Klinikverbund

Vorbild Vorpommern? Eine Ministererlaubnis von 2008 könnte Mannheim-Heidelberg Mut machen

Seit Mitte der 1970er Jahre wurden 23 Anträge auf Ministererlaubnis gestellt, um ein Veto des Kartellamts zu umgehen. Ein Beispiel aus Vorpommern könnte dem untersagten Klinikverbund Mannheim-Heidelberg Mut machen

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Waltraud Kirsch-Mayer
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Vorbild für Mannheim-Heidelberg? Per Ministererlaubnis wurde 2008 die Fusion der Greifswalder Uniklinik mit dem Kreiskrankenhaus Wolgast erlaubt. © Stefan Sauer/dpa

Mannheim/Greifswald. Nach dem Veto des Kartellamts zum Klinikverbund Mannheim-Heidelberg will Wissenschaftsministerin Olschowski den Zusammenschluss mittels Erlaubnis des Bundeswirtschaftsministers erreichen. Da drängt sich ein Blick in die Geschichte dieses Genehmigungsverfahrens auf: „Universitätsklinikum Greifswald darf Kreiskrankenhaus Wolgast übernehmen“ - so oder ähnlich titelten 2008 nicht nur Medien, sondern auch juristische Portale.

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Waltraud Kirsch-Mayer
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Grünes Licht aus Bundeswirtschaftsministerium 

Für Aufsehen sorgte damals, dass die vom Kartellamt wegen zu starker Marktbeherrschung abgelehnte Fusion aus dem Bundeswirtschaftsministerium mit Michael Glos (CSU) an der Spitze grünes Licht bekam. Das überraschte, weil 2006 die Rhön Klinikum AG damit gescheitert war, den von der Wettbewerbsbehörde untersagten Kauf zweier Kreiskliniken auf eben diesem politischen Weg durchzusetzen. Ein Jahr später, 2007, nahmen die Asklepios Kliniken Hamburg, die das Maria-Hilf-Krankenhaus erwerben wollten, einen solchen Antrag zurück. Wohl auch deshalb, weil die Monopolkommission die Einwände des Kartellamtes bekräftigt hatte - was sich im Jahr 2008 beim Sondergutachten zur Fusion Greifswald-Wolgast anders verhalten sollte.

Zu wenige Betten gefährdeten den Uni-Status der Greifswalder Klinik

Als sogenannte Gemeinwohlgründe hat das Uni-Klinikum der Ostseestadt zum Kauf des Kreiskrankenhauses vorgetragen: Die Übernahme fördere den Ausbau des in Deutschland einzigartigen Forschungsbereichs Community Medicine, verbessere die Qualität der medizinischen Versorgung in Ostvorpommern und sichere den Greifswalder Uni-Status.

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Von einer „Bredouille“ schrieb damals das Deutsche Ärzteblatt und rechnete vor, dass es im Klinikum Greifswald 778 Betten - Tendenz fallend - gab, hingegen der Wissenschaftsrat „die kritische Masse“ für solch eine Einrichtung bei mindestens 850 festlegte. Die 180 Betten des Wolgast-Krankenhauses, das der klamme Landkreis auch verkaufen wollte - letztlich flossen 6,1 Millionen Euro -, waren also unerlässlich, um den Standort der Hochschulmedizin samt Fakultät mit 1300 Studierenden zu retten. Die Existenz des Uniklinikums sah auch der Bundeswirtschaftsminister gefährdet und stimmte der Ausnahmegenehmigung zu, um fatale Auswirkungen für die schwache Region Mecklenburg-Vorpommern zu vermeiden.

23 Anträge Ministererlaubnis seit Mitte der 1970er Jahre

Insgesamt wurden seit Mitte der 1970er Jahre 23 Anträge auf Ministererlaubnis gestellt, um die Untersagung einer Fusion durch das Kartellamt zu umgehen. Wer die veröffentlichte Liste durchforstet, stellt fest: Nicht einmal die Hälfte der Anträge ist genehmigt worden. Bei den zehn Erlaubniserteilungen gab es teilweise Auflagen. Sieben Antragssteller haben selbst einen Rückzieher gemacht - meist nach negativem Sondergutachten der Monopolkommission. Beispielsweise die Verlagsgruppe Holtzbrinck, die 2003 die „Berliner Zeitung“ kaufen wollte. Als spektakulärste Ministererlaubnis gilt das 2016 von Sigmar Gabriel (SPD) gegen Kartellamt und Monopolkommission erteilte Ja zur Fusion der Supermarktketten Edeka und Kaiser‘s Tengelmann.

Freie Autorin

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