Mannheim. Die hellen Hölzer fallen auf. Am Dach sind sie zu sehen, ein dicker neuer Träger am Rand zum früheren Restaurant hin ist zu erkennen, und an einer Stelle ist die Dachhaut probeweise ausgebessert. Und die Delle ganz oben in der Mitte der Dachhaut, die 70 Zentimeter tief war, ist wieder hochgedrückt worden - und hält bisher.
Doch mehr als diese drei Testflächen ist noch nicht passiert bei der Sanierung der Multihalle. Sie haben aber gezeigt: Es dauert länger und wird deutlich teurer. Weitere 11,4 Millionen Euro soll der Mannheimer Gemeinderat am Dienstag bewilligen.
Wenn sie aus der Ideallinie gerät, können Kräfte aufkommen, die man nicht kontrollieren kann - möglich, dass dann das ganze Gebäude kollabiert
Geplant war mal, dass die Sanierung bis zur Bundesgartenschau fertig ist. Dass das nicht klappt, steht schon seit zwei Jahren fest. Doch die Baustelle soll nun doch, als Rahmenprogramm zur Bundesgartenschau, Mannheimern gezeigt und auch für Besuchergruppen aus dem In- und Ausland geöffnet werden.
Weltweite Nachfrage an Infos zum Bauwerk
Für Baubürgermeister Ralf Eisenhauer sind diese Führungen, für die eigens Mitglieder der auf solche Angebote spezialisierten Stuttgarter Gruppe „Guiding Architects“ verpflichtet worden sind, der erste Schritt zur „Wiederbelebung der Multihalle“, wie er sagt. Es gebe „einen nicht abreißenden Strom von Anfragen weltweit“, wo Hochschulen und Architekten sehen wollten, wie es dem berühmten Bau geht und wie er saniert wird.
Entstanden zur Bundesgartenschau 1975 steht die Multihalle seit 1998 unter Denkmalschutz als „Kulturdenkmal besonderer Bedeutung“. Doch die von den Architekten Carlfried Mutschler und Joachim Langner sowie von Frei Otto (bekannt vom Münchner Olympiastadion) entworfene, weltweit größte frei tragende Dachkonstruktion aus Holz, die als „architektonisches Wunder von Mannheim“ gilt, ist seit Februar 2011 gesperrt. Die 2019 beschlossene Sanierung zieht sich hin.
Architekt Ulrich Kölle bezeichnet die Multihalle bei der ersten der Führungen, die nun bis Oktober angeboten werden, als „Wahnsinnskonstruktion“. Er schildert, wie der Bau entstanden ist - experimentell. Und er begründet, warum es so problematisch ist, dass sich an einzelnen Stellen die Holzgitterschale verformt hat. „Wenn sie aus der Ideallinie gerät, können Kräfte aufkommen, die man nicht kontrollieren kann - möglich, dass dann das ganze Gebäude kollabiert“, erläutert er, was 2011 zur Sperrung geführt hat.
Newsletter "Guten Morgen Mannheim!" - kostenlos registrieren
Von einem 400 Quadratmeter großen Gerüst habe man nun Baustützen in Position gebracht und langsam hochgedreht, um das Dach anzuheben - was gelungen sei. Inzwischen sind auch die Außenwände und Türen entfernt. „Die Multihalle soll künftig ein frei zugänglicher Ort sein“, so Eisenhauer.
Allerdings zieht sich das noch bis 2027 hin - nach heutigem Stand. Allein wegen des Übergangs des Projekts von der Stadtpark-Gesellschaft an die Stadt mussten die Planungsleistungen neu ausgeschrieben werden. Und so wie einst der Bau sei auch die Sanierung ein Experiment, erklärt Eisenhauer.
Führungen zur Multihalle
- Der Verein Multihalle und die Stadt bieten bis zum 7. Oktober alle zwei Wochen samstags jeweils eine Führung entlang und in der Baustelle an.
