Alle über Landesliste

Aus Mannheim schaffen es Cademartori, Koch und Akbulut in den Bundestag

Statt bisher vier Abgeordneten wird Mannheim im neuen Bundestag nur drei stellen. Wie die am Tag nach der Wahl reagieren.

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Sebastian Koch und Steffen Mack
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Isabel Cademartori am Wahlabend im Mannheimer Stadthaus. Die SPD-Abgeordnete holte für ihre Partei erneut das beste Erststimmen-Ergebnis in ganz Baden-Württemberg. © Christoph Bluethner

Mannheim. Am Tag danach äußert Isabel Cademartori gemischte Gefühle. Ihr Ziel, den Mannheimer Wahlkreis wie 2021 erneut zu gewinnen, hat die Sozialdemokratin zwar verpasst. Aber sie sei „stolz auf mein Team, dass wir es in dieser für die SPD insgesamt schwierigen Gemengelage noch geschafft haben, in Schlagweite des Direktmandats zu kommen“, schreibt Cademartori am Montagvormittag dem „MM“ aus dem Zug nach Berlin.

Der Wiedereinzug in den Bundestag ist ihr nun über die Landesliste gelungen. Auf diese Weise haben es aus Mannheim auch wieder ihre Linken-Kollegin Gökay Akbulut sowie erstmals AfD-Mann Heinrich Koch geschafft. Konrad Stockmeier und seine FDP werden dem Parlament dagegen nicht mehr angehören. Die Grüne Nina Wellenreuther hat den Einzug ebenfalls verpasst.

Melis Sekmen schafft es trotz ihres Wahlkreissieges nicht

Cademartori unterlag mit 22,5 Prozent der Erststimmen ihrer CDU-Kollegin Melis Sekmen (24,7). Die schaffte es allerdings wegen des neuen Wahlrechts nicht mehr in den Bundestag, weil Christdemokraten in anderen Südwest-Städten besser abschnitten. Im Gegensatz dazu freut sich die Mannheimer SPD-Abgeordnete über das beste Erststimmen-Ergebnis ihrer Partei im ganzen Land und darüber, dass die Sozialdemokraten hier klar vor Grünen und AfD liegen. „Das ist eine Grundlage, um beim nächsten Mal das Direktmandat zurückzuholen!“

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Die Aussicht, nun mit der Union und vor allem dem designierten Kanzler Friedrich Merz quasi koalieren zu müssen, begeistert Cademartori indes weit weniger: „Es wird mir persönlich sehr schwer fallen.“ Doch jetzt gehe es darum, das Land in dieser für Deutschland und Europa schwierigsten geopolitischen Lage zusammenzuhalten.

Schon am Sonntag hatte die Mannheimerin eine personelle Neuaufstellung der SPD gefordert. Dass der Bundesvorsitzende Lars Klingbeil Fraktionschef werden soll, genügt ihr nicht. Es brauche neue Gesichter und eine neue inhaltliche Ausrichtung an der Partei- wie an der Fraktionssitze, so Cademartori, gegebenenfalls auch im Kabinett.

AfD-Mann Heinrich Koch gratuliert der Wahlkreissiegerin Sekmen

Ebenfalls am Montagmorgen auf dem Weg nach Berlin ist Heinrich Koch. Auf die Bitte um ein Telefonat lässt er über einen AfD-Mitarbeiter ausrichten, dafür sei er „leider zu sehr eingespannt, und zwar die gesamte Woche“. Auf einige schriftliche Fragen hin kommt am Nachmittag eine ausführliche Stellungnahme. „Die AfD ist in Mannheim – wie im Bund – der klare Gewinner dieser Wahl“, schreibt er darin. Auch hier hätten sie ihre Stimmenanteile im Vergleich zur Bundestagswahl 2021 mehr als verdoppelt. „Und das in einer Universitätsstadt, in der sich der ideologisch verblendete Kampf gegen die AfD besonders konzentriert.“

Ein BBC-Team interviewt AfD-Mann Heinrich Koch im Wahlkampf auf dem Waldhof auf Englisch. © Steffen Mack

Darauf, dass seine Partei hier bei Zweitstimmen nur auf dem dritten Platz und er auf dem vierten landete, geht Koch nicht ein. Aber: „Ich gratuliere Frau Sekmen explizit zu ihrem Erfolg bei den Erststimmen. Im Gegensatz zu ihrer Partei weiß sie um die Prämissen eines fairen Wettkampfes auf Augenhöhe.“

