Corona - Impfärztin Katja Fischer über die Erfahrungen, die sie seit einem Jahr im Impfzentrum und bei mobilen Aktionen macht

Mannheimer Impfärztin: „Zum Glück sind die gut Gelaunten in der Überzahl“

Von 
Steffen Mack
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Katja Fischer im Volkshaus Neckarau. Die Ärztin ist bei den städtischen Impfaktionen seit Beginn dabei. Sie kann sich auch vorstellen, noch länger mitzumachen – falls etwa in absehbarer Zeit noch Viertimpfungen anstehen. © Steffen Mack

Vor dem Volkshaus Neckarau stehen gegen 11.30 Uhr schon einige Menschen in der Schlange. Täglich von 12 bis 18 Uhr wird hier gegen Corona immunisiert. Als Impfärztin ist Katja Fischer bei den städtischen Aktionen schon von Anfang an dabei. Im Interview mit dem „MM“ erzählt sie, was sie dabei so erlebt hat, welche Menschen sie besonders gerne impft und wie zufrieden sie mit politischen Weichenstellungen ist.

Frau Fischer, wie viele Impfungen haben Sie schon vorgenommen?

Katja Fischer: Ich schätze mal, im Durchschnitt waren es täglich um die 100, im Winter eher mehr. Insgesamt dürften es also etwa 24 000 bis 25 000 gewesen sein.

Alle Achtung! Damit haben Sie an der Bekämpfung der Pandemie in Mannheim einen nicht unerheblichen Anteil! Was hat Sie bewogen, bei den Impfungen mitzumachen?

Fischer: Das hat ganz gut in meinen Lebensplan gepasst. Ich hatte im September 2020 gerade meine Facharzt-Prüfung als Neurologin absolviert, dann kam die Impfkampagne und da wollte ich gerne mithelfen. Ein paar Tage nach meiner Bewerbung kam schon die Zusage, und im Januar ging es in der Maimarkthalle los. Zunächst im Impfzentrum, dann mit den mobilen Teams.

Was liegt Ihnen mehr?

Fischer: Die mobilen Teams. Wir waren erst in den Seniorenheimen, dann in den Stadtteilen, das war sehr abwechslungsreich und hat viel Spaß gemacht. Es war auch etwas persönlicher als im Impfzentrum.

In welchem Stadtteil hat es Ihnen am besten gefallen?

Fischer: In der Neckarstadt! Da war im Frühsommer gerade die Priorisierung aufgehoben worden und es bildeten sich lange Schlangen auch mit vielen jungen Menschen. Da waren wir alle im Team supermotiviert und freuten uns, was bewegen zu können.

Eigentlich Neurologin

  • Katja Fischer wurde am 4. August 1986 in Karlsruhe geboren.
  • Sie studierte Medizin in Mannheim und Heidelberg, ihr Examen machte sie 2014.
  • Danach wurde Fischer am Klinikum Ludwigshafen zur Fachärztin für Neurologie ausgebildet.
  • Seit Januar 2021 arbeitet die 35-Jährige im Auftrag der Stadt Mannheim als Impfärztin.
  • Fischer wohnt in Neckarau.

Welche Impflinge sind Ihnen die Liebsten? Gibt es da vielleicht eine bestimmte Altersgruppe?

Fischer: Das ist keine Frage des Alters. Ich mag besonders die gut Gelaunten, die vielleicht auch mal einen Witz machen . . .

Heißt im Umkehrschluss: Es gibt auch schlecht Gelaunte, mit denen es deutlich weniger Spaß macht?

Fischer: Oh ja. Das sind vor allem die, die sich zur Impfung gezwungen fühlen und einem deswegen Vorwürfe machen. Die gab es vor allem, als die Regeln für Ungeimpfte verschärft wurden. Zum Glück sind die gut Gelaunten aber in der Überzahl.

Wer kommt denn derzeit so?

Fischer: Seit einigen Tagen sind es unheimlich viele Junge, die sich ihre Booster-Impfung abholen. Im November/Dezember war das ja eher noch Älteren vorbehalten.

Kommen auch noch Menschen, die eine Erstimpfung wollen?

Fischer: Mein Eindruck ist, dass es nur noch ganz wenige sind, die allermeisten kommen zum Boostern. Bis Anfang Dezember sah das anders aus, da hielt sich das Verhältnis zwischen Erst-, Zweit- und Drittimpfungen noch etwa die Waage.

Der Laune Ihrer Impflinge ist vermutlich auch sehr förderlich, dass die Schlangen bei den Aktionen nicht mehr so lange sind?

