Mannheim. Vor einem Monat hat die Stadtspitze in ihrem Etat-Entwurf für 2023 dargestellt, wofür Mannheim im kommenden Jahr Geld ausgeben will. Jetzt waren im Gemeinderat die sieben Fraktionen an der Reihe und konnten ihre Schwerpunkte präsentieren. Die jeweiligen Reden fassen wir auf dieser Seite zusammen. Am 13. Dezember muss der Gemeinderat dann den Haushalt fürs kommende Jahr beschließen.
Dennis Ulas (LI.PAR.Tie)
Um den „ehrgeizigen“ Klimaschutzaktionsplan mit Klimaneutralität bis zum Jahr 2030 umsetzen zu können, wünscht sich Dennis Ulas ein Sondervermögen Klimaschutz. Und der LI.PAR.Tie-Fraktionsvorsitzende formuliert weitere Forderungen, um die Klimaschutzziele zu erreichen: Der Flughafen sollte möglichst schnell geschlossen werden und die Stadt sich für die Umsetzung des von ihr in Auftrag gegebenen Rheindamm-Gutachtens starkmachen, um den Baumbestand im Waldpark zu sichern.
Die Fraktion begrüßt, dass die Stadt trotz aller drohenden Preissteigerungen und deren Auswirkung auf den Haushalt an den geplanten Investitionen festhält. Ausdrücklich nennt Ulas den Neubau der Stadtbibliothek. Und das Nationaltheater: Dessen Sanierung sowie das Angebot an Ersatzspielstätten seien „eine Selbstverständlichkeit“. Trotz geringer Spielräume im Etat wünscht sich die LI.PAR.Tie eine neue Gesamtschule im Mannheimer Süden sowie ein günstiges Monatsticket für Bus und Bahn, das dem 9-Euro-Ticket nahekommt. Zudem drängt die Fraktion auf eine Katzenschutzverordnung und ein Stadttaubenmanagement.
Bernd Siegholt (AfD)
Bau von Schulen, Investitionen im Senioren- und Gesundheitswesen, Sanierung von Straßen und Brücken – viele der geplanten Investitionen im Mannheimer Haushalt sind aus Sicht von Bernd Siegholt „nicht verhandelbar“. Der AfD-Fraktionschef wünscht sich allerdings, dass der jährliche Zuschuss ans Nationaltheater zumindest vorübergehend gesenkt wird – schließlich biete das Haus während der Sanierung auch nur ein „reduziertes Spielangebot“. Ein neues Stadion für den SV Waldhof sei in diesen Krisenzeiten schwierig, sagt Siegholt. Wenn man aber „riesige Summen“ für kulturelle Einrichtungen für eine „überschaubare Zielgruppe“ bereitstelle, müsse man sich auch um die Interessen der Sport-Fans kümmern. Siegholt plädiert für eine „ergebnisoffene Prüfung“ der Stadionfrage.
Mit Blick auf den Klimaplan stellt der Fraktionschef infrage, dass der Mensch für den Klimawandel verantwortlich ist (worüber es in der seriösen Wissenschaft allerdings keinen Zweifel gibt). Auch hätten Klimaschutzinvestitionen in Mannheim kaum messbare Auswirkungen auf das Weltklima. Deshalb lehnt es die AfD auch ab, dass Mannheim acht „Local Green Deal Manager“ einstellt.
Nina Wellenreuther (Grüne)
Wie im vergangenen Jahr werde der Haushalt in einer Situation beraten, „die wir alle so nicht vorhersehen konnten“, erklärt die Fraktionschefin der Grünen, Nina Wellenreuther. „Wir dürfen nicht in die Krise hinein sparen, müssen aber Ausgaben und Einnahmen gut überlegt betrachten und abwägen, wo wir Veränderungen trotzdem dringend geboten sehen.“ Der Haushalt trage „eine besondere Fülle an Unsicherheiten und Risiken mit sich“, müsse aber flexibel sein, um auf „nicht absehbare Anforderungen“ zu reagieren, und eine „klare Strategie verfolgen“, die Entwicklung einer sozial gerechten und nachhaltig ökologischen Gesellschaft voranzutreiben. Die autozentrierte Stadtplanung müsste enden, weshalb das ÖPNV-Angebot ausgebaut werde. Die Ziele der Buga sollten „Ökologie und Stadtentwicklung zusammenbringen“. Man müsse die Schwächsten im Blick behalten. „Es darf nicht vom Geldbeutel abhängen, wer im Warmen sitzt.“
Die Bevölkerung erwarte, beim Ausbau erneuerbarer Energien „den Turbo einzulegen“, meint sie. „Eine wichtige Rolle bei der Erforschung und Umsetzung neuer Technologien wird das Innovationszentrum Green Tech spielen“, das von den Grünen initiiert worden sei. Auch müssten die für die Maßnahmen im Klimaschutzaktionsplan „notwendigen finanziellen Mittel“ hinterlegt werden, „um endlich in die konkrete und notwendige Umsetzung zu kommen“.
