Trauer vor allem in Feudenheim

In Mannheim geht jetzt der „Buga-Blues“ um

Für viele war sie das "Mannheimer Sommermärchen" schlechthin. Selbst einige anfängliche Gegner der Buga wurden zu Fans. Wie die sich jetzt fühlen und was sie an diesem Wochenende trösten könnte

Von 
Steffen Mack
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Der Lieblingsplatz vor allem vieler Feudenheimer, aufgenommen am Freitagabend vor einer Woche. Zwischenzeitlich waren die Schlangen vor der Weinbar sogar noch deutlich länger, besonders in den letzten Tagen der Buga. © Steffen Mack

Mannheim. Der Anblick wirkt trostlos. Wo vor einer Woche noch Rekord-Andrang herrschte, ist es am Freitagmorgen wie ausgestorben. Die Eingangstore auf Spinelli sind mit Holzplatten abgeriegelt. Kein Mensch ist mehr zu sehen, nur rechts durch die Lieferanteneinfahrt rollt ab und an ein Transporter. Geht man daran vorbei den Weg neben der Talstraße hoch, ist durch den Zaun zu erkennen, wie auf dem Gelände kräftig abgebaut wird. Von der Hauptbühne steht nur noch die Rückseite, auch nördlich davon ist so gut wie alles zerlegt.

Eine Frau macht mit ihrem Handy ein Foto, Marion Koch heißt sie. „Und schon ist alles weg“, sagt die Käfertalerin. Mit diesen Worten werde sie das Bild jetzt Freuden und Bekannten schicken. Sie sei mindestens drei bis vier Mal pro Woche auf der Buga gewesen. „Dass jetzt plötzlich alles vorbei ist, ist schon traurig.“

An der Weinbar sich Gedanken gemacht

Das hört man in diesen Tagen vor allem in Feudenheim sehr oft. Ein „Buga-Blues“ geht um, darunter leidet auch Caro Bleisteiner. Sie spricht von einem „KPBDS“. Das sich mutmaßlich nicht jedem gleich erschließende Kürzel steht für „Komplexes Post-Buga-Depressions-Syndrom“.

Laut Anja Bremermann von der Vogelstang, zuletzt jeden zweiten Tag auf der Buga, war das schon in den vergangenen beiden Wochen an der - äußert beliebten - Weinbar ein großes Thema. Dort hätten viele gejammert: „Oh Gott, oh Gott, was mache ich nur nach dem 8. Oktober?“ Sie hätten über eine Selbsthilfegruppe nachgedacht, aber eher im Spaß.

Mittlerweile sieht man auf dem Spinelli-Platz nichts mehr von all dem Leben, das hier ein halbes Jahr lang herrschte. Sämtliche Eingangstore sind verrammelt. © Steffen Mack

Diese erste Woche hat Bremermann indes besser überstanden als erwartet („hatte privat einiges zu tun“). Doch an Spinelli vorbeizufahren „ist Wehmut“. Wenigstens hat sie jetzt im Garten ein paar dort gekaufte Stauden, die sie an die von ihr so geliebte Blütenpracht erinnern.

Das „Mannheimer Sommermärchen“ hat auch manch anfängliche Kritik verstummen lassen. So sagt die Feudenheimerin Anja Rigi-Luperti: „Ich gebe zu, dass ich mich vom Buga-Gegner zum Fan gewandelt habe.“ Sie sei dem früheren Oberbürgermeister Peter Kurz dankbar, dass er an der Idee so unbeirrbar festgehalten habe. Den „rostigen Steg“ und das „Pfützenloch“ in der Au hätte man sich zwar besser sparen können, aber auf Spinelli sei alles super. Sie hoffe, „dass nicht alles plattgemacht wird, sondern soviel wie möglich erhalten bleibt“.

Andreas Förter möchte dagegen lieber nicht, dass am vorgesehenen Rückbau gerüttelt wird. Obwohl er aus Kostengründen strikt gegen die Buga gewesen sei, habe er sie dann ebenfalls toll gefunden. „Und gerne würde ich auch im kommenden Jahr auf Jazzkonzerte gehen und am Weinstand den Sonnenuntergang genießen.“ Allerdings fürchtet er, dass sich das am Ende als „Bärendienst“ erweisen könnte und Spinelli doch noch zugebaut wird.

"Piazza-Kultur" auf der Buga kam an

Anders als Förter war Silke Beck, wie er aus Feudenheim, schon beim Bürgerentscheid 2013 eine große Buga-Befürworterin. Sie nennt es „äußerst bemerkenswert“, was trotz aller Widrigkeiten in zwei Jahren Bauzeit auf Spinelli alles entstanden sei. Auch dem Luisenpark habe seine Aufwertung sehr gutgetan.

Maria Kristmann konnte die Gartenschau sogar die ganze Zeit aus unmittelbarer Nähe genießen. Sie ist kurz vor Beginn in ein Gemeinsames-Wohnen-Projekt auf Spinelli gezogen. Zunächst sei sie enttäuscht gewesen: „Alles gelb, noch nichts Grünes, das konnte ja nichts werden.“ Aber dann habe sie erlebt, wie die Natur aufgeblüht sei, und viele wunderbare Stunden hier verbracht. „Ich habe mindestens einmal täglich, wenn ich in Richtung Stadt unterwegs war, die Gondel genutzt. Mein Highlight des Tages!“

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Terence Träber dagegen hatte anfangs keine großen Erwartungen an die Buga. „Ich wollte sie einfach mal auf mich zukommen lassen.“ Wäre sie in Karlsruhe gewesen, hätte er sie nie besucht, auf der Rheinau vielleicht ein, zwei Mal. „Aber so war es für uns Feudenheimer mit Dauerkarte eine Sensation!“ Etwa ab der Hälfte sei er wie andere immer öfter hingegangen, um noch so viel wie möglich davon zu haben.

Träber fand nicht nur die Weinbar und die Seilbahn „überragend“. Er nahm zudem gern Veranstaltungen mit, so die Auftritte von Bülent Ceylan, Wallis Bird oder das Joy-Fleming-Musical. Manchmal sei er auch einfach so herumgeschlendert. „Da habe ich fast immer jemanden getroffen, den ich kenne.“ Als Sohn einer Italienerin habe ihm diese „Piazza-Kultur“ am meisten gefallen. Träber würde sich freuen, wenn dies im nächsten Sommer auf Spinelli auch wieder möglich wäre.

Trost an diesem Wochenende

Seine 15-jährige Tochter Antonia sieht das ganz ähnlich. Die Buga sei nur zehn Minuten mit dem Fahrrad entfernt gewesen, „das war einfach ein Ort, wo man immer hingehen konnte“. Ihre sechs Jahre jüngere Schwester Emilia fand vor allem die Spielplätze toll, aber auch einige Mitmach-Aktionen bei den Ausstellungen. Wie sehr vermisst sie das alles jetzt? „Schon sehr, sehr, sehr arg!“

Das geht offenbar auch den Erwachsenen so, die man am letzten Wochenende nochmal scharenweise zur Buga pilgern sah, darunter Martina Gaißer. Sie hat wie viele andere Feudenheimer nun immerhin einen Trost: An diesem Samstag und Sonntag ist Kerwe. „Also ein nahtloser Übergang“, lacht Gaißer.

Zumal es bei dem Straßenfest ja sogar viele Weinbars gibt. Ein Kater am nächsten Morgen macht den „Buga-Blues“ zwar kaum besser. Aber der eine oder die andere lässt es wohl auf einen Versuch ankommen.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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