Gemeinderat

Mannheims Grüne schlagen vegane Ernährung bei städtischen Veranstaltungen vor

„Es geht uns darum, eine Debatte anzustoßen“: Die Grünen schlagen vor, auf Veranstaltungen der Stadt ab 2023 nur noch pflanzliche Verpflegung anzubieten. Der Vorschlag ist auch innerhalb der Fraktion umstritten.

Von 
Sebastian Koch
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Geht es nach der Grünen-Fraktion soll es ab 2023 bei städtischen Veranstaltungen „nur pflanzliche und vorwiegend regionale und saisonale Verpflegung“ geben. © dpa

Um gleich zu Beginn den Blutdruck zumindest wieder etwas einzufangen: Die Grünen wollen am Dienstag dem Gemeinderat nicht vorschlagen, die Bratwurst vom Stadtfest zu verbannen. Auch das Steak dürfte weiter gegrillt werden. Aber auch mit Bratwurst und Steak beim Stadtfest verspricht der Vorschlag der Fraktion Diskussionspotenzial. „Bei allen Gremiensitzungen des Gemeinderats, wie u. a. Gemeinderatssitzungen, Fachausschüsse oder Beiratssitzungen, und allen anderen Veranstaltungen der Stadt Mannheim wird ab 2023 grundsätzlich nur pflanzliche und vorwiegend regionale und saisonale Verpflegung bereitgestellt“, heißt es unter anderem. „Den Aufsichtsräten von städtischen Gesellschaften wird empfohlen, dieses Thema ebenfalls auf die Tagesordnung zu setzen und Ähnliches zu beschließen.“

Das Ziel: Der CO2-Fußabdruck solle durch nachhaltige Verpflegung verringert werden. „Das Stadtfest wird nicht von der Stadt Mannheim veranstaltet“, erklärt Nina Wellenreuther, eine der beiden Fraktionsvorsitzenden, im Gespräch mit dieser Redaktion. „Wir verstehen unter städtischen Veranstaltungen zum Beispiel den Gemeinderat oder den Regenbogenempfang.“

Der Antrag fällt auch auf, weil ihm fünf der 13 Fraktionsmitglieder, darunter die beiden stellvertretenden Vorsitzenden Gerhard Fontagnier und Chris Rihm, die Unterschrift verweigert haben. „Der Zusammenhang zwischen Ernährung und CO2 ist viel komplexer und es genügt nicht, die CO2-Reduktion nur mit pflanzlicher Ernährung in Verbindung zu bringen“, sagt Fontagnier. „Herstellung und Transport spielen ebenso eine bedeutende Rolle.“ Der Vorschlag der Fraktion sieht vor, auch „vorwiegend regionale“ Verpflegung anzubieten.

Wir setzen uns wieder dem Vorwurf aus, alles zu verbieten.
Fraktionsvize Chris Rihm

Es sei aber richtig, erklärt Fontagnier weiter, dass Ernährung ein Aspekt der Klimapolitik sei. Deshalb habe er vorgeschlagen, die „vegetarische Ernährung“ mit aufzunehmen - und so zumindest die Wahl zwischen tierischen und rein pflanzlichen Produkten zu lassen. „Wir haben leider keinen Kompromiss gefunden und hatten deshalb keine andere Möglichkeit, als den Vorschlag nicht zu unterschreiben.“

Nicht alle Anträge von Fraktionen werden einstimmig eingereicht. Es kommt vor, dass bei Fraktionen, die Unterschriften der Mitglieder öffentlich machen, etwa die Grünen, nicht alle unterschreiben. Andere Fraktionen veröffentlichen Anträge nur mit einer Unterschrift, meistens des oder der Vorsitzenden.

Dass mit Rihm und Fontagnier ausgerechnet zwei der vier Mitglieder des Vorstands den Vorschlag nicht unterstützen, bereite der Fraktionsspitze „kein besonderes Empfinden“, wie Stefanie Heß, die die Fraktion mit Wellenreuther führt, sagt. „Es waren fünf, die so entschieden haben“, erklärt Wellenreuther. Die Stimmen würden nicht mehr oder weniger ins Gewicht fallen als die anderer Fraktionsmitglieder.

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Heß bestätigt indes, dass es einen entsprechenden Vorschlag Fontagniers gegeben habe. „Der Vorschlag hätte nur das zementiert, was wir sowieso schon haben“, erklärt die Vorsitzende. „Es geht uns darum, dass wir eine Debatte anstoßen, die uns weiterbringt.“ Dass eine solche Diskussion durchaus emotional geführt werden könne, hätten die Vorsitzenden schon „in der Fraktion gemerkt“, sagt Heß.

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Beide sehen in dem Antrag die „unglaubliche Möglichkeit, Menschen nicht nur etwas zu erzählen, sondern ihnen auch etwas anzubieten“, erklärt Heß. Nach dem Frühjahrsempfang mit veganem Essen könne man wieder nach Hause gehen und dort essen, was immer man möchte. „Es ist kein Eingriff ins Privatleben und wir wollen niemandem vorschreiben, wie sich jemand zu ernähren hat“, betont Heß.

In dem Punkt widerspricht Rihm. Der Fraktionsvize frage sich, „was der Antrag im Moment strategisch bewirken soll“, erklärt er. „Wir haben viele Themen, die wichtiger sind, zum Beispiel die Haushaltsberatungen.“ Zudem fürchtet Rihm, „dass wir uns wieder dem Vorwurf aussetzen, dass wir alles verbieten wollen“. 2019 hatte die Grünen-Fraktion beantragt, dass städtische Kantinen auch vegane und vegetarische Angebote bereitstellen müssten. „Der jetzige Vorschlag bietet nicht einmal mehr die Wahl zwischen vegetarisch und vegan“, kritisiert Rihm. Laut Fontagnier teilte die Stadt auf Anfrage der Grünen mit, dass das Angebot veganer Gerichte „kaum in Anspruch genommen“ werde.

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Dass sie eine Mehrheit im Gemeinderat finden, daran glauben Heß und Wellenreuther indes nicht. „Uns ist bewusst, dass der Vorschlag nicht mit absoluter Mehrheit verabschiedet wird“, sagt Heß. „Wir sind aber fest davon überzeugt, dass wir eine interessante Debatte erleben werden“, erklärt sie. „Nur wenn wir diskutieren, kommen wir voran.“

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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