Sanierung

Noch ist kein Baum gerettet - wie es mit dem Mannheimer Rheindamm weitergeht

Viele Bäume am Mannheimer Rheindamm könnten trotz der anstehenden Sanierung erhalten werden - sagt ein Gutachter im Auftrag der Stadt Mannheim. Wie es jetzt weitergeht und wie Bürger zum Erhalt der Bäume beitragen können

Von 
Stefanie Ball
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Frühestens im nächsten Sommer, vielleicht auch erst im Herbst, werden bei einem Erörterungstermin alle Unterlagen zur Rheinsanierung auf den Tisch kommen. © Christoph Blüthner

Rheindamm: Initiativen rufen zur Beteiligung auf

Wer sich mit einer Einwendung gegen die Fällung zahlreicher Bäume am Planfeststellungsverfahren zur Sanierung des Rheindamms beteiligen möchte, findet auf den Internet-Seiten der Bürger-Interessengemeinsachft (BIG) Lindenhof und der Initiative Waldpark Mannheim Informationsmaterial und Formulierungsbeispiele zu den Einwendungen. Darauf weist Sabine Jinschek von Waldpark Mannheim hin. Die Initiativen stellen zudem Mustereinwendungen für verschiedene Gruppen als Vorlagen zum Download bereit.

Mehr Infos: big-lindenhof.de und waldpark-mannheim.de

Der Rheindamm in Mannheim muss saniert werden, daran zweifelt niemand. Denn einem echten Hochwasser würde das alte Bauwerk kaum standhalten. Strittig ist, wie groß der Eingriff in den alten Baumbestand am Damm sein muss. Ein Fachgutachten, das die Stadt Mannheim in Auftrag gegeben hat, kommt zu dem Schluss, dass 80 bis 90 Prozent der Bäume erhalten werden können. Das letzte Wort in dem komplexen Verfahren ist aber längst nicht gesprochen. Frühestens in einem halben Jahr oder gar erst im nächsten Herbst kommen in einem Erörterungstermin alle Unterlagen auf den Tisch.

Wie ist der aktuelle Stand der Rheindammsanierung?

Bürgerinnen und Bürger sowie Vereine und Verbände können weiterhin Einwendungen gegen das Projekt vorbringen. Die Frist ist gerade verlängert worden - bis zum 19. Januar 2023. Bislang sind nach Angaben der Stadt 954 Einwendungen eingegangen.

Was ist mit dem Gutachten von Ronald Haselsteiner?

Das Gutachten wird wie eine Eingabe behandelt. Es ist ein Punkt, der - wie alle anderen Einwendungen - in die Gesamtbetrachtung einfließt.

Warum wurde überhaupt ein Gutachten in Auftrag gegeben?

Die Stadt hat in dem komplexen Verfahren zwei Rollen - die Untere Wasserbehörde muss die Planungen des Regierungspräsidiums Karlsruhe zur Sanierung des Rheindamms genehmigen. Gleichzeitig ist die Stadt Trägerin öffentlicher Belange, das heißt, sie vertritt eigene Interessen und die Interessen von Betroffenen und der Bürgerinnen und Bürger. In dieser Rolle hat die Stadt ein unabhängiges Fachgutachten in Auftrag gegeben. Umweltbürgermeisterin Diana Pretzell (Grüne) erklärt, dass dies ein sehr wichtiger Schritt sei, um die Möglichkeit des Baumerhaltes im Mannheimer Waldpark durch eine alternative Methode darzulegen. Aber: „Es ist ein Gutachten und keine Planung.“

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Was passiert als nächstes?

Nach Ende der Einwendungsfrist werden alle Einwendungen von der Planfeststellungsbehörde, also der Stadt Mannheim beziehungsweise der Unteren Wasserbehörde, gesichtet, thematisch sortiert, zusammengefasst und an das Regierungspräsidium Karlsruhe als Vorhabensträger übergeben.

Der nächste Schritt ist ein Erörterungstermin. Dieser könnte im Sommer/Herbst 2023 stattfinden. Dann kommt alles auf den Tisch: die Planungen des Regierungspräsidiums, sämtliche Einwendungen, inklusive Gutachten. Ein solcher Erörterungstermin, der öffentlich ist und zu dem alle eingeladen sind, die Einwendungen eingereicht haben, kann mehrere Tage dauern. Am Ende steht die Entscheidung, ob das Vorhaben wie beantragt oder mit Änderungen genehmigt wird. Änderungen können sich unter anderem durch die vorgebrachten Einwendungen ergeben. Sind größere Änderungen notwendig, müsste der Antragsteller, in dem Fall das Regierungspräsidium Karlsruhe, die Planungen überarbeiten.

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Laut den Plänen des Regierungspräsidiums dürfen keine Bäume auf einem Damm stehen. Das von der Stadt in Auftrag gegebene Gutachten sieht Bäume vor. Wie kann das sein?

