Mannheim. Wer in Mannheim ein Eigenheim kaufen will, muss nicht im Umland schauen: Wohnungen und Häuser gibt es in der Quadratestadt einige zu kaufen. Doch ob die Stadtlage für eine Familie bezahlbar ist, steht auf einem anderen Blatt. Der "Mannheimer Morgen" hat nachgefragt, wie der Mannheimer Immobilienmarkt derzeit aussieht und wie sich Bauzinsen und Inflation darauf auswirken.
Verkäufer wollen gute Preise erzielen - und ziehen Verkauf der Immobilie vor
„Man wird in Mannheim durchaus fündig. Es gibt ein wesentlich höheres Angebot an Immobilien als noch vor einem Jahr“, sagt der Verwaltungswirt und Immobilienmakler Georg Kuthan. Für diese Entwicklung gibt es zwei Gründe: Viele Verkäufer glauben, dass jetzt noch gute Preise erzielt werden können und ziehen deshalb den Verkauf ihrer Immobilie vor - eine Einschätzung, die Kuthan für richtig hält. Denn wenn die nächste Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank (EZB) komme, könne der Zinssatz durchaus noch ein Stückweit nach oben gehen. Zum anderen hätten Verkäufer vielfach noch die höheren Preise der vergangenen zwei Jahre im Kopf.
Diese Immobilien stünden vielfach noch immer zum Verkauf, weil sich zu diesen Preisen keine Käufer finden würden. „Wer im Dezember 2021 noch 500 000 Euro finanzieren konnte, bekommt jetzt nur noch 325 000 Euro finanziert“, erklärt Kuthan. Darüber hinaus würden die gestiegenen Energiekosten die Kalkulation für den Kauf beeinflussen. „Wenn man doppelt so viel für Gas und Strom ausgeben muss, beeinflusst den Immobilienmarkt zusätzlich negativ.“
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Wohnimmobilien werden demnach also angeboten, über die Preise müsse man aber verhandeln. Um zehn bis 15 Prozent seien die Immobilienpreise in Mannheim bisher zurückgegangen. Das Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) benennt in ihrer aktuellen Studie Einbrüche von bis zu zehn Prozent bei Eigentumswohnungen und Eigenheimen.
Immobilien für viele Familien in Mannheim nicht bezahlbar
Auf der Suche nach einer Eigentumswohnung für eine vierköpfige Familie findet man in den einschlägigen Internetportalen eine vier-Zimmer-Wohnung im Herzogenried mit rund 90 Quadratmetern Wohnfläche für 400 000 Euro, in Sandhofen sind für 108 Quadratmeter rund eine halbe Million Euro zu berappen.
Für diesen Preis bekomme man etwas altbackenes, sowohl was die Ausstattung der Bäder, die Bodenbeläge und den Energieverbrauch angeht, meint Darius Peter Kozlowski, Inhaber von Kozlowski-Immobilien in Mannheim und Deidesheim: „Eine Standardimmobilie mit 120 Quadratmetern, geringem Energieverbrauch in in guter Lage und mit besserer Ausstattung gibt es nicht unter 600 000 bis 700 000 Euro.“
Mit 5 000 bis 5 500 Euro pro Quadratmeter müsse man mindestens für eine moderne Wohnung rechnen, mit 3 500 bis 4 000 Euro für eine Bestandsimmobilie, die nicht frisch saniert ist. Im Franklin eher ab 6000 Euro im Schnitt. Ohne Eigenkapital könne eine junge Familie das bei einer Vervierfachung des Bauzinses seit 2021 nicht stemmen, sagt Kozlowski, der zuvor als Immobilienberater bei der Deutschen Bank tätig war: „Ich rate keinem, ohne mindestens 30 bis 50 Prozent Eigenkapital einzukaufen, und ein gutes Einkommen oder Doppeleinkommen muss man auch noch haben. Eine Familie mit zwei kleinen Kindern und nur einem Einkommen: So ein Risiko würde ich nicht eingehen.“
Jetzt für MM+ Abonnenten: Das E-Paper am Sonntag
Jetzt neu für MM+ Abonnenten: Lesen Sie kostenfrei unser E-Paper am Sonntag - mit allem Wichtigen aus Mannheim und der Region, dem aktuellen Sport vom Wochenende sowie interessanten Verbraucher-Tipps und Reportagen. Das Geschehen in Deutschland und der Welt ordnen unsere Korrespondenten für Sie ein.
Hier geht es zum E-Paper - ab dem frühen Sonntagmorgen für Sie verfügbar
Sie haben noch kein MM+ Abo? Dann sichern Sie sich den MM+ Kennenlernmonat
„Wer 100 Prozent finanzieren möchte, ist aus dem Markt raus“
Teure Immobilien wie ein Einfamilienhaus können sich aufgrund der steigenden Zinsen immer weniger Menschen leisten. Georg Kuthan rechnet vor, was das konkret bedeutet. Wenn eine Familie ein Haus für eine Million Euro kaufen möchte und ein Eigenkapital von 200 000 Euro hat, habe sie einen Zins- und Tilgungsanteil von 4 000 Euro pro Monat, verdeutlicht Kuthan. Etwa ein Drittel des Nettoeinkommens sollte für Wohnen zur Verfügung stehen; es müsste in diesem Fall 12 000 Euro netto betragen. „Da wird die Luft schon dünn“, sagt er. Die Folge: Ein Rückgang der Kaufinteressenten zwischen 60 und 90 Prozent, wenn die Immobilie höherpreisig ist. Unter diesen Bedingungen kaufen jetzt laut Kuthan nur diejenigen, die Eigenkapital haben. Umgekehrt wird der Kauf der Wohnimmobilie schwieriger, je geringer das Eigenkapital ist. „Wer 100 Prozent finanzieren möchte, ist aus dem Markt raus.“
Die Flinte ins Korn werfen müssten junge Familien trotzdem nicht, sagt Kozlowski; es könne gut sein, dass die Preise für Standardimmobilien sich noch günstiger entwickeln würden. Wenn man sich wohnungstechnisch verändern wolle, empfiehlt er vorerst, eine Immobilie zu mieten und den Markt weiter zu beobachten. „In den vergangenen Jahren hatten Immobilien einen Wertzuwachs von 10 bis 20 Prozent. Jetzt ist Zeit, von dem hohen Ross runterzukommen und diese zehn Prozent wieder runterzugehen. Wer verkaufen will, muss sich den Gegebenheiten anpassen, denn die Käufer sind jetzt am längeren Hebel“, berichtet Kozlowski. In den Toplagen gebe es allerdings keine großen Preisnachlässe.