Zudem beschäftige die Verwaltung die Zukunft des Klinikums. „Diese Aufgabe übersteigt die Leistungsfähigkeit der Stadt bei Weitem, und alle Unterstützungen sind immer nur zeitlich befristete Beihilfen, die der Bedeutung des Klinikums nicht angemessen sind.“ Der langwierige Prozess mit dem Land gefährde den Standort. „Wir drängen darauf, dass das Land sich nicht nur zum Klinikum bekannt, sondern mit dem beherzten Angehen des Verbundes der Klinika Mannheim und Heidelberg endlich das Licht im viel zitierten Leuchtturm anzündet.“
Pläne der Stadtspitze
- Eine verlässliche Finanzplanung ist in diesen Krisenzeiten schwierig – deshalb macht Mannheimer erneut nur einen Haushalt für ein Jahr. Für 2023 sieht der Entwurf der Stadtspitze Baumaßnahmen von 170 Millionen Euro vor. Der größte Teil davon fließt in Sanierung und Neubau von Schulen. Aber auch in den Stadtbahn-Ausbau, den Bau von Radwegen und in den Neubau des Kombibads Herzogenried.
- Für einen Neubau der Stadtbibliothek steht dagegen kein Geld im Etat, und auch nicht für den Ausgleich möglicher Verluste beim Klinikum. Der städtische Anteil an der Theater-Sanierung ist ebenfalls nicht abgedeckt. Stattdessen muss das Theater selbst einen Kredit über 113 Millionen Euro aufnehmen, bekommt von der Stadt aber höhere Zuschüsse für Zins und Tilgung. imo
Thorsten Riehle (SPD)
Der SPD-Fraktionschef benennt sechs Schwerpunkte. Der erste sind Kinder, Jugendliche und Familien, die „im Fokus unseres Handelns“ bleiben müssten. Denn soziale Gerechtigkeit habe auch mit Chancengleichheit zu tun. Nötig seien etwa mehr Betreuungseinrichtungen und Erzieherinnen. Als zweiten Punkt führt Thorsten Riehle den öffentlichen Raum auf. Hier brauche es einen gesellschaftlichen Kulturwandel hin zu einem schonenderen Umgang mit weniger Müll und Dreck. Allerdings sei da auch notwendig, das Vorgehen des Stadtraumservice zu hinterfragen und anzupassen. Dann folgt die Forderung nach mehr und bezahlbarem Wohnraum. „Wir haben schon viel erreicht, das reicht aber aufgrund der immer weniger vorhandenen Flächen und der zu erwartenden Nachfrage nicht aus“, so Riehle. Das sei auch zur Wahrung des sozialen Friedens in dieser Stadt wichtig.
Als vierten Schwerpunkt nennt der Sozialdemokrat die Bekämpfung der Folgen des Klimawandels. Das bleibe „die existenzielle Herausforderung unserer Gesellschaft“. Neben den Bemühungen der Stadt sei hier aber auch mehr Unterstützung von Land, Bund und EU erforderlich. Nur so könne gelingen, die Kosten für den Wandel zur Klimaneutralität für einkommensschwächere Haushalte abzufedern und die notwendige Transformation der Wirtschaft zu finanzieren.
Dann spricht der SPD-Fraktionsvorsitzende die soziale Spaltung an, die zur Belastungsprobe für die Gesellschaft werde. Gerade bestimmte Stadtteile bräuchten bessere Entwicklungsperspektiven, da spielten auch Sportvereine und Kulturschaffende eine wichtige Rolle. Initiativen wie der Campus in der Neckarstadt-West sollten auf andere Orte ausgeweitet werden. Als sechsten und letzten Schwerpunkt nennt Riehle die Bundesgartenschau im nächsten Jahr. Sie sei nicht nur ein Treiber für die naturnahe und ökologische Entwicklung der Stadt, sondern auch für Mannheim unverzichtbares Generationenprojekt.