Nina Wellenreuther zeigt sich enttäuscht vom Wahlausgang

Wellenreuther dagegen ist auch am Montag noch „enttäuscht, weil ich mir mehr vorgenommen hatte“, wie sie sagt. „Ehrlicherweise noch nicht“, antwortet sie auf die Frage, ob sie bereits Erklärungen hat, weshalb sie deutlich hinter Sekmen und Cademartori und nur knapp vor Koch gelandet ist. Mit einem „sehr persönlichen“ Wahlkampf habe sie versucht, das „auszugleichen, was die Menschen auf Bundesebene verunsichert hat“, sagt Wellenreuther. „Das hat in letzter Konsequenz aber nicht den Erfolg eingebracht, auf den wir gehofft haben.“

Die Parteilinke hat in der Vergangenheit nicht verheimlicht, in Kernthemen mit CDU und CSU wenig Überschneidungen zu sehen. Dass die Grünen nun aber wohl nicht in die Verlegenheit kommen werden, unter einem Kanzler Merz zu regieren, sieht sie dennoch kritisch. Die wahrscheinliche schwarz-rote Koalition werde „sicherlich keine sein, die die dringend notwendigen Veränderungen beherzt anpacken wird“, prognostiziert Wellenreuther und fürchtet Einschnitte und Stillstand etwa in der Klima- und Umweltschutzpolitik oder in der Sozial- und Migrationspolitik.

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Wenige Minuten vor dem Gespräch hat Robert Habeck seinen Rückzug aus der ersten Reihe der Politik erklärt. Sie könne noch nicht genau sagen, wie sie diesen Schritt bewerte, sagte Wellenreuther. Auf der einen Seite habe sie „sehr viel“ von ihm und seiner Art, Politik zu machen, gehalten. „Ich fände es schade, wenn er nicht weiterhin mit uns gemeinsam grüne Politik machen würde.“ Auf der anderen Seite sei es richtig, aus dem Ergebnis Konsequenzen zu ziehen. Mit Habeck an der Spitze, aber auch vor Ort in Mannheim sei es offenbar nicht gelungen, Menschen mit Grünen-Themen wie Klimaschutz oder bezahlbaren Wohnraum zu erreichen und ihnen das Gefühl zu geben, „dass wir die richtigen Antworten und Lösungen auch für die alltäglichen Sorgen haben“, sagt Wellenreuther. Wenn man das gute Ergebnis der Linken sehe, wäre auch für die Grünen mehr drin gewesen.

Die Linke Gökay Akbulut ist noch krankgeschrieben

Indes ist Akbulut noch krankgeschrieben. Der Linken ist wie erwartet über die Liste der Wiedereinzug in den Bundestag gelungen, nachdem ihre Partei mit bundesweit 8,8 Prozent einen Erfolg eingefahren hat, der ihr vor wenigen Wochen noch kaum jemand zugetraut hatte. In Mannheim liegen die Linken mit 11,3 Prozent sogar deutlich über dem Bundesergebnis. „Nachdem sich in den letzten Monaten unsere Mitgliederzahl mehr als verdoppelt hat, ist dies ein weiterer Beleg dafür, dass in unserer Heimatstadt eine starke linke, soziale und konsequent antifaschistische Kraft gewünscht ist“, teilt Sprecher Sven Metzmaier am Montag mit.

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In der Mitteilung bedankt sich Akbulut aus dem Krankenstand heraus, wie es heißt, bei ihren Wählerinnen und Wählern. Sie werde auch künftig eine „starke soziale, feministische und antirassistische Stimme für Mannheim in Berlin sein“.

Akbulut ist seit Ende Januar krankgeschrieben. Sie war während einer Zugfahrt nach Stuttgart in eine Auseinandersetzung mit Fußballfans geraten, deren Ablauf noch unklar ist. Laut Akbulut sollen Fans des VfB Stuttgart sie belästigt, beleidigt und mit einer Flasche am Kopf verletzt haben. Sie hatte Anzeige erstattet. Zeugen sollen den Vorfall anders schildern und ihr vorwerfen, die Fans beleidigt zu haben. Außerdem soll zunächst sie einen Gegenstand geworfen haben, ehe sie selbst beworfen wurde. Akbulut hat sich zu den Vorwürfen gegen sie mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen bislang noch nicht geäußert. Ein Sprecher der Stuttgarter Polizei hatte dieser Redaktion jüngst erklärt, dass noch Zeugen vernommen würden. Wann die Ermittlungen abgeschlossen seien, könne man nicht sagen.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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