Sowohl der von der Stadt beauftragte Gutachter Ronald Haselsteiner als auch das Regierungspräsidium beziehen sich auf dieselbe DIN 19712. Dort heißt es in Abschnitt 7.5.5.: „Gehölze (Bäume, Sträucher und Hecken) auf Deichen beeinträchtigen die Standsicherheit sowie die Unterhaltung und sind deshalb unzulässig. Bäume müssen einen Mindestabstand von 10 m vom Deichfuß aufweisen“. Würden in Ausnahmefällen Gehölze gefordert, bedarf es „besonderer Sicherungselemente, zum Beispiel Spundwände. Auf diesen Ausnahmefall bezieht sich das Gutachten von Ronald Haselsteiner.

Die Planer des Regierungspräsidiums stellen nicht in Abrede, dass solche statischen Ersatzsysteme Beeinträchtigungen durch Gehölze kompensieren können. Sie sehen das Problem jedoch woanders: bei der Dammverteidigung. „Um den Damm im Hochwasserfall verteidigen zu können, ist die baumfreie Zone dennoch erforderlich. Wenn Bäume auf dem Damm oder dicht daneben stehen, können diese bei Extremwetterbedingungen auf den Damm fallen, den Weg dort für Einsatzfahrzeugeblockieren und im schlimmsten Fall die Einsatzkräfte gefährden“, heißt es seitens des Regierungspräsidiums.

Wie dieser Aspekt - Bäume fallen um, behindern Einsätze von Feuerwehr und Polizei und beschädigen unter Umständen den Damm - zu bewerten sei, beantwortet die Stadt Mannheim wie folgt: „Die Spundwand trägt sich selbst als statisches Ersatzsystem und bleibt somit stehen. Daher müssen die Einsatzkräfte nicht jederzeit an den Damm. Die Sicherheit von Personen auf den Wegen ist Thema der Herstellung der allgemeinen Verkehrssicherheit. Sturm- und Hochwasserereignisse sind voneinander unabhängige Ereignisse. Von einer besonderen Gefährdung oder einem Erschwernis ist daher nicht auszugehen.“

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Das Regierungspräsidium plant mit einem Erddamm und will außerdem zusätzlich so genannte Spundwände einbringen. Das von der Stadt in Auftrag gegebene Gutachten sieht ebenfalls Spundwände vor, und zwar ausschließlich. Was ist der Unterschied?

„Es gibt keinen grundlegenden Unterschied“, sagt Ronald Haselsteiner. Spundwände hätten grundsätzlich eine statische Tragwirkung, die als statisches Ersatzsystem die gesamte Hochwasserschutzwirkung übernehmen könnten, also stehen blieben, wenn der Damm während eines Hochwassers (komplett) versage. Die gesamte Höhe einer solchen Spundwand beträgt laut Haselsteiner zehn bis zwölf Meter, wobei zwei Drittel in der Erde versenkt werden und ein Drittel im rund vier Meter hohen Damm stecken.

Das Regierungspräsidium erklärt dagegen, dass Spundwandprofile von selbsttragend bemessenen Spundwänden deutlich dicker (massiver) seien und tiefer in den Boden eingebracht werden müssten. Die Planungen des Regierungspräsidiums sehen leichtere Spundwandprofile vor, die nur zusammen mit dem Erddammbauwerk den Belastungen standhalten. Die Spundwände müssten in diesem Fall auch nicht so tief in den Untergrund eingebracht werden.

Wie breit sind die baumfreien Zonen?

Das Regierungspräsidiums plant wasser- und landseitig ab dem Dammfuß mit jeweils zehn Meter baumfreien Zonen. Der Dammfuß beginnt dort, wo die schräge Böschung in die Horizontale übergeht.

Laut dem Gutachten von Ronald Haselsteiner müssen Bestandsbäume rund zwei Meter rechts und links von der Spundwand entfernt und Baumkronen gestutzt werden. Die Spundwandtrasse würde entlang der wasserzugewandten Seite der Dammschulter verlaufen, sprich am Böschungsbeginn zum Rhein.

Was ist mit den Baumreihen, den Alleen, hinter den Kleingärten?

Laut den Planungen des Regierungspräsidiums können die Alleen in Abschnitt 4 Süd erhalten bleiben, in Abschnitt 4 Nord jedoch nicht. Abschnitt 4 Süd hat eine Länge von 550 Metern, er beginnt an der Überfahrt Franzosenweg und endet nördlich des Saupferchwegs (Weg aus den Kleingärten über den Damm). Abschnitt 4 Nord hat eine Länge von ebenfalls 550 Metern, er schließt sich an den Abschnitt Süd an und endet am Promenadenweg am nördlichen Ende des Kleingartengeländes.

Sehr wahrscheinlich kann eine Baumreihe auf der vom Wasser abgewandten Seite des jetzigen Dammes erhalten bleiben, sollte nach dem Gutachten von Ronald Haselsteiner saniert werden. Bürgermeisterin Pretzell betont jedoch: „Welche Bäume wir im Einzelnen retten und welche dann doch der Spundwand und dem Weg auf der Dammkrone weichen müssen, würde eine detaillierte Planung zeigen, daher können wir die Anzahl der zu rettenden Bäume auch nicht genau beziffern.“

Freie Autorin

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