Bundesgartenschau

Panoramasteg: Schwieriger Balanceakt mit vier Kränen in der Nacht

Warum das Einheben des Panoramastegs auf die Fundamente so eine komplizierte Sache ist – und wann er fertig sein soll

Von 
Peter W. Ragge
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Oben links der 900 Tonnen schwere Raupenkran, daneben die Autokräne. Auf dem in der Luft schwebenden Steg legen Arbeiter dann Hand an. © Christoph Blüthner

Mannheim. Nervosität liegt in der Luft – aber es werden auch Scherze gemacht. Und Farsad Tawakol gesteht: „Ich glaub’s noch nicht“, seufzt der Projektleiter Tief- und Ingenieurbau der Bundesgartenschau-Gesellschaft. Aber in diesem Moment, in der Nacht von Freitag auf Samstag, geht dann tatsächlich die mehrfach verschobene Montage des Panoramastegs am Aubuckel los – im Scheinwerferlicht und mit fünf Kränen. Abgeschlossen ist sie aber noch lange nicht.

Christian Lerch, der zuständige Bereichsleiter der Bundesgartenschau, hat daher zunächst nur ein bescheidenes Tagesziel ausgegeben. Er will, dass das erste von drei Teilstücken des insgesamt 250 Tonnen schweren Stegs „am großen Kran in Position hängt“. Und allein das zieht sich über mehrere Stunden hin und ist keineswegs so einfach, wie es sich anhört.

„Eine Nervenprobe“

„Das ist alles sehr komplex, kein normales Brückenbauwerk“, sagt Maximilian Brenk vom Ingenieurbüro Harrer, der für die Bauüberwachung zuständig ist. „Komplex und total aufwendig“ nennt auch Tawakol das von ihm verantwortete Projekt, „da passieren immer unvorhergesehene Dinge, da kann es immer zu Verzögerungen kommen“, räumt er ein, dass es eine „Nervenprobe“ sei. Er sei „schon froh, dass wir hier stehen“, so der Bauingenieur.

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Das fing schon damit an, dass der Stahl nicht einfach zu bekommen ist. Doch es war noch gelungen, dass der wetterfeste Cortenstahl in Finnland gewalzt wurde, ehe nach dem Beginn des Ukrainekriegs die Hochphase der Lieferschwierigkeiten begann. Eine Firma in Brandenburg, sonst auf Brücken, Schleusen und Schiffshebewerke spezialisiert, hat dann aus unzähligen, bis zu vier Zentimeter dicken einzelnen Stahlplatten 23 tonnenschwere Segmente zusammengeschweißt und sie seit März bis zum Sommer per Tieflader nach Mannheim gebracht.

Lange Schweißarbeiten

Seither sind die 23 Segmente zu drei Baugruppen verschweißt worden – was schon mal länger gedauert hat als gedacht. Doch der Steg sei eben ein Unikat, eine ungewöhnliche, eigens für Mannheim entworfene Konstruktion, weshalb man keine Vergleiche ziehen könne, so Maximilian Brenk.

Christian Lerch macht das mit einer beeindruckenden Zahl deutlich: Alleine das Material für die Schweißnähte wiege zusammen fünf Tonnen. Und da jede dieser Schweißnähte per Ultraschall geprüft und teilweise danach wieder geöffnet und neu verschweißt werden musste, zog sich das Vorhaben viele Wochen hin.

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Der erste Einhubtermin scheitert dann in der Nacht zum Freitag noch an einer vom Stahlbauer des Panoramastegs fehlerhaft gelieferten Quertraverse. Mit ihr hebt der Raupenkran die jeweils etwa 95 Tonnen schweren Montageteile an, aber die zunächst gelieferte Traverse trägt nur 50 Tonnen – weshalb der Prüfstatiker die Arbeiten gestoppt hat. Eine 200 Tonnen tragende Quertraverse ist dann erst am Freitag tagsüber angeliefert worden – eigens aus Antwerpen.

Aber bis das erste von den drei großen Brückenbauteilen – es ist das 33 Meter lange, 95 Tonnen schwere Mittelstück – an ihr hängt, gibt es erst ein „Kranballett“. So nennt es Michael Schnellbach, der Geschäftsführer der Bundesgartenschau. Vier Autokräne, die jeder zwischen 80 und 200 Tonnen tragen können, haben das erste von drei großen Teilen des Stegs vom Platz, wo es zusammengeschweißt worden ist, angehoben. Von der Position, in der es geschweißt worden ist, muss es etwas gedreht und in die richtige Lage, den passenden Neigungswinkel gebracht werden, dass es der große, 900 Tonnen schwere Raupenkran greifen und dann punktgenau auf das Fundament hieven kann.

