Mannheim. „Wirklich schrecklich“, schimpft eine Anwohnerin über das, was sie von ihrem Balkon aus sieht. Und Ulrike Lorenz, die Direktorin der Kunsthalle, bestätigt das: Der als Skulpturenpark neu gestaltete Platz vor dem Jugendstilbau ist zum Treffpunkt von Menschen geworden, die dort lagern, Alkohol oder Drogen konsumieren, und viel Müll hinterlassen. „Uns erfüllt das mit größter Besorgnis“, schlägt Lorenz Alarm.
„Die lümmeln an der schönen alten Fassade herum, haben immer eine Flasche in der Hand, hinterlassen den ganzen Dreck“, so die Beobachtungen der Anwohnerin. Bei Regen besetzten sie nahe Haltestellen-Unterstände und blockierten sie auch, wenn ältere, gehbehinderte Personen kommen, „rücksichtslos“, so die Frau. Tagsüber seien es vor allem Männer, die viel Alkohol trinken, abends kämen südosteuropäische Großfamilien dazu, nachts Drogenabhängige, ergänzt ein anderer Anwohner. Ihre Namen wollen sie beide nicht nennen: „Wer weiß, was die mit uns machen!“
Tatsächlich ist der Boden rund um die Bänke und Bäume mit Zigarettenkippen übersäht. Man sieht Scherben, viel weiteren Dreck. Ein Teil der neu aufgestellten Bänke dient als Treffpunkt, auf anderen dösen Männer vor sich hin. Auf dem Boden vor ihnen stehen Bierflaschen oder Hochprozentigeres.
„Es ist ein sehr gemischtes Publikum, das wir da beobachten“, formuliert es vorsichtig Direktor Alexander Sauter vom Karl-Friedrich-Gymnasium. Zwar habe es noch keine Zwischenfälle mit seinen Schülern gegeben, „aber wir sind über den Zustand nicht glücklich“.
Stadt kündigt Kontrollen an
Deutlicher wird Klaus Wroblewski, Hausmeister der benachbarten Eberhard-Gothein-Schule. „Es sind meist so 15 bis 20 Männer da, manchmal auch mehr“, registriert der Mann, der auch unter den Zuständen leidet. Er hat nicht nur den vielen Dreck in seinem Bereich wegzumachen, er findet auch fast jeden Morgen Drogen-Spritzen.
Im Gebüsch zwischen dem Lehrerparkplatz der Gothein-Schule und den Containern des Karl-Friedrich-Gymnasiums sieht man neben viel Unrat auch Matratzen. Hier, so schildert es Wroblewski, übernachte ein Teil der Klientel. Mückenschwärme und heftiger Gestank verraten, welcher Teil im Gebüsch als Toilette dient. Auch Nischen des „Löwenportals“, das zum Jugendstilbau der Kunsthalle führt, werden nachts als Schlafplatz genutzt.
Dreck und Hinterlassenschaften seien „unmöglich“, ärgert sich Lorenz: „Für uns ist das eine riesige Zumutung!“ Einer der Hausmeister der Kunsthalle sei jeden Tag mindestens zweieinhalb Stunden damit beschäftigt, „es sieht aber immer wieder ganz schlimm aus!“, klagt sie. Zum Unrat kämen nun erste, wenn auch noch kleine Beschädigungen an zwei Skulpturen. Sie würden beschmiert, zudem offenbar mit Kieselsteinen beworfen oder zerkratzt. Das gilt für die sieben Stahlringe „Slow Motion“ (Zeitlupe) des britischen Bildhauers Nigel Hall ebenso wie Christoph Freimanns hellrote Stahlkonstruktion „Großer Bug 2“.
„Da lagern ständig die entsprechenden Leute, danach sieht es dann auch aus“, sagt Harald Steiger, Vorsitzender des Friedrichsplatz-Vereins: „Das ist ein sehr unschönes Bild an diesem schönen neuen Platz, dafür ist er eigentlich nicht gemacht!“, ärgert er sich. Nach Beobachtungen von Katja Bär hat sich die Szene vom Tattersall an die Kunsthalle verlagert. „Bislang war das bei uns noch kein Thema, aber wir sprechen das bei unserer Sitzung im Oktober an“, so die SPD-Bezirksbeirätin. „Bislang wurde das nicht an uns herangetragen, aber wir werden uns kümmern“, kündigt ihre CDU-Kollegin Maike-Tjarda Müller an.
Klaus Eberle, Leiter des Fachbereichs Sicherheit und Ordnung der Stadt, kündigte gestern auf „MM“-Anfrage an, er wolle „im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten umgehend gegen diese Szene vorgehen“: Er werde bereits für die nächsten Wochen einen Überwachungsschwerpunkt des Ordnungsdienstes einrichten. „Durch entsprechenden Überwachungsdruck werden wir zu verhindern wissen, dass sich dort eine Trinkerszene etabliert“, so Eberle. „Übernachtungslager werden wir konsequent abräumen“, verspricht er. Belästigungen von Bürgern und Besuchern könne man „selbstverständlich nicht zulassen“.
Kosten der Außenanlage
Die Außenanlagen der Kunsthalle kosteten 3,145 Millionen Euro – deutlich mehr als die geplanten 2,059 Millionen. Das sorgte im Juli für viel Ärger in der Kommunalpolitik.
Dabei ging es um komplett neue Gehwege und Pflaster, Fahrradstellplätze, Grünflächen, Bäume, Beleuchtung sowie die Umgestaltung der – nicht mehr für den Verkehr zugelassenen – Moltkestraße. Der Skulpturenpark umfasst sechs rund um die Kunsthalle platzierte Plastiken. pwr
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