Mannheim. Wie geht es mit dem Collini-Büroturm weiter? Diese Frage treibt kommunalpolitisch um. Schließlich hat die Deutsche Wohnwerte (DWW) die Stadt darüber informiert, dass sie den geplanten Abriss des alten Technischen Rathauses mit anschließender Bebauung aufgrund veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingen neu bewertet. Der „MM“ fragte bei den Gemeinderatsfraktionen nach, wie sie diese Nachricht einschätzen und was sie sich für die künftige Entwicklung des Areals wünschen.
Das sagen die Fraktionen im Mannheimer Gemeinderat zur Neubewertung durch die Deutsche Wohnwerte
So unterschiedlich die Antworten ausfallen: Die Denkpause des in Heidelberg ansässigen Inverstors hat kaum überrascht. „Mit dieser Nachricht hat die Mannheimer Liste schon längere Zeit gerechnet“, so ML-Stadtrat Christopher Probst. Und der CDU-Fraktionsvorsitzende Claudius Kranz kommentiert: „Eine Neubewertung der Wirtschaftlichkeit ist angesichts der stark gestiegenen Zinsen und explodierenden Preise sowie des Fachkräftemangels nachvollziehbar und zu erwarten gewesen.“
Auch wenn das angekündigte Reset des Projektentwicklers nicht gleich einem Blitz aus heiterem Himmel eingeschlagen hat, zeigt sich die Kommunalpolitik beunruhigt: „Wir hoffen, dass die Deutsche Wohnwerte nicht aus dem Kaufvertrag aussteigt. Das würde den städtischen Haushalt zusätzlich belasten und eine Entwicklung des Areals weiter verzögern“, führt Volker Beisel im Namen der FDP/MfM-Fraktion aus. Dass der Investor das geplante Bauvorvorhaben noch einmal überdenkt, bezeichnet Dennis Ulas , Vorsitzender der Fraktion LI.PAR.Tie, als „sehr unerfreulich“.
Die Sozialquote ist für die Fraktionen die Gretchenfrage beim Collini-Projekt
Bei allen Stellungnahmen dominiert die Gretchenfrage: Dürfen bei der von der Stadt im Wohnungsbereich geforderten 30 -Prozent-Sozialquote Abstriche gemacht werden? Hier driften die Meinungen auseinander. Ein klares „Nein“ kommt von der SPD: „Nachverhandlungen zwischen der Stadt und der DWW über Veränderungen bei der Sozialquote lehnt die SPD-Fraktion ab, denn sie gilt stadtweit und hat sich bewährt“, umreißt Fraktionschef Reinhold Götz den sozialdemokratischen Standpunkt und betont, eine „gesunde Mischung“ verschiedener Wohnungen stärke den „Zusammenhalt in unserer Gesellschaft “.
Ähnlich äußern sich Nina Wellenreuther und Stefanie Heß von der Spitze der Grünen: „Die Sozialquote als wichtiges Instrument sozialer und zukunftsfester Wohnpolitik muss weiterhin Anwendung finden.“ Die LI.PAR.Tie-Fraktion erklärt ebenfalls, von dem 30 -Prozent-Anteil für preisgünstige Wohnungen „werden wir keinesfalls abrücken“.
Hingegen positioniert sich die CDU: „Die zahlreichen Restriktionen, die bei der Ausschreibung - so die 30-prozentige Sozialquote, eine zweigeschossige Tiefgarage - erfolgt sind, werden die Verwirklichung unter dem Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkt sicherlich erschweren. Hier sollte die Stadt gegebenenfalls auf den Investor zugehen.“
Und die ML signalisiert: „Sollte das Projekt an Faktoren scheitern, welche die Stadt beeinflussen kann, beispielsweise die geforderte Sozialquote, wäre die Mannheimer Liste bereit, im Gemeinderat Gespräche über ein Entgegenkommen der Stadt in irgendeiner Form zu führen.“ Die FDP/MfM -Fraktion ist der Ansicht, dass eine verpflichtende Sozialquote „zurückgenommen werden muss“, weil diese „Wohnungsbau verhindert“. AfD-Fraktionschef Bernd Siegholt ließ eine Anfrage dieser Redaktion zum Collini-Areal unbeantwortet.
