Mannheim. Für Lukas Eyermann und Christian Kaut kommt die angekündigte Schließung des Bumiller-Raab-Hauses wenig überraschend. Witze darüber, dass das Wohnheim für Studentinnen und Studenten in der Schwetzingerstadt „bald auseinanderfliegt“, habe es schließlich schon seit langer Zeit gegeben, erklären die beiden Bewohner mit einem Lachen. „Und von außen ist das Haus auch nicht unbedingt eine Perle in Mannheim“, fügt Kaut, der Volkswirtschaft im Master studiert, an.
Aber auch ohne schickes Aussehen und größere Zimmer spricht Kaut, der „seit fünf Jahren mit Unterbrechung“ eines Auslandssemesters in dem Wohnheim lebt, von einer starken „emotionalen Bindung“ zu dem Haus - und ist damit sicherlich nicht allein. „Die Studierenden schätzen das Bumiller-Raab-Haus insbesondere aufgrund des dortigen Gemeinschaftsgefüges sehr“, teilt der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) dieser Redaktion mit. Eine derart vor allem durch die Hausstruktur geförderte Gemeinschaft finde man in anderen Mannheimer Wohnheimen nicht, erklärt auch Kaut. „Da ist es eher anonym.“
Schließung frühzeitig bekannt
Gemeinsame Abende im hauseigenen Bar-Keller, das Kochen in den Gemeinschaftsküchen auf den Stockwerken oder die individuelle Gestaltung der einzelnen Etagen zeichnen das Wohnheim besonders aus, erklären der AStA und die beiden Studenten. „Es ist schade, wenn das jetzt aufhört“, sagt Kaut, der etwa das gemeinsame Schauen der US-Wahl und der Super-Bowls (die Endspiele der US-Liga im American Football) im Wohnzimmer auf dem Stockwerk als „Höhepunkte“ bezeichnet.
Nach einem Auslandssemester im kommenden Jahr wäre auch Eyermann, der Politikwissenschaft studiert, „eigentlich gerne wieder in das Haus zurückgekehrt“, sagt er. „Aber das geht jetzt nicht mehr.“
Das vor mehr als 50 Jahren erbaute Haus „muss grundlegend saniert oder komplett erneuert werden, um den heutigen Standards und Anforderungen an Gebäuden entsprechen zu können“, teilte die Hausverwaltung Mitte Oktober dieser Redaktion mit (wir berichteten). Für die Dauer der Sanierung müsse das Wohnheim deshalb nach August 2022 geschlossen werden. „Nach Gesprächen mit Studierenden, die im Bumiller-Raab-Haus leben, sind wir ebenfalls der Ansicht, dass eine Renovierung des Gebäudes durchaus sinnvoll und notwendig ist“, erklärt nun auch der AStA.
Man habe „die Schließung so weit im Voraus bekannt gegeben, damit für jeden genügend Zeit bleibt, sich auf die Situation einzustellen“, teilt die Verwaltung des Wohnheims mit. Zeit, die sicherlich gebraucht wird. So verweist etwa der AStA auf die „wichtige Rolle“, die das Haus auf dem Wohnungsmarkt für Studentinnen und Studenten in Mannheim spiele. Das zeige sich auch daran, dass das Studierendenwerk trotz der Corona-Lage und nur teilweiser Präsenzlehre „relativ lange Wartelisten für Studierendenwohnungen hat“.
Wohnheim mit langer Tradition
Das in der Schwetzingerstadt gelegene Wohnheim war lange als Curt-Sandig-Haus bekannt und wurde 1971 fertiggestellt.
Benannt war das Haus zunächst nach dem ehemaligen Rektor der Universität Curt Sandig (1901-1981). Auf Grundlage einer Abschlussarbeit, die die Verstrickung Sandigs mit der NS-Ideologie auch nach 1945 thematisiert hatte, setzte sich der AStA für eine Umbenennung des Wohnheims ein.
Ende August 2019 teilte die Universität Mannheim mit, dass das Wohnheim in Bumiller-Raab-Haus umbenannt wird. Der neue Name wurde in Andenken an die ursprüngliche Stifterin Emilie Bumiller, geb. Raab, gewählt.
Momentan wohnen laut Verwaltung 142 Studentinnen und Studenten in dem Haus. Ende August 2022 wird das Wohnheim zu Sanierungszwecken geschlossen. Noch unklar ist, ob das Haus abgerissen wird oder eine Sanierung ohne Abriss möglich ist.
Lange Wartelisten
127 Personen umfasst die Warteliste derzeit, bestätigt das Studierendenwerk. „Für das Wintersemester bewerben sich in der Regel zwischen 4000 und 6000 Studierende bei uns auf etwa 1000 bis 1200 freie Plätze“, heißt es. „In den kommenden Jahren werden auf den Quadraten B6, 14-15 und L4, 11-13 rund 300 weitere Wohnplätze entstehen, um der hohen Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum für Studierende gerecht werden zu können.“
Für aktuell Suchenende lautet die Empfehlung, sich sechs Monate vor Einzug auf einen Platz zu bewerben. „Studierende, die nach oder während der Schließung des Hauses eine neue Wohnunterkunft über das Studierendenwerk suchen, müssen mit entsprechend langen Wartezeiten rechnen“, befürchtet der AStA. Die Idee einer Übergangsregelung für Bewohnerinnen und Bewohner des Raab-Hauses, deren Mietverträge zum Zeitpunkt der Schließung noch bestehen, bezeichnet das Studierendenwerk auf Anfrage als „sicherlich denkbar“. Man wolle allerdings zunächst die weitere Entwicklung des Bumiller-Raab-Projekts abwarten, ehe man diesbezüglich eine verbindliche Aussagen treffen könne.
Aktuell wohnen 142 Studentinnen und Studenten in dem Haus in der Gaußstraße. Wie viele davon allerdings direkt von der Schließung betroffen sind, also auch nach August 2022 einen Wohnplatz für ein Studium in Mannheim benötigen, ist laut Hausverwaltung noch unklar und werde im Januar in Gesprächen geklärt.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Schließung des Mannheimer Bumiller-Raab-Hauses kann geräuschlos glücken