamm und Äste nicht berühren. Dagegen hat aus Natur- und Tierschutzgründen einzig die LI.PAR.Tie gestimmt, die auf solche Wahlplakate nun verzichten will.
Ansonsten bleibt es bei den bekannten Regeln. Demnach müssen Plakate unter anderem 15 Meter von Kreuzungen entfernt sein und sind an Verkehrszeichen verboten.
Info: Die städtische Plakatrichtlinie: www.bit.ly/421g1JA
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