Mannheim. Die Geschichte des Collini Centers ist eng mit der ersten Mannheimer Bundesgartenschau verwoben. Schließlich wollte sich die Stadt anlässlich des großen Blütenfestes anno 1975 mit einer zukunftsweisenden Neckar-Silhouette samt höchstem Gebäude präsentieren.
Ironie blitzt auf, dass ausgerechnet im Jahr der BUGA-Zweitauflage der angepeilte Teilabriss kontroverse Debatten auslöst. Aber solche haben das kommunale Prestigeobjekt schon früh begleitet.
1970 wird das Aeal am Neckar verkauft
Von einem „historischen Augenblick“ ist die Rede, als 1970 der damalige OB Hans Reschke den Verkauf des 20 000 Quadratmeter großen Areals zwischen Cahn-Carnier-Ufer, Collini- und Mozartstraße besiegelt: Die Gewerbebau Hamburg, eine Tochter der „Neuen Heimat“, sagt zu, das ehrgeizige Millionen-Projekt bis zur Bundesgartenschau zu verwirklichen.
Damals deutet nichts darauf hin, dass 16 Jahre später der Baukonzern des Deutschen Gewerkschaftsbundes wegen Missmanagement, Selbstbereicherung und Schulden zusammenbrechen und vom DGB zum symbolischen Preis von einer D-Mark verkauft wird.
Fünf Monate nach Vertragsunterzeichnung sorgt eine ganz andere Ernüchterung für Schlagzeilen: „Neckartürme wachsen nicht in den Himmel“ titelt der „MM“ und berichtet von schlechtem Baugrund, der sich bei Probebohrungen offenbart hat. Der 150 Meter hoch geplante Wolkenkratzer mit 50 Stockwerken erweist sich als Illusion. Letztlich wird man sich auf 32 Stockwerke einigen – in einem 95 Meter hohen Wohnturm, der gleichwohl das Luisenring-Hochhaus und die Vogelstang-Türme überragt.
Auch wenn der Zeitplan für das vom Mannheimer Architektenbüro Karl Schmucker gestaltete Prestigevorhaben eingehalten wird, gibt es Zoff. Und dafür sorgt der Vorwurf, die „Neue Heimat“-Tochter heimse beim Vermieten von Flächen in dem zwölfgeschossigen Bürokomplex an die Stadt mittels „raffiniert gemixter“ Vertragsklauseln einen satten Millionen-Profit ein.
Warum der Verkauf der Wohnungen schleppend anlief
Für ein Ende „polemischer Debatten“ plädiert der neue OB Ludwig Ratzel, als im April 1974 der Richtkranz über dem Collini Center schwebt – und damit über „dem größten zusammenhängenden Baukomplex Mannheims nach dem Schloss“, wie der Stadtchef schwärmt. „Urbanität durch Dichte“ lautet damals die Devise.
Allerdings geht ein gutes Jahr später, nämlich in der Öl- und Wirtschaftskrise, der Verkauf der insgesamt 515 Wohnungen nur schleppend voran. Und in der als Verbindungsspange dienenden Galerie erweisen sich viele Ladengeschäfte als Ladenhüter. Klaus Vietor, später einer der geschassten „Neue Heimat“-Manager, bezeichnet sie als „Sorgenkinder“.
Damit nicht genug: Weil die Hamburger „Treubau“ beim Vermieten von Appartements, die als Kapitalanlage dienen, Quadratmeterbeträge von knapp zehn Mark verlangt, gibt es Mietwucher-Vorwürfe samt Ermittlungen. Ein Gutachten befindet allerdings, dass die Beträge aufgrund von Teilmöblierungen, beispielsweise Küchen, nicht zu beanstanden seien.
Als sich in den 1980ern die von der Energiekrise gebeutelte Wirtschaft wieder erholt, wird es um Mannheims viel beworbene, inzwischen auch gefragte „Wohnadresse Nummer 1“ ruhig. Dafür richten sich die Blicke auf den Bürokomplex, wo jenseits kommunal angemieteter Etagen rund 5000 Quadratmeter leer stehen.
1984 der Paukenschlag: Die Stadt will den Trakt erwerben – samt Galerie und geschlossenem Bad, was zu der medialen Mutmaßung führt: „Könnte die Schwimmhalle zum Ratssaal werden?“. Die Kaufabsicht kommt nicht von ungefähr. Die bereits angeschlagene „Neue Heimat“ muss nicht nur in Mannheim Eigentum verhökern. Damals, 1984, ploppt noch ein ganz anderes Thema auf – der Fernmeldeturm am Neckarufer.
Denn dieser begehbare Himmelsstürmer ist wie das Collini Center als Bundesgartenschau-Attraktion mit weithin sichtbarer Silhouette konzipiert und von einer „Neue Heimat“-Tochter realisiert worden.
Auch Fernmeldeturm ist Teil des Projekts
Als der Ausverkauf des DGB-eigenen Konzerns beginnt, sichert sich die Post neun Zehntel des Turms mit Fernmeldetechnik. Um Aussichtsterrasse und Restaurant zu retten, muss die Stadt handeln. Der „MM“ berichtet damals, dass über den Kauf des Collini-Bürotrakts und den Restanteil der „Neuen Heimat“-Tochter an dem heute knapp 218 Meter hohen Gebäude als Block verhandelt wird.
Dies geht freilich im Streit um eine mysteriöse Bürgschaft unter, welche die Stadt unter Druck setzt. Mehr als vier Stunden debattiert der Gemeinderat hitzig, ehe er im September 1984 zähneknirschend den Kauf des gewerblichen Collini-Komplexes für knapp 32 Millionen Mark billigt.
Was sich fortan tut oder ausbleibt, dürfte vielen in Erinnerung geblieben sein: Die Stadt nutzt den Trakt als Technisches Rathaus und für Bürgerservice, beispielsweise die Umweltberatung. Wie bei so vielen kommunalen Gebäuden bleibt die Instandhaltung auf der Strecke.
Sanierung des Collini-Turms mit Helikopter
Anders beim Wohnturm: Beispielsweise veröffentlicht der „MM“ 1996 ein Foto, das zeigt, wie ein Helikopter Arbeitsbühnen zwecks Fassadensanierung in über 30 Transportflügen an die Spitze bringt. Bekanntlich befindet sich der Collini-Turm mit privaten Wohnungen in baulich gutem Zustand, während der „kleine Turmbruder“ (hinter einer Einrüstung) verrottete, insbesondere nach dem Umzug des Technischen Rathauses 2021 ins Glücksteinquartier.
Allerdings ist unklar, wie beschädigt die Außenkonstruktion des Bürotraktes tatsächlich ist. Der Karlsruher Architekt Hubert Baumstark, der die Instandhaltung der Sichtbetonoberflächen des Wohnturmes in Privateigentum fachlich betreut, schätzt den Schadflächenanteil für die Büro-Fassaden auf weniger als ein Prozent: „An der gesamten innenliegenden Struktur des Stahlbetontragwerks sind wesentliche Schäden nicht zu erwarten.“
Dies dürfte aber nur dann von Bedeutung sein, wenn die Stadt keine Abrissgenehmigung erteilen sollte – und damit die Deutsche Wohnwerte als Eigentümer wie Projektentwickler gezwungen wäre, alternative Überlegungen anzustellen. Beispielsweise sanieren und umbauen im Bestand.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Mannheimer Collini-Center: Gebäude als Wegwerfartikel