Mannheim. Im früheren Netto-Markt ist der Neustadter Straße brennt Licht. Drinnen ist niemand zu sehen, davor steht ein Polizeiauto. Vermutlich wegen der vielen Menschen, die ein Stück weiter in einen Gewerbehof gehen. Nach Schätzung der Organisatoren sind es rund 200, darunter ein gutes Dutzend Lokalpolitiker. Von allen Gemeinderatsfraktionen ist jemand da. Ranghöchste sind der designierte SPD-Wirtschaftsbürgermeister Thorsten Riehle und die Grünen-Landtagsabgeordnete Susanne Aschhoff. CDU-Stadtoberhaupt Christian Specht hat seinen Referenten David Linse geschickt.
Protest gegen Moschee in Käfertal-Süd: "Sonst bin ich weg"
In einer Lagerhalle heißt Friedrich Naumer seine Gäste willkommen. An den Wänden hängen Pläne von dem Gemeindezentrum, das der Islamische Arbeiterverein im früheren Supermarkt bauen will, Zeitungsartikel darüber sowie Informationen über ein Projekt, das der Unternehmer nebenan in der Rüdesheimer Straße betreibt. 300 Wohnungen würden hier entstehen, sagt er später dem „MM“. „Aber nur, wenn diese Moschee nicht gebaut wird. Sonst bin ich weg.“ Dann werde er Käfertal-Süd verlassen und all seine Immobilien hier verkaufen.
Am Mikrofon verzichtet Naumer indes auf diese Drohkulisse. Er dankt zuerst seiner Frau, die ihn immer wieder mit Baldrian beruhige. Sie steht am Eingang und sammelt Unterschriften. Auf den Bögen steht „NEIN zu einer Salafisten-Moschee“ und, dass die Stadtverwaltung hier wieder einen Nahversorger genehmigen solle. Die lehnt das unter Verweis auf ihr Zentren-Konzept ab.
Lichtbildvortrag zu Moscheeverein: Auch Innenminister Strobl wird zitiert
Anstelle von Naumers Frau übernimmt das Beruhigen im Folgenden, wenn er sich mal in Rage zu reden droht, immer wieder sein Mitstreiter Rolf Stockert. Der stellt sich als Schreiner aus der Wachenheimer Straße vor. Beide Männer betonen, sie seien als Anwohner und Familienväter sehr besorgt. In einem ausführlichen Lichtbildvortrag thematisieren sie, dass jener Moscheeverein auch nach der Trennung von einem als extremistisch geltenden Imam 2017 nach wie vor vom Verfassungsschutz beobachtet wird.
Zitiert wird zudem der Stuttgarter Innenminister Thomas Strobl, das Omar Al Faruq Center (aktuell noch in der Neckarstadt-West) werde auch weiter von einigen Salafisten aufgesucht. Allerdings bescheinigt der Christdemokrat dem Trägerverein, sich glaubwürdig vom Extremismus distanziert zu haben.
Neben Sicherheitsbedenken und der Notwendigkeit eines Nahversorgers argumentieren Naumer und Stockert mit Verkehrsströmen. Da die Moschee 550 Menschen fassen und nur 40 Parkplätze haben solle, werde es bei Freitagsgebeten zu erheblichen Behinderungen kommen.
Das Park-Problem bestätigt aus eigener Erfahrung Freie-Wähler-Stadtrat Christopher Probst, der sich nach dem halbstündigen Vortag der Organisatoren als Erster zu Wort meldet. Weil er Naumer in einigen verfahrensrechtlichen Punkten korrigiert, kommt es zu einem kleineren Wortgefecht. Probst sagt aber zu, die Mannheimer Liste werde im Gemeinderat auf einer Abstimmung über ihren Antrag bestehen, hier vor allem aus Verkehrsgründen keinerlei religiöse Einrichtung zu erlauben.
Seine SPD-Kollegin Melanie Seidenglanz versichert den Anwohnern: „Sie werden gehört!“ Es sei sehr bedauerlich, dass die Stadtverwaltung nicht vor dieser Veranstaltung für mehr Transparenz gesorgt habe. In diese Kerbe haut auch erneut Grünen-Stadtrat Chris Rihm, der Naumer und Stockert für ihr Engagement dankt. Der CDU-Kreisvorsitzende Christian Hötting versichert, bei der derzeitigen Faktenlage sei seine Partei „ganz klar“ gegen das Gemeindezentrum. Nun gebe es noch einigen Klärungsbedarf.
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Moschee in Käfertal-Süd: Aufklärung in Dialogprozess versprochen
Spechts Referent Linse verspricht umfassende Aufklärung in dem vergangene Woche zugesagten Dialogprozess. Voraussichtlich kommenden Donnerstag gebe es eine erste, vom Oberbürgermeister moderierte Informationsveranstaltung. Dazu werde auch erneut eine ausführliche Sicherheitseinschätzung des Verfassungsschutzes eingeholt. Mit dessen Präsidentin Beate Bube habe Specht schon vor Monaten telefoniert. Der sagte im November, man sei sich in der Einschätzung einig, dass von der Moschee keine konkrete Bedrohung ausgehe. Linse greift auch das Thema Parkplätze auf, das habe für seinen Chef einen hohen Stellenwert.
Neben Unterschriften - insgesamt können sie Specht in seiner Bürgersprechstunde am Mittwoch 331 übergeben - bekommen Naumer und Stockert an diesem Abend viel Applaus und Zuspruch. Widerspruch regt sich nicht. Khalil Khalil und Talal Birouk vom Islamischen Arbeiterverein schütteln zwar immer wieder den Kopf. Aber das Wort ergreifen wollen sie nicht. Dafür sei diese Veranstaltung ungeeignet, sagt Khalil dem „MM“, sie seien ja nicht mal dazu eingeladen worden. Beim Dialogprozess der Stadtverwaltung würden sie sich erneut einbringen.
Zu Beginn warf Naumer Khalil vor, er sei einfach ohne Einladung gekommen. Sich ihre Veranstaltung anschauen, dürfe er nun trotzdem.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Specht muss Menschen von der Moschee überzeugen