Rückblick

Mannheims Polizeipräsidentin: „2024 war ein in vielerlei Hinsicht herausforderndes Jahr“

Wenige Tage nach dem Marktplatz-Attentat ist Ulrike Schäfer als Präsidentin des Polizeipräsidiums Mannheim angetreten. Nun blickt sie auf ihre ersten sieben Monate im Amt und auf das Jahr 2024 zurück

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Kai Plösser
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Der 31. Mai bleibt in Erinnerung: Trauermarsch der Polizei für den nach dem Marktplatz-Attentat verstorbenen Beamten Rouven Laur am 14. Juni. © Christoph Blüthner

Mannheim. Rückblickend dürfte der 31. Mai, der Tag des Messer-Attentats auf dem Marktplatz, aus Sicht des Polizeipräsidiums (PP) Mannheim wohl alles überschattet haben. „Das Jahr 2024 war für uns als Polizei in vielerlei Hinsicht ein herausforderndes Jahr“, sagt Polizeipräsidentin Ulrike Schäfer dieser Redaktion zwar. „Ich denke aber, was sicher nicht nur uns als Polizei, sondern auch alle Bürgerinnen und Bürger bewegt hat, war der Messerangriff auf dem Mannheimer Marktplatz, bei dem mehrere Menschen zum Teil schwer verletzt wurden und unser Kollege Rouven Laur ums Leben gekommen ist.“

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Es sei eine Tat, die sie fassungslos gemacht habe. Andererseits hätten die folgenden Tage nach dem Tod Laurs aber gezeigt, „wie groß die Anteilnahme in der Bevölkerung und die Unterstützung innerhalb der Polizei Baden-Württemberg“ gewesen sei. „Die Zeit hat mir als Polizeipräsidentin gezeigt, dass ich mich in dieser auch emotional belastenden Zeit auf meine Kolleginnen und Kollegen verlassen konnte“, sagt Schäfer.

Leitet das Polizeipräsidium Mannheim seit 5. Juni offiziell als Präsidentin: Ulrike Schäfer. © Thomas Tröster

Nicht einmal eine Woche nach dem Attentat war Schäfer am 5. Juni vom Innenministerium offiziell als Nachfolgerin des Polizeipräsidenten Siegfried Kollmar ernannt worden, der am 12. März überraschend an den Folgen einer geplanten Operation verstorben war. „Ein einschneidendes Erlebnis“ sei Kollmars plötzlicher Tod für das Polizeipräsidium Mannheim gewesen. Auch persönlich habe sie das Ableben Kollmars „sehr betroffen gemacht“, blickt Schäfer zurück.

Kritik beschäftigt Mannheims Polizeipräsidentin Schäfer

Als Vizepräsidentin des PP und Leiterin der Kriminaldirektion Heidelberg hatte Schäfer Kollmars Posten zunächst noch kommissarisch übernommen. Zu der Zeit stand die Mannheimer Polizei vor allem wegen des Umgangs mit psychisch kranken Menschen in der Kritik. „Gerade zu Beginn des Jahres kann ich mich an die Kritik erinnern, die im Zusammenhang mit polizeilichen Einsätzen aufgekommen ist“, erinnert sie sich.

Damit spricht Schäfer einen Polizeieinsatz auf der Schönau Ende Dezember 2023 an, als der mit einem Messer bewaffnete Ertekin Ö. durch Schusswaffengebrauch eines Beamten ums Leben kam. Zudem standen ab Januar auch die Gerichtsverhandlungen im Fall Ante P. an, der im Mai 2022 in Folge eines Polizeieinsatzes mit Gewaltanwendung auf dem Marktplatz verstorben war.

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„Ich als Polizeipräsidentin würde mir wünschen, dass meine Beamtinnen und Beamten nicht in solche schwierigen Einsatzsituationen geraten, die sie vor die Entscheidung stellen, im schlimmsten Fall auch von Zwangsmitteln Gebrauch machen zu müssen“, sagt Schäfer. Kritik sei in ihren Augen zwar richtig und wichtig. „Aber zuständig für die Bewertung solcher Sachverhalte ist die Gerichtsbarkeit und sollte nicht bereits im Vorfeld, ohne die Kenntnis aller Umstände erfolgen“, betont sie.

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Im Fall des Einsatzes auf der Schönau hatte die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen den beschuldigten Polizisten im Mai eingestellt, weil sie kein rechtswidriges Verhalten beim Beamten festgestellt hatte. Im Marktplatz-Prozess hatte das Mannheimer Landgericht Anfang März den Hauptangeklagten, einen 27-jährigen Polizisten, zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 50 Euro wegen Körperverletzung im Amt verurteilt, seinen Kollegen sprachen sie vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen frei.

Ulrike Schäfer: Zwei Sonderkommissionen in Erinnerung geblieben

Den Freispruch bestätigten Karlsruher Richter am Bundesgerichtshof. Im Fall des 27-jährigen Hauptangeklagten entschieden sie aber, dass neu verhandelt werden muss - weil Rechtsfehler in der Urteilsbegründung sich zulasten des Mannes ausgewirkt hätten. Nun muss vor dem Mannheimer Landgericht neu verhandelt werden, um die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten - und die könnten zu einer milderen Strafe für den Polizisten führen. Das Strafmaß darf zumindest aber nicht höher ausfallen als im ersten Urteil.

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Schäfer sind von diesem Jahr zudem noch zwei „personal- und ermittlungsintensive“ Sonderkommissionen in Erinnerung geblieben. Zum einen die SoKo „Rampe“: Hierbei soll ein Ehepaar aus Sandhausen im März eine 27 Jahre alte Mutter aus der Ukraine sowie eine 51-jährige Großmutter eines Säuglings umgebracht haben, um das Kind danach als ihre eigene Tochter ausgeben zu können. Seit Oktober ermittelt die SoKo „Ramus“ im Fall einer gefundenen Frauenleiche an der Seckenheimer Pferderennbahn.

Versammlungen zum Nahost-Konflikt belasten Polizei

Herausfordernd und belastend für die Polizei seien in diesem Jahr zudem die vielen „hochemotionalen“ Versammlungen im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt gewesen. Dies erfordere „von allen Beteiligten, insbesondere von den polizeilichen Einsatzkräften, ein sensibles, aber auch konsequentes Einschreiten“, sagt Schäfer.

Bleiben von 2024 wird in Mannheim aber vor allem der 31. Mai. „Die Aufgaben für uns als Polizei sind aber im vergangenen Jahr trotz dieses einschneidenden Erlebnisses nicht weniger geworden“, betont Schäfer. „Die polizeiliche Kriminalstatistik und deren Analyse wird zeigen, wo wir im kommenden Jahr weiter ansetzen müssen, zum Beispiel in der Kriminalitätsbekämpfung“, blickt die Polizeipräsidentin voraus und sagt: „Neue Herausforderungen warten auch aufgrund der allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung auf uns.“

Redaktion

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