Mannheim. Jetzt steht fest: Beim Collini-Bürotrakt werden erst mal keine Bagger mit Schlagbirne anrücken. Und möglicherweise wird dies auch nie der Fall sein. Die in Heidelberg ansässige Deutsche Wohnwerte tritt nämlich von dem Kauf des alten Technischen Rathauses zurück und „setzt das Projekt Collini nicht fort“, wie sie in einem am Dienstagnachmittag verschickten Statement mitteilt.
„Am Ende war es die Gesamtgemengelage, die zu dieser Entscheidung geführt hat“, erklärt Unternehmenssprecher Nicky Oliver Giebenhain-Glaunsinger und verweist auf „anhaltend hohe Baukosten“. Außerdem wäre „die geforderte Integration von mietpreisreduziertem Wohnraum nach der Mannheimer Sozialquote aufgrund der veränderten Marktlage nicht umsetzbar“. Als Argumente für den Rückzug nennt der Unternehmenssprecher auch „projektbezogene Faktoren“ - nämlich Bauauflagen in Verbindung mit dem 95 Meter hohen Bestandshochhaus, dem Collini-Steg sowie der großen Anzahl vorgeschriebener Stellplätze.
Das Rathaus verschickt als Reaktion ebenfalls eine Pressemitteilung. Und darin erklärt Oberbürgermeister Christian Specht: „Die Stadt arbeitet bereits daran, alternative Investoren und Nutzungskonzepte für das zentral gelegene Areal zwischen Neckar und Innenstadtring zu finden.“ Die anschließende Aussage lässt aufhorchen: Wie beim Wettbewerb im Jahre 2020, so Specht, gebe es „die Möglichkeit, das bestehende Gebäude zu erhalten und weiterzuentwickeln“.
Collini-Center in Mannheim: Projekt scheitert an wirtschaftlichen Hürden
Der Rückzug des Investors kommt keineswegs wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Bereits Ende Januar berichtete der „MM“, dass die Deutsche Wohnwerte mit Blick auf wirtschaftlich veränderte Rahmenbedingungen „eine Denkpause“ eingelegt hat, um das Collini-Projekt neu zu bewerten - vor allem kaufmännisch. Schon damals zeichnete sich ab, dass der Investor die kommunalpolitische Vorgabe einer Sozialquote bei 30 Prozent der rund 230 angepeilten Wohnungen gern kippen würde. Nach Informationen des „MM“ versuchte das Unternehmen zu erreichen, dass sich die Stadt verpflichtet, Wohnungen zu einem Festpreis zu erwerben, um diese dann später in kommunaler Regie günstig zu vermieten - gewissermaßen subventioniert.
Der Mannheimer Morgen auf WhatsApp
Auf unserem WhatsApp-Kanal informieren wir über die wichtigsten Nachrichten des Tages, empfehlen besonders bemerkenswerte Artikel aus Mannheim und der Region und geben coole Tipps rund um die Quadratestadt!
Jetzt unter dem Link abonnieren, um nichts mehr zu verpassen
Und wie geht es nun weiter? Das Gebäude samt Grundstück soll in den nächsten Wochen an die Stadt Mannheim zurückgegeben werden. Damit ist auch das geplante und als visionär gerühmte Ensemble von insgesamt vier flügelförmigen, in der Höhe abgestuften Gebäuden, „Collinis“ genannt, vom Tisch. Mit diesem Entwurf des Frankfurter Büros „schneider und schumacher“ hatte die Deutsche Wohnwerte vor vier Jahren den von der Stadt ausgelobten Wettbewerb gewonnen.
Es drängen sich Parallelen zu jenem Grundstück im Glücksteinquartier auf, das die Stadt Mannheim 2016 an die Wohnungsbaugenossenschaft Familienheim Rhein-Neckar verkauft hat. Auch hier sollte der prämierte Entwurf eines Architektenwettbewerbs umgesetzt werden. Auf dem 3200 Quadratmeter großen Grundstück zwischen Meerfeldstraße, Carl-Metz-Straße sowie Glücksteinallee, das für knapp 2,8 Millionen Euro den Eigentümer wechselte, waren neben Büros und Wohnungen auch eine Kita und eine Krippe vorgesehen.
Bei diesem Projekt zog allerdings das Rathaus die Reißleine und forderte das hervorragend gelegene Areal mit Anbindung an den Hauptbahnhof wegen Bauuntätigkeit zurück.
Mannheim: Rückabwicklung des Glücksteinquartiers noch ungelöst
Hintergrund: Die bis Ende April des Jahres 2023 über 30 Monate laufende Frist zur Fertigstellung des Großprojekts ist nicht erfüllt worden. Angesichts von Streitigkeiten um bereits vorab geleistete Investitionen der Familienheim Rhein-Neckar ist es bis heute nicht gelungen, die Rückabwicklung des unbebauten Geländes vor einem Notar abzuschließen - wenngleich Stadt und Baugenossenschaft inzwischen bei den Verhandlungen in die Zielgerade eingebogen sind.
Und deshalb ist zu befürchten, dass sich auch die Rückgabe des Collini-Büroturmes lange hinziehen könnte. Wie die Deutsche Wohnwerte in ihrer Mitteilung betont, hat sie sich 2020 vertraglich eigens eine Austrittsoption zusichern lassen, falls sich innerhalb der Planungsphase für das Projekt „die Rahmenbedingungen signifikant ändern“ sollten. Als Kaufpreis waren knapp 19 Millionen Euro vereinbart - allerdings soll der Investor davon bislang lediglich 500 000 Euro überwiesen haben.
Man muss kein Hellseher sein, um vorherzusagen, dass das Unternehmen wahrscheinlich Sicherungskosten für das leerstehende Technische Rathaus und für die Instandhaltung des Grundstücks der Gemeinde in Rechnung stellen wird. Von einem einstelligen Millionenbetrag ist zu hören. In der aktuellen Mitteilung betont der Investor zwar die stets „enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Stadt“. Es bleibt freilich abzuwarten, ob sich diese beim Abwickeln des Projektrückzugs fortsetzt.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-investor-zieht-sich-zurueck-collini-projekt-in-mannheim-gestoppt-_arid,2215107.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/heidelberg.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-investor-tritt-von-collini-center-kauf-zurueck-_arid,2214916.html
[3] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Nach dem Collini-Paukenschlag werden die Karten ganz neu gemischt