© Christoph Blüthner

Dieser Raupenkran sei „stark, aber dumm“, erklärt es Schnellbach salopp. Der könne nur ein Teil anheben oder herumheben, nicht jedoch die feine Justierung übernehmen. Daher die Vorarbeit durch seine „kleinen Brüder“, die vier Autokräne, – und durch Handarbeit.

Denn tatsächlich klettern dann drei Arbeiter auf das von den vier Kränen gehaltene Stahlteil. Ihre Aufgabe ist, es nacheinander von der Halterung der vier Kräne zu lösen und das Objekt dem Raupenkran zu übergeben – eine diffizile Aufgabe, im Scheinwerferlicht und in schwindelnder Höhe. Um das riesige Teil in die richtige Balance zu bekommen, variieren sie die Länge der einzelnen Ketten. Das dauert. „Sie nehmen Kettenglieder raus oder fügen welche ein, dazu gibt es pro Kette ein Drehkettenglied, das kann man bis auf Millimeter genau steuern“, erläutert Tawakol den Aufwand.

Zwischendurch kommt Baubürgermeister Ralf Eisenhauer mit dem Fahrrad vorbei, um sich über den Fortgang der Arbeiten zu informieren. Oberbürgermeister Peter Kurz ruft nachts bei Buga-Geschäftsführer Michael Schnellbach an, um zu erfahren, ob alles klappt. Am Samstag schaut er dann selbst vorbei.

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Immer wieder brummen in der Nacht die Motoren der Kräne mal lauter, heben sie ein Stück weit an – dann ist wieder Ruhe, und die Männer müssen noch mal justieren und noch mal. Schließlich bringen zwei Arbeiter mit langen Seilen das Stahlteil in Position, „ins Wasser bringen“ nennen es die Fachleute, sprich in die Waagerechte – so, dass es dann direkt auf die vorbereiteten Betonfundamente passt.

Tagesziel erreicht

Mit einer Drohne sind zuvor die nötigen Abmessungen berechnet worden, ständig wird kontrolliert und protokolliert, ein Statiker ist immer da. Gegen 22.30 Uhr dann das laute Aufheulen des Motors vom Raupenkran, die angestrebte Position ist erreicht und damit das, was Lerch als Tagesziel ausgegeben hat. Die vier Autokräne dagegen ziehen ihre Ausleger ein, fahren zur Seite.

Am Samstagabend ist dann laut Christian Lerch das nächste Tagesziel erreicht und das Bauteil auf das Fundament gelegt. Es passt aber nicht alles. Einer der Schwerlasttürme, die den Steg während der Montage provisorisch stützen, muss „an einem Lager etwas nachkorrigiert werden“, wie der Bereichsleiter erklärt: „Hundertprozentig vorbereiten kann man das alles nicht, da sich solch ein Stück ja beim Anheben immer ein wenig verzieht.“

Noch Schwingungsmessungen

Die weiteren Bauteile – eines ebenso 95 Tonnen schwer, das dritte mit dem Podest als Ausblick dann noch 60 Tonnen – sollen in der Nacht von Montag auf Dienstag und dann im Lauf der Woche folgen, denn der Verkehr am Aubuckel kann ja nur nachts gesperrt werden. Erst wenn alle drei Bauteile drin sind, mache er „drei Kreuze“, so Tawakol.

Fertig ist der Panoramasteg dann aber noch lang nicht. Die drei Bauteile werden zunächst provisorisch verbunden – Tawakol nennt es „Anheften“ – und dann endgültig verschweißt. Dafür sind allein zwei bis drei Wochen veranschlagt. Zugleich wird das erste Bauteil fest in der Feudenheimer Au einbetoniert. Ist der Beton ausgehärtet und sind die Schweißarbeiten oben abgeschlossen, können die provisorischen Schwerlasttürme, die den später freitragenden Steg während der Montage gestützt haben, abgebaut, auf dem Steg noch zum Korrosionsschutz Anstricharbeiten gemacht und das Geländer abschließend montiert werden. Schließlich steht noch eine Schwingungsmessung an, um zu wissen, wie und wo die bereitliegenden Schwingungsdämpfer montiert werden müssen.

Redaktion Chefreporter

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