Kriminalität

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Mannheimer Politikerin Gökay Akbulut

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Akbulut sagt, angegriffen und beleidigt worden zu sein. Zeugen widersprechen. Was ist Ende Januar im IC zwischen Heidelberg und Stuttgart passiert?

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Sebastian Koch
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Gegen die Linken-Politikerin Gökay Akbulut aus Mannheim ermittelt die Staatsanwaltschaft. © picture alliance/dpa

Mannheim. Was ist Ende Januar im IC 2048 zwischen Heidelberg und Stuttgart passiert? Diese Frage beschäftigt nun die Staatsanwaltschaft. Die Behörde hat ein Ermittlungsverfahren gegen die Mannheimer Linken-Politikerin Gökay Akbulut wegen des Verdachts der versuchten gefährlichen Körperverletzung eingeleitet. Das teilte die Sprecherin der Behörde, Staatsanwältin Stefanie Ruben, am Dienstag mit. Zudem sei beim Bundestag der Antrag gestellt worden, wegen des Verdachts der Beleidigung die Immunität der Abgeordneten aufzuheben. Über diesen Antrag wurde bislang noch nicht entschieden.

Am 27. Januar hatte Akbulut dieser Redaktion erklärt, sie sei am Samstag zuvor auf der Fahrt von Fans des VfB Stuttgart „immer wieder begrapscht und rassistisch beleidigt“ worden. Über den Vorfall hatte sie zunächst auf Instagram berichtet. Fans sollen in ihre Richtung „Deutschland den Deutschen“ und „Ausländer raus“ gesungen und Parolen gerufen haben, die AfD zu wählen. Als Akbulut aussteigen wollte und die Fans fotografiert hat, soll ein Fan auf sie zugegangen sein und ihr eine Flasche an den Kopf geworfen haben. Ein Bild zeigt Akbulut mit einem Cut.

Zeugen schildern den Vorfall anders. Sie werfen der Politikerin vor, die Fans unter anderem als „Drecksnazis“ bezeichnet zu haben. Außerdem soll zunächst sie einen Gegenstand in deren Richtung geworfen haben, ehe sie selbst beworfen wurde.

Warum die Staatsanwaltschaft in einem Fall ermitteln darf, in dem anderen noch nicht

Bislang hatte die Polizei, bei der Akbulut Anzeige erstattet hatte, ermittelt. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft – allerdings wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung gegen Akbulut, die laut Ruben „eine Flasche in Richtung eines Mitreisenden geworfen haben soll“.

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Akbulut selbst will sich am Dienstag nicht äußern. Was sie erlebt hat, habe sie bereits „ausführlich geschildert“, teilt ein Sprecher dieser Redaktion mit. Nun gelte es, die Ermittlungen abzuwarten. Die Politikerin war nach dem Vorfall krankgeschrieben und hatte den Endspurt im Wahlkampf verpasst. Akbulut ist über die Landesliste der Linken wieder ins Parlament eingezogen, dem sie seit 2017 angehört.

Ermittlungen gegen Abgeordnete sind nicht ohne Weiteres möglich. Sie besitzen Immunität. Zu Beginn einer Legislaturperiode legt der Bundestag Richtlinien zur Aufhebung dieser Immunität fest. Aufgrund der darin erteilten Genehmigung darf die Staatsanwaltschaft gegen Abgeordnete ermitteln, wenn es etwa um Körperverletzung, Diebstahl oder Verkehrsdelikte geht und keine Zwangsmaßnahmen wie Durchsuchungen, Festnahmen oder eine Anklage erfolgen. Bei politisch motivierten Beleidigungen hingegen darf sie nicht ermittelt, ohne dass der Bundestag zustimmt. Außerdem braucht die Staatsanwaltschaft eine Genehmigung, wenn sie Abgeordnete anklagen will. Das geht aus der Richtlinie für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) hervor, auf die Ruben verweist.

Muss die Staatsanwaltschaft keinen neuen Antrag stellen?

Im Fall Akbulut bedeutet das: Für die Ermittlungen wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung genügt die in der RiStBV vorab erteilte Erlaubnis, für den Vorwurf der Beleidigung sowie eine mögliche Anklage in beiden Fällen muss der Bundestag die Immunität Akbuluts aufheben. Zudem sei gemäß der RiStBV auch Parlamentspräsidentin Bärbel Bas informiert worden, erklärte Ruben.

Wann der Bundestag über den Antrag entscheidet, um wegen des Verdachts der Beleidigung zu ermitteln, ist nicht bekannt. Ruben verweist an die Pressestelle des Bundestags. Eine Sprecherin des Parlaments verweist ihrerseits an die Staatsanwaltschaft.

Die Ermittlungen fallen in eine Zeit, in der der alte Bundestag noch amtiert, der neue aber bereits gewählt ist. Laut Ruben muss die Staatsanwaltschaft keinen neuen Antrag stellen, falls der alte Bundestag über diesen nicht mehr entscheidet. Für den Fall einer möglichen Anklage müsste die Staatsanwaltschaft den Bundestag ohnehin nochmals konsultieren.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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