Fischer: Absolut. Vor Weihnachten war der Unmut groß, wenn Menschen lange in der Kälte stehen mussten. Jetzt geht es zügig.

Dass bei den städtischen Impfangeboten nur noch unter 30-Jährige Biontech bekommen und alle anderen Moderna, dürfte aber auch für Diskussionen sorgen, oder?

Fischer: Viele wollen einfach Biontech, weil das der bekannteste Markenname ist. Die meisten lassen sich aber mit fachlichen Argumenten überzeugen, dass Moderna genauso gut ist und man beide Impfstoffe auch problemlos kreuzen kann. Auf lange Diskussionen lasse ich mich da aber gar nicht ein, sondern weise freundlich darauf hin, dass sie sich dann eben bei einem niedergelassenen Arzt um einen Termin mit Biontech bemühen müssen. Ein kleiner Teil geht dann auch wieder.

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Manche argumentieren: „Biontech habe ich zwei Mal gut vertragen, dabei will ich bleiben.“

Fischer: Medizinisch gibt es da keinen Unterschied. Kein Arzt der Welt kann vorhersagen, wann Impfreaktionen bei wem auftreten. Und wenn es die gibt, sind die nach zwei, drei Tagen wieder vorbei. Ich habe auch nicht verstanden, warum man in der Politik nicht von Anfang an auf die Studien hingewiesen hat, wonach eine Kreuzung von Biontech und Moderna unproblematisch ist.

Was hat Ihnen an der staatlichen Impfpolitik noch missfallen?

Fischer: Die Schließung der Impfzentren. Man hätte sich denken können, dass die niedergelassenen Ärzte das Boostern nicht allein schaffen.

Wobei das damals führende Ärztevertreter massiv behauptet und die Schließung gefordert haben.

Fischer: Vielen war wohl einfach nicht klar, wie groß der organisatorische Aufwand ist. Mit Grippeimpfungen ist das nicht zu vergleichen.

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Was halten Sie von einer allgemeinen Impfpflicht?

Fischer: Für bestimmte Berufsgruppen wie meine finde ich die gut, sonst nicht. Ich finde, man sollte es mehr mit Überzeugung versuchen. Ich habe zur besten Sendezeit noch keinen einzigen Aufklärungsfilm gesehen. Warum zeigt man nicht nach den Abendnachrichten 15 Minuten in einfacher Sprache, wie genau so eine Impfung funktioniert?

Denken Sie, bei vielen Menschen fehlt es noch an Aufklärung?

Fischer: Ich erlebe immer wieder, dass sich einige nur sehr widerstrebend impfen lassen. Die haben einfach noch viele diffuse Vorbehalte.

Das heißt aber, negative Anreize durch staatlichen Druck wirken sich auf die Impfbereitschaft aus?

Fischer: Den Eindruck habe ich schon, ja.

Und positive Anreize wie Döner oder Pizza als Impfprämien?

Fischer: Ich glaube nicht, dass sich deswegen jemand impfen lässt. Wenn es so etwas gibt, nimmt man es halt gerne mit, mehr nicht.

Es gibt auch Menschen, die etwa eine Spritzenphobie an der Impfung hindert, richtig?

Fischer: Ja, das sind vor allem Jüngere. Die bekommen Kreislaufprobleme, ihnen wird schwarz vor Augen, manche werden sogar ohnmächtig.

Gehen die dann wieder?

Fischer: Ich hatte einen speziellen Fall, der war allein bei mir drei Mal und ist immer wieder gegangen. Ich weiß auch von Kollegen, bei denen er war. Der wollte sich impfen lassen, hat dann aber jedes Mal solche Panik bekommen, dass es nicht ging.

Was macht man da?

Fischer: Ich habe ihm empfohlen, sich an einen niedergelassenen Arzt zu wenden. Der kann auf solche Fälle besser eingehen, als das im Impfzentrum oder bei mobilen Aktionen möglich ist.

Sie werden ja vermutlich mit Impfen auch noch einige Zeit beschäftigt sein, oder? Israel etwa will ja nun bereits mit den vierten Impfungen beginnen.

Fischer: Darüber wird in Deutschland ja auch schon diskutiert. Ich kann mir gut vorstellen, dass es nicht mehr lange dauert.

Bleiben Sie dabei, oder haben Sie langsam genug vom Impfen?

Fischer: Ursprünglich dachte ich, ich mache das nur für drei Monate. Aber es macht mir unverändert Spaß. Daher lasse ich mich von einer weiteren Boosterwelle nicht abschrecken.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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