- Die Führungen beginnen stets um 11 und um 14 Uhr und dauern rund eine Stunde. Sie sind kostenlos, auch der Parkeintritt entfällt. Eine Anmeldung ist nicht notwendig.
- Treffpunkt ist am Haupteingang Herzogenriedpark, Max-Joseph-Straße 64. Am Samstag, 6. Mai, wird nur um 11 Uhr eine Führung angeboten.
Daher ging man 2021/22 nur die drei Testflächen an, von der Wüstenrot Stiftung finanziert und überwacht. Die Arbeit an den Testflächen habe „gezeigt, dass es erforderlich ist, die Modernisierungsmaßnahmen von innen nach außen sowie nacheinander auszuführen“, heißt es in einer Vorlage für den Gemeinderat. Daher könne die Dachmodernisierung nicht zeitgleich zum Ausbau für künftige Nutzungen durchgeführt werden.
Austausch der Dachhaut ist kompliziert
Zusätzlich bestehe „eine starke Abhängigkeit zu Außentemperaturen und Wetter“, so dass die Bauarbeiten an Dachhaut, Seilen und Hölzern nicht im Winter erfolgen könnten.
Vorgesehen ist jetzt, dass die Gerüstbauarbeiten in der großen Halle ab Anfang 2024 laufen, in der kleineren Halle - Restaurant - mit einem Abstand von sieben Monaten. Erst danach können Fundamente und Stützen ausgetauscht werden, gefolgt vom Austausch der Dachhaut und der Seile jeweils von März bis Oktober in den Jahren 2025 und 2026.
Das stelle den Hauptgrund der Bauzeitverlängerung dar. Aber erst wenn Ende 2026 die Gerüste abgebaut sind, könne der Innenausbau der Veranstaltungshalle starten.
Laut Stadtverwaltung sind jetzt Preissteigerungen für Rohstoffe und Arbeitszeiten in der neuen Kostenberechnung berücksichtigt. Zwar gebe es auch Einsparungen (für die Hölzer soll statt der teuren kanadischen Tanne heimische Weißtanne verwendet werden) und eine Reduzierung der zu bearbeitenden Dachfläche, doch dadurch könne man „die extremen Preissteigerungen nicht ausgleichen“, heißt es. Sie seien „2019 in diesem Ausmaß nicht vorhersehbar gewesen“, so die Stadt.
Eventfläche mit Tribüne auf Holzstufen
Die Gesamtkosten steigen damit auf 31,7 Millionen Euro. Gegenüber der 2020 genehmigten Summe von 20,3 Millionen Euro sind das 11,4 Millionen Euro mehr. Schon 2020 waren 6,1 Millionen mehr bewilligt worden als 2019 beschlossen. Der Bund gibt fünf Millionen, die Denkmalstiftung 50 000 Euro, die Wüstenrot-Stiftung zwei Millionen Euro. Um weitere Zuschüsse aus Denkmalschutz-Töpfen bemüht sich die Stadt derzeit, so Eisenhauer.
Am Ende soll auf 2500 Quadratmetern eine Eventfläche mit Tribüne auf Holzstufen für bis zu 2000 Besucher, ein in die Halle eingebauter, zu vermietender Multifunktionsraum (150·Quadratmeter) sowie in der kleinen Halle auf zwei Ebenen wieder ein Restaurant auf 500 Quadratmetern mit überdachter Außenanlage entstehen.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-so-viel-teurer-wird-die-sanierung-der-mannheimer-multihalle-_arid,2076096.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/dossiers_dossier,-_dossierid,18.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-wie-an-die-frueheren-gartenschauen-1975-und-1907-erinnert-wird-_arid,2066086.html
[3] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
[4] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-hierfuer-wollen-mannheimer-parteien-2023-steuergeld-ausgeben-_arid,2019920.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Mannheimer Multihalle: Bei den Kosten genauer hinschauen