Mannheim. Sollte die Verwaltung unter anderem bei Sitzungen des Gemeinderats und allen anderen Veranstaltungen der Stadt ab 2023 „grundsätzlich nur pflanzliche und vorwiegend regionale und saisonale Verpflegung“ anbieten? Diese Frage hat die Gemeinderatsfraktion der Grünen mit dem Antrag „CO2-Fußabdruck mit nachhaltiger Verpflegung verringern“ aufgeworfen - und damit für Diskussionen in und außerhalb der Fraktion gesorgt. So hatten wie berichtet fünf der 13 Mitglieder der Fraktion jenen Antrag gar nicht unterstützt, über den zuletzt nun der Hauptausschuss diskutiert hat.
„Es ist uns wichtig, dass die Debatte mit dem notwendigen Ernst geführt wird“, erklärt Fraktionsvorsitzende Stefanie Heß wenige Tage nach der Sitzung dieser Redaktion. „Wir freuen uns deshalb, dass es im Hauptausschuss eine gute Diskussion gab, die neue Anstöße an die Verwaltung geben konnte.“
Gegenantrag von ML
Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) hatte zu Beginn empfohlen, den Antrag abzulehnen, weil es aus Sicht der Verwaltung zu weit gehe, bei städtischen Veranstaltungen „Essensgewohnheiten zur Vorgabe“ zu machen. Es stehe außer Frage, ein dem Antrag entsprechend attraktives Essensangebot zu gestalten. Die Verwaltung könnte gemäß ihrem Leitbild auch einen stärkeren Impuls für fleischlose Angebote setzen. „Einen Ausschluss (von Fleischangeboten) halten wir schlicht und einfach für nicht angemessen, weil das als ,erzieherische Maßnahme’ verstanden wird.“ Zudem gebe es Veranstaltungen, bei denen die Vermittlung eines rein pflanzlichen Essensangebots „schwierig“ sei.
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Patrick Haermeyer (Grüne) verwies auf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die eine Ernährung entwickelt haben, die für 2050 prognostizierte globale Probleme lösen solle. Bei einer dann angenommenen Weltbevölkerung von zehn Milliarden Menschen sollten diese etwa nur 14 Gramm rotes Fleisch am Tag essen. „Wir müssen uns fragen, wie wir mit politischen Maßnahmen gemeinsam bis 2050, wir als Mannheim bis 2030, im Konsum von tierischen Produkten klimakompatibel werden.“ Der Antrag solle deshalb „ein kleiner Schritt“ sein und „zeigen, was möglich ist“. Er sei aber keine Bevormundung, sondern lediglich ein Angebot. Diesen Punkt unterstreicht im Laufe der Debatte auch Heß. Haermeyer sagt: „Wir wissen nicht, wie wir es ohne Maßnahmen schaffen wollen, den Konsum tierischer Produkte tatsächlich um 75 Prozent zu reduzieren.“
Die Mannheimer Liste hatte ihrerseits den Antrag „Keine grüne Bevormundung: Vielfalt beim Essens- und Verpflegungsangebot beibehalten“ eingereicht. Der Fraktionsvorsitzende Achim Weizel erklärt, der Mensch sei ein Allesfresser. Die Annahme, eine vegane Ernährung sei gesünder, bezeichnete der Mediziner auch mit Verweis auf die Deutsche Gesellschaft für Ernährung als nicht richtig. „Es gibt keine Untersuchung, dass man mit veganer Ernährung länger lebt - es kommt den Leuten nur länger vor.“ Weizel erkenne die ökologischen Punkte des Grünen-Antrags an. „Aber hier muss jeder für sich selbst entscheiden.“
Kurz will Möglichkeiten prüfen
Claudius Kranz, er führt die CDU-Fraktion, schließt sich der Haltung an und will viel Regionales und Vegetarisches anbieten, „am besten einfach verarbeitete Lebensmittel, in denen nicht viele Zusatzstoffe enthalten sind“. Birgit Reinemund, Vorsitzende der FDP/MfM, erklärt, „den mündigen Bürger zu überzeugen und zu motivieren, aber nicht zu erziehen und zu bevormunden“. Nur so könnte Verständnis geschaffen werden. „Deshalb kann ich den Antrag (der Grünen) nicht verstehen.“
Der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Thorsten Riehle, schildert seinen Eindruck, dass die vegetarisch-vegane Variante bei größeren Catering-Veranstaltungen „nicht besonders attraktiv ist“. Er regt an, „deutlich attraktivere Angebote zu gestalten“, um Menschen für fleischlose Angebote zu begeistern. „Das hätte einen größeren Effekt, als die Fleischvariante von vornherein wegzulassen.“
Li.Par.Tie-Vorsitzender Dennis Ulas sieht die Notwendigkeit, die Ernährung aus Klimaaspekten umzustellen. Er ruft aber zu mehr Gelassenheit in der Diskussion auf. „Wenn Menschen nicht wüssten, dass beim Büffet nur vegane Gerichte angeboten werden, würden es viele vielleicht gar nicht merken.“ Er selbst habe Sympathie für den Antrag, verwies aber auf „kontroverse“ Diskussionen in der Fraktion. „Obwohl bei uns die Tierschutzpartei mit dabei ist, wurde es nicht einstimmig diskutiert.“ Ulas hoffe, dass der Antrag „ein Umdenken bewirken wird“.
Zwar herrscht viel Einigkeit, dass etwa bei Sitzungen des Gemeinderats mehr Veganes angeboten wird, abgelehnt wird der Grünen-Antrag trotzdem. Oberbürgermeister Kurz kündigt bereits vor der Abstimmung aber an, „nochmals etwas konsequenter zu schauen“, wo es Möglichkeiten gibt, das Thema „deutlicher zu befördern“.
Heß sieht darin ein wichtiges Signal. „Wir warten erstmal ab, mit welchen Vorschlägen die Verwaltung auf den Gemeinderat zukommt“, antwortet die Vorsitzende auf die Frage der Redaktion, ob die Fraktion weitere Anträge plane. „Wir müssen das Thema ernsthaft angehen und in der Gesellschaft diskutieren.“
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Mannheims Grüne gehen einen mutigen Schritt!