Mannheim. Anrufe wie dieser bringen keine gute Nachricht. „Gesundheitsamt Mannheim, Seis. Sie können sich denken, warum ich anrufe?“ Dann wüssten die Betroffenen in der Regel gleich, dass es um ihren PCR-Test gehe, berichten die beiden Männer. Sie stellen sich dem „MM“ als Stabsunteroffizier Seis und Obergefreiter Fischer vor, ihre Vornamen sollen nicht veröffentlicht werden. Sie übermitteln Infizierten positive Befunde und gehen mit ihnen durch, wen sie möglicherweise angesteckt haben. Viele seien auch froh, mit jemandem telefonieren zu können, der ihnen die nötigen Verhaltensweisen erkläre, berichtet Seis. Er hat schon Routine, half in einer früheren Corona-Welle bereits im Gesundheitsamt Offenburg. Fischer war eine Weile im Impfzentrum in Heidelberg eingesetzt. Die neue Aufgabe gefalle ihm gut, sagt er. Bei rund zehn Anrufen pro Tag gewöhne er sich schnell ein.
Bei Omikron-Variante ALLE in Quarantäne (auch Geimpfte).
Die insgesamt 21 Bundeswehrsoldaten kommen von der Deutsch-Französischen Brigade, sonst sind sie in Mühlheim und Donaueschingen stationiert. Ihr Einsatz ist bis 24. Januar befristet, könnte laut Oberstleutnant Markus Kirchenbauer aber verlängert werden. Untergebracht sind sie in zwei Räumen im Stadthaus. Geleitet wird ihre Arbeit jeweils von einem Mitarbeiter des Gesundheitsamts. Auf einer Tafel stehen Telefonnummern und Mailadressen sowie wichtige Regeln wie: „Bei Omikron-Variante ALLE in Quarantäne (auch Geimpfte).“
Diese Vorschrift hat am Vortag die Landesregierung erlassen. In Mannheim habe es bisher zwei Verdachtsfälle der neuen Virusvariante gegeben, die sich beide bei Laboruntersuchungen nicht bestätigt hätten, sagt Peter Schäfer. Ist der Gesundheitsamtschef froh über die Unterstützung der Bundeswehr? „Absolut“, antwortet er. Damit hätten sie sehr gute Erfahrungen gemacht.
Vor den Zimmern der Soldaten wird in einem kleineren Raum auch sehr viel telefoniert. Bis zu 80 Anrufe täglich gingen beim Seniorenrat ein, so die Vorsitzenden Marianne Bade und Konrad Schlichter. Unter 0621/293 95 16 bekommen über 55-Jährige, die mit der Online-Anmeldung im kommunalen Impfzentrum nicht zurecht kommen, Termine gebucht. Eigentlich gilt das Angebot montags bis freitags von 10 bis 17.30 Uhr. Doch am ersten Tag hätten schon um 6.30 Uhr die Ersten angerufen, berichtet Jeanette Klumb, eine von fünf - fast ausschließlich ehrenamtlichen - Frauen an der Hotline.
Schlichter zeigt sich sehr froh, dass sie Älteren die langen Schlangen ersparen, die er bei den Jedermann-Aktionen im Kulturhaus Käfertal schon gesehen hat. Gefragt sind laut Klumb nicht nur Booster-, sondern auch Erst- und Zweitimpfungen. Bade meint, bisher habe sie über noch Ungeimpfte gedacht: „Die wollen sich nicht impfen lassen.“ Jetzt wisse sie, dass es auch an zu wenig Angeboten wegen nicht ausreichendem Impfstoff liege. Diskussionen gebe es immer wieder darüber, dass die Stadt Biontech nur unter 30-Jährigen anbiete. Klumb und Bade empfehlen dann, darüber mit Impfärzten zu sprechen.
Die nächsten Impfmöglichkeiten
- Impfangebote der Stadt für Jedermann gibt es täglich zwischen 12 und 18 Uhr im Kulturhaus Käfertal und im Volkshaus Neckarau. Der Andrang ist mitunter so groß, dass nicht alle zum Zuge kommen.
