Man muss sich im Verwaltungs- und Bürokratiedschungel schon gut auskennen, um zu verstehen, was Mannheims Grüne dem Gemeinderat vorschlagen. Auf „allen“ Veranstaltungen der Stadt sollte „grundsätzlich nur pflanzliche und vorwiegend regionale und saisonale Verpflegung bereitgestellt“ werden, heißt es. Vegetarische Gerichte, also etwa solche mit Eiern oder Milch, sind nicht berücksichtigt. Was genau aber „alle“ Veranstaltungen der Stadt sind, das lässt der Vorschlag doch relativ im Unklaren. Gemäß dem Motto „Wo Stadt drauf steht, ist nicht immer Stadt drin“ sorgt das deshalb zunächst für Verwirrung und Irritationen - etwa wenn man ans Stadtfest oder vergleichbaren Veranstaltungen denkt, die laut Fraktionsspitze nicht zu „allen Stadtveranstaltungen“ zählen, weil nicht die Stadt selbst Organisator ist. Ob eine solche unbeabsichtigte oder beabsichtigte Emotionalisierung der bei diesem Thema sowieso schon aufgeheizten Debatte guttut, darf bezweifelt werden.
Dass der Vorschlag vom Gemeinderat wohl nicht angenommen wird, ist der Fraktionsspitze um Nina Wellenreuther und Stefanie Heß indes klar. Schließlich haben auch gleich fünf Mitglieder der Fraktion dem eigenen Vorschlag die Unterstützung verweigert - wobei es keine Selbstverständlichkeit sein sollte, dass Vorschläge prinzipiell von allen Fraktionsmitgliedern getragen werden. Auch innerfraktionelle Meinungsverschiedenheiten sind ein Zeichen einer funktionierenden Demokratie.
Der Vorschlag solle eine Debatte anstoßen, sagen Wellenreuther und Heß - ein zunächst mutiges Unterfangen. Man kann sicherlich auch in Mannheim nicht behaupten, dass die Frage nach fleischlicher, vegetarischer oder rein pflanzlicher Ernährung ein wenig diskutierter Aspekt sei. Und es ist ja auch nicht so, dass sich in der Stadt in den vergangenen Jahren nichts bewegt hat: Die Eröffnung vegetarischer und veganer Restaurants in den Quadraten oder auch das vermehrte Anbieten von - zugegeben: häufig nur vegetarischen - Gerichten in Kantinen sind zumindest Hinweise darauf, dass sich bereits etwas getan hat. Dass es aber sicherlich noch Verbesserungsbedarf gibt, steht außer Zweifel.
Das Ziel der Fraktion, mit dem Vorschlag eine Debatte anzustoßen, hat deshalb seine Berechtigung. Dass sie dabei, wie auch von Kritikern des Vorschlags befürchtet, Gefahr läuft, wieder als die Verbotspartei verschrieen zu werden, nimmt die Fraktion in Kauf. Völlig aus der Luft gegriffen ist die Kritik in diesem konkreten Punkt jedenfalls nicht.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Mannheims Grüne gehen einen mutigen Schritt!
Dass Mannheims Grüne vorschlagen, ab 2023 bei Stadtveranstaltungen nur noch vegane Ernährung anzubieten, ist mutig. Schließlich gibt es bereits zahlreiche Debatten um die Ernährung in Zeiten des Klimawandels.