Die Pläne fürs Collini-Areal
- Das Collini-Center wurde als Ensemble mit 95 Meter hohem Wohnturm, Bürotrakt, einer verbindenden Galerie sowie Steg über den Neckar 1975 eingeweiht.
- Seit Umzug des Technischen Rathauses steht der Büroturm leer. Die Stadt hat ihn für knapp 19 Millionen Euro an die Deutsche Wohnwerte verkauft.
- Ihr vom Frankfurter Büro „schneider + schumacher“ eingereichter Entwurf hatte beim Investorenwettbewerb Platz 1 belegt. 2023 erfolgte die kontrovers diskutierte Abrissgenehmigung für den Turm.
Einige Stellungnahmen gehen darauf ein, ob sich die jeweilige Fraktion beim Collini-Büroturm auch eine Lösung jenseits des im Wettbewerb siegreichen Ensembles von vier flügelförmigen, in der Höhe abgestuften Gebäuden vorstellen könnte. Die Grünen plädieren bei einer eventuellen Überprüfung, ob im Bestand saniert werden kann, für Wohnraum als „oberste Priorität“. Zur Verbesserung des Mikroklimas böten sich „vertikale Gärten“ an, um aus dem Bestandsgebäude „ein beispielsgebendes Vorzeigeprojekt zu machen“.
Die Botschaft der Liberalen lautet: „Wir beharren auf keiner bestimmten Lösung.“ Hingegen zeigt sich die ML überzeugt: Eine Sanierung oder ein Umbau des bislang für Büros genutzten Collini-Turms „ist sicherlich nicht wirtschaftlich und damit derzeit nicht vorstellbar“ - auch wenn solche Lösungen ökologisch wünschenswert wären, so die ML. Die LI.PAR.Tie-Fraktion kann sich wiederum vorstellen, das Areal als Erbpacht an den Investor zu geben - was diesen finanziell entlasten und obendrein den kommunalen „Bodenvorrat“ bereichern würde.
Der Verein „Wir im Collini“, in dem sich Bewohner und Anwohner zusammengeschlossen haben, verfolgt die kommunalpolitische Debatte gespannt. Sprecher Thomas Holzner bekräftigt nicht zum ersten Mal: „Wir wünschen uns eine Sanierung des Büroturms und eine Nutzung zu Wohnzwecken“ - auch mit Blick auf Klimaschutz und Schonung von Ressourcen.
Das sagt die Deutsche Wohnwerte
Die Deutsche Wohnwerte gibt sich, wie schon vor einer Woche, gegenüber dieser Zeitung wortkarg. „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir auch weiterhin keine Aussagen zu unseren laufenden Planungen treffen“, teilt der Unternehmenssprecher per Mail mit. Und so bleiben Informationen des „MM“, wonach die ursprünglich vom Investor mit 220 Millionen Euro bezifferten Projektkosten inzwischen auf 400 Millionen geschätzt werden, unbeantwortet.
So bewertet die Stadtverwaltung Mannheim die Situation
Und wie positioniert sich die Stadtverwaltung in der aktuellen Situation? Und wäre es juristisch überhaupt möglich, in einem Investorenwettbewerb festgezurrte Auflagen nachträglich zu verändern? Oder müsste für den Fall, dass die DWW wegen veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen ihren prämierten Wettbewerbsentwurf ändern wollte, der Verkauf rückabgewickelt und womöglich ein neuer Wettbewerb ausgelobt werden? Diese Fragen hat der „MM“ der Stadtverwaltung gestellt.
„Die Stadt Mannheim strebt weiterhin die Umsetzung der mit der DWW vereinbarten vertraglichen Regelungen an, die an die Wettbewerbsbedingungen anknüpfen“, erklärt Stadtsprecher Dirk Schuhmann. „Der Wettbewerb als solcher ist mit Zustandekommen des Vertrags abgeschlossen und entfaltet damit keine unmittelbare Wirkung mehr.“ So weit - so klar.
Der Rest der Antwort bleibt jedoch im Ungefähren: „Eventuelle Abweichungen von den Vertragsbedingungen müssen im Einzelfall in Hinblick auf die von der Stadt allgemein einzuhaltenden Grundsätze (z. B. Gleichbehandlungsgrundsatz, Sozialquote) geprüft werden.“
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Zukunft des Mannheimer Collini-Büroturms: Viele Fragen, wenig Klarheit