- Eine weitere Impfaktion ist am Donnerstag, 16. Dezember, vor der Jungbuschhalle Plus X, ebenfalls von 12 bis 18 Uhr. Zur gleichen Zeit kann man – den dritten Tag in Folge – auch ohne Termin ins Impfzentrum im Rosengarten kommen, das nun allen über 30-Jährigen aus Mannheim offensteht.
- Bei städtischen Angeboten bekommen generell unter 30-Jährige Biontech, alle anderen Moderna.
- Eine Jedermann-Impfaktion mit Moderna gibt es auch am Samstag von 9 bis voraussichtlich 13 Uhr bei Neuroplus Mannheim, einer nervenärztlichen Gemeinschaftspraxis im Niederfeld (Steubenstraße 44).
- Ein Leser weist zudem darauf hin, dass über die Online-Plattform www.doctolib.de auch kurzfristig Impftermine in Mannheimer Arztpraxen zu finden seien.
„Bei uns ist noch keiner wegen Moderna ohne Impfung wieder gegangen“, sagt Oswald Mader, der das Impfzentrum im Rosengarten gemeinsam mit Jenny Pohl leitet. Die Impfärzte klärten gerne auf, dass sich beim Boostern Moderna und Biontech problemlos kreuzen ließen.
Hier können sich nun nicht mehr nur über 55-Jährige, sondern ab sofort alle über 30-Jährigen aus Mannheim impfen lassen. An diesem Donnerstag brauchen sie - den dritten Tag in Folge - nicht mal einen Termin. Nach der Öffnung um 12 Uhr werden dann, wie schon am Mittwoch, zwei Schlangen gebildet: eine mit Buchung, eine ohne. „Sobald es eine Terminlücke gibt, füllen wir von rechts auf“, sagt Leiterin Pohl. Es scheint gut zu klappen.
Vor dem Rosengarten steht nun auch Nicole Tettweiler, die das große Impfzentrum in der Maimarkthalle geleitet hatte. Nach dessen Schließung Ende September wollte sie sich wieder ihren eigentlichen Aufgaben bei der Feuerwehr widmen. „Aber das Thema Impfen hat mich schnell wieder eingeholt“, lacht Tettweiler. Jetzt koordiniert sie die städtischen Angebote. Das im Rosengarten werde voraussichtlich ab Montag von drei auf fünf Impfstraßen ausgeweitet, kündigt sie an. Generell wolle man hier an vorherigen Anmeldungen unter www.mannheim.de/kiz festhalten. „Aber wir setzen auf Beides: Impfen mit Termin und spontane Angebote für Jedermann.“
Eine weitere Schlange, die es lange vor dem Rosengarten gab, ist verschwunden - vor dem Testzentrum. Weil neben „Geboosterten“ auch all jene, deren zweite Impfung oder Genesung nicht länger als sechs Monate zurückliegt, bei 2Gplus keinen Schnelltest mehr brauchen, ist die Nachfrage stark zurückgegangen.
Fünf Fahrradminuten weiter stehen vor den PCR-Test-Containern am Klinikum auch deutlich weniger Menschen, als hier zuletzt zu sehen. Aber das kann Zufall sein. Die Lage in den Krankenhäusern gilt jedenfalls als unverändert stark angespannt. Insgesamt gebe es darin aktuell in Mannheim 116 Corona-Patienten, teilt auf Anfrage Stadtsprecherin Beate Klehr-Merkl mit. 34 davon lägen auf Intensivstationen. Das sind zwar momentan weniger als letzte Woche. Aber der traurige Grund ist: Allein am Dienstag verstarben sechs.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-impfzentrum-im-rosengarten-steht-nun-allen-ueber-30-jaehrigen-aus-mannheim-offen-_arid,1892600.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/heidelberg.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Derzeit schlimme Unsicherheit bei Corona