Claudius Kranz (CDU)
Sowohl am Neubau der Stadtbibliothek als auch am Bau eines neuen Kultur- und Sportzentrums in Wallstadt will die Stadtverwaltung festhalten – im Haushalt fürs kommende Jahr und auch in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2026 haben Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) und Kämmerer Christian Specht (CDU) dafür aber praktisch kein Geld eingeplant. An diesen beiden Beispielen werde eine Widersprüchlichkeit deutlich, die ihn ärgere, sagt CDU-Fraktionschef Claudius Kranz. „Lassen Sie uns ehrlich werden“, fordert er deshalb in seiner Haushaltsrede. „Lassen Sie uns gemeinsam eine Priorisierung vornehmen.“
Man könne den Bürgerinnen und Bürgern nicht „vorgaukeln“, dass Projekte realisiert würden, wenn das Geld dafür gar nicht eingeplant sei. Für Kranz ist es deshalb an der Zeit, sich alle Investitionen unter vier Kriterien nochmal anzuschauen: Finanzierbarkeit, Priorität, tatsächliche zeitnahe Realisierbarkeit und externe Rahmenbedingungen wie etwa mögliche Fördermittel. Bei einer anderen großen Investition, nämlich einem neuen Stadion für den SV Waldhof, setzt Kranz auf die Ansage von Waldhof-Präsident Bernd Beetz, gegebenenfalls zusammen mit anderen Investoren dieses Invest schultern zu wollen. Der Bereich rund um SAP Arena und Maimarkt ist aus Sicht des CDU-Fraktionschefs der einzig sinnvolle Standort.
Kranz hält es für „unverantwortlich“, dass im Haushalt fürs kommende Jahr kein Geld für mögliche Verluste beim Klinikum steht. Darüber hinaus fordert er erneut eine bessere Organisation des im Dezernat von Diana Pretzell (Grüne) angesiedelten Stadtraumservice. Nur so könnten Probleme wie mangelnde Sauberkeit in den Stadtteilen oder nicht eingehaltene Müll-Leerungstermine gelöst werden. Der CDU-Chef verlangt zudem mehr Einsatz der Stadt bei der Sanierung von Vereinsgebäuden – wie zum Beispiel der DLRG – sowie ein Konzept für die gemeinschaftsbezogene Weiternutzung von aufgegeben Kirchen und Gemeindesälen.
Achim Weizel (ML)
Langfristig wohl weniger Steuereinnahmen, dafür höhere Kosten für Energie und fürs Bauen: Aus Sicht von Achim Weizel, dem Fraktionschef der Freien Wähler/Mannheimer Liste (ML), wird es „unumgänglich“ sein, dass die Stadt Investitionen aussetzt oder verschiebt. Ganz oben auf der Streichliste steht für ihn der Neubau der Stadtbibliothek („muss gestoppt werden“) und die Sanierung der Multihalle („ein Fass ohne Boden, auch nach Jahren des Planens ist noch kein vernünftiges Nutzungskonzept zu erkennen“). Wichtig sind aus Sicht des ML-Fraktionschefs dagegen der Schulbau sowie das „über Jahre verschobene“ Kultur- und Sportzentrum Wallstadt.
Um die Stadt finanziell zu entlasten, schlägt die ML eine Erhöhung der Kita-Beiträge vor. Diese seien lange nicht mehr den steigenden Kosten angepasst worden, so Weizel. Der von Land, Kommunen und Kirchen empfohlene 20-prozentige Elternanteil an den Kosten werde in Mannheim „bei Weitem nicht erreicht“. Um mehr Wohnraum zu schaffen, kann sich der Fraktionschef ein Förderprogramm für den Ausbau bestehender Gebäude vorstellen. Geld dafür könnte man aus dem städtischen Bodenfonds nehmen.
Birgit Reinemund (FDP)
Der Kapitän sieht den Eisberg, aber steuert nicht um – sondern hofft, dass er schmilzt: So beschreibt die Fraktionsvorsitzende von FDP/MfM den Etatentwurf: „Wir halten dies für fahrlässig.“ Nun räche sich, dass die Stadt in den guten Jahren nichts zurückgelegt habe. Und anstatt jetzt zu sparen, würde mit „bewusst geschönten Grundannahmen“ gearbeitet und seien Steuererhöhungen geplant. „Nicht mit uns!“, so Reinemund.
Trotz großer Risiken werde nicht vorgesorgt. Schulden würden in städtische Gesellschaften ausgelagert und die folgenden Generationen benachteiligt: „Sie können es drehen und wenden und verschleiern, wie Sie wollen, es bleibt am Ende doch nur eines: Schulden, die unsere Kinder und Enkel noch abbezahlen müssen.“
Darum fordern FDP und MfM: keine neuen Steuern und Schulden, auf die Kernaufgaben konzentrieren, Kosten kontrollieren und Prioritäten setzen. Bildung, Digitalisierung, Räume für Ehrenamtliche und eine gute Infrastruktur zählt Reinemund zu den wichtigsten Bereichen. Ihr Fazit: „Wir wollen eine saubere und sichere Stadt und intakte Verkehrsinfrastruktur, moderne Schulen und einen prosperierenden Wirtschaftsstandort.“
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