Das in Käfertal-Süd geplante muslimische Gemeindezentrum bewegt nach wie vor viele Gemüter. Der Mannheimer SPD-Landtagsabgeordnete Boris Weirauch hat den Stuttgarter CDU-Innenminister Thomas Strobl um eine Einschätzung zum Islamischen Arbeiterverein gebeten, der das Projekt betreibt. Der habe sich zwar glaubwürdig von extremistischem Gedankengut distanziert, heißt es in der Antwort. Auch hätten im Omar Al Faruq Center in der Neckarstadt-West seit 2017 - dem Weggang eines salafistischen Imams - keine derartigen Veranstaltungen mehr stattgefunden. Gleichwohl werde es „weiterhin von Salafisten frequentiert“, auch wenn die nicht offen in den Moscheeräumen agierten, so Strobl.
Zur Begründung, warum das Zentrum noch vom baden-württembergischen Verfassungsschutz beobachtet wird, verweist der Innenminister auch auf eine herausgehobene Stellung als große arabischsprachige Moschee. Diese sei speziell bei den Freitagsgebeten eine attraktive Anlaufstelle für Hunderte Muslime und eine Art „Marktplatz“. Der werde nicht nur, aber auch von Salafisten genutzt. Sie könnten hier versuchen, andere Gläubige für ihre Szene zu rekrutieren. Weirauchs Frage, ob der Verein oder das Center Gegenstand polizeilicher Ermittlungen gewesen seien, verneint Strobl.
Speziell die Aussagen zum „Marktplatz“ und zur möglichen Salafisten-Rekrutierung ließen ihn aufhorchen, sagt Weirauch dem „MM“. „Oberbürgermeister Christian Specht wäre gut beraten, die dem Moschee-Verein in Aussicht gestellte Baugenehmigung noch mal eingehend unter die Lupe zu nehmen.“
Das sagt Mannheims OB Specht zur Aussage Strobls
Specht sieht dazu im Schreiben seines CDU-Parteifreunds allerdings keinen Anlass. Dieses gebe „die wesentlichen Ergebnisse der Gespräche der Stadt Mannheim mit dem Landesverfassungsschutz vom November 2023 wieder“, so ein Rathaussprecher. Das Omar Al Faruq Center habe wegen jenes Imams jahrelang im Fokus gestanden. Nach dessen Weggang seien trotz intensiver Beobachtung keine salafistisch ausgerichteten Veranstaltungen mehr festgestellt worden. Zudem habe sich der Islamische Arbeiterverein glaubwürdig von extremistischem Gedankengut distanziert.
Wir sehen uns als deutscher Verein und den deutschen Gesetzen verpflichtet.
Der Oberbürgermeister habe geklärt, dass nach Einschätzung des Verfassungsschutzes keine konkrete Bedrohung von dieser Gemeinde ausgehe. Insbesondere gebe es keine Hinweise, dass zu Straftaten aufgerufen werde, so der Sprecher. Er verweist auch auf Aussagen des städtischen Integrationsbeauftragten Claus Preißler, mit dem neuen Gemeindezentrum wolle sich der Verein gegenüber der Stadtgesellschaft weiter öffnen und den vor längerer Zeit begonnenen Dialog fortsetzen.
Im Integrationsausschuss sagte Specht im November, mit dem Projekt seien mehr Chancen als Risiken verbunden. Auch baurechtlich spreche aus Sicht der Verwaltung grundsätzlich nichts dagegen.
Der Bauantrag sei Mitte Dezember eingegangen, so der Rathaussprecher. Da der Bauherr noch einige Unterlagen zur Verfügung stellen müsse, lasse sich derzeit nicht absehen, wann eine Entscheidung falle.
Khalil Khalil, Sprecher des Islamischen Arbeitervereins, sagt indes auf Anfrage, bisher hätten sie von der Stadt nur eine Eingangsbestätigung bekommen. Und zu Strobls Einstufung teilt der Vorstand mit, keine extremistischen Aktivitäten zu unterstützen. „Wir sehen uns als deutscher Verein und den deutschen Gesetzen verpflichtet.“ Sie kooperierten „eifrig“ mit der Stadt und engagierten sich im Arbeitskreis Islamischer Gemeinden in Mannheim. Zudem verweisen sie auf die Unschuldsvermutung. Ihre Moschee sei eine offene Anlaufstelle für die gesamte muslimische Community.
Das neue Gemeindezentrum soll in einem früheren Netto-Supermarkt in der Neustadter Straße entstehen. Nur im Erd- und im Untergeschoss, an den vier Mietwohnungen darüber will der Verein festhalten.
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In einem Teil der Nachbarschaft wird dem Vernehmen nach versucht, Widerstand gegen die Moschee zu formieren. Wegen kursierender Bedenken baten Grünen-Stadtrat Chris Rihm und seine SPD-Kollegin Melanie Seidenglanz, beide aus Käfertal, Weirauch als Sicherheitsexperten im Landtag um die Anfrage an Strobl. Die Antworten werfen für sie einige Fragen auf, die Specht der betroffenen Bevölkerung beantworten müsse. Rihm und Seidenglanz fordern eine öffentliche Information der Nachbarschaft, bei der auch Themen wie Parkplätze und Nahverkehr transparent geklärt werden sollten. Am Freitag wollen die beiden mit dem CDU-Kreisvorsitzenden Christian Hötting möglichst eine gemeinsame Position der drei größten Fraktionen erarbeiten.
Veränderungssperre beantragt
Mit Verweis unter anderem auf die Verkehrsproblematik versucht die Mannheimer Liste (ML) bereits, das Projekt zu verhindern. Sie beantragt eine Veränderungssperre, um zwischen der Neustadter und der Rüdesheimer Straße keinerlei religiöse Einrichtungen zu erlauben. Dafür gebe es geeignetere Standorte.
Bisher wurde der im November gestellte Antrag im zuständigen Ausschuss für Umwelt und Technik noch nicht behandelt. Auf der Tagesordnung für die Sitzung am 25. Januar steht er auch nicht, die nächste ist am 19. März. Auf Anfrage teilt dazu Stadtrat Christopher Probst mit, die ML gehe davon aus, dass vor einer Behandlung „nicht schon vollendete Tatsachen durch die Verwaltung mit Erteilung der Baugenehmigung geschaffen werden“. Nach Auffassung seiner Fraktion wäre dies auch vor Inkrafttreten des veränderten Bebauungsplans nicht rechtmäßig.
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