Spinelli

Gemeinsam wohnen und alt werden: Neues Ü-55-Projekt in Mannheim

Vom Kaminzimmer über Sauna, Garten, Werkstatt oder Gästewohnung: Das Projekt Anundo am Rande des künftigen Mannheimer Buga-Geländes bietet Zusammenleben mit gleichgesinnten Mietern ab 55 Jahren

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Von Roland Schmellenkamp
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Noch ist das Gemeinschaftshaus auf Spinelli eine Baustelle, aber schon im Frühjahr wollen die Mieter alle gleichzeitig einziehen. © Roland Schmellenkamp

Mannheim. Gemeinsam mit Gleichgesinnten, Freunden und Bekannten alt werden - das ist das Konzept von Anundo im neuen Baugebiet auf Spinelli. Im Vergleich zu anderen Wohnprojekten (in der Nachbarschaft entstehen drei) gibt es Besonderheiten: Anundo ist nicht selbstverwaltet und -organisiert, sondern ein Projekt eines Investors, und ehrenamtliche Arbeit wird nur freiwillig gemacht. Im Gegenteil, Service wird geboten: Bei der Rezeption in der Leonie-Ossowski-Promenade 1 werden auf Wunsch Dienstleistungen erbracht. Investor Alexander Döring sagt: „Die meisten zahlt man nur, wenn man sie in Anspruch nimmt. Dieser Mehrwert ist also keine wesentliche fixe finanzielle Belastung.“ Beispielsweise kann man einen Veranstaltungsraum oder ein Gästeapartment anmieten.

Die Mannheimer Baustelle auf Spinelli von Anundo. Hier: Alexander Döring (v.l.), Carina Krey, Bernd Kohler, Anja Heitkamp, Ann Marz und Käthi Bouzenna. © Roland Schmellenkamp

Weiter ist das Konzept ungewöhnlich, nur Bewohner über 55 Jahren einziehen zu lassen. Laut Döring macht dies Sinn, weil sich die Menschen in einer ähnlichen Lebenssituation befänden. Architektin Carina Krey ergänzt: „Es gibt bei uns keine Wohnungsgrundrisse für Familien, da muss man anders planen. Für die gibt es auch genug Angebote auf dem Markt, das betrifft auch Mehrgenerationenwohnen.“

300 Quadratmeter Gemeinschaftsräume

Beide haben sich viele Wohnprojekte angesehen, was sich in der Architektur niederschlägt. Krey betont: „Diese war sehr herausfordernd. In der Regel habe ich mit Bauleuten zu tun, die Wünsche haben, und die ich umsetze. Hier habe ich ein Konzept entwickelt, bei dem ich hoffe, dass es den Nerv trifft.“ Vorgesehen sind ein über zwei Etagen gehendes Kaminzimmer mit Bibliothek, Gästeapartment, Projektraum, Musikzimmer, Fitnessraum mit Sauna, große Dachterrasse mit Blick in den Park, Werkstatt, Garten mit Yogawiese, Hochbeete und Aufenthaltsbereiche. Sie hat die insgesamt 300 Quadratmeter Gemeinschaftsräume im Haus verteilt und zwar so, dass sie auf Wegen liegen, die die Bewohner nehmen.

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Ungefähr die Hälfte der 54 Wohnungen ist bereits vermietet, wobei auch einige Bewerber von Döring und Krey abgelehnt wurden. Und zwar dann, wenn sie das Gefühl hatten, dass dieser Mensch nicht zu ihrem Konzept passt: „Es soll von Anfang an funktionieren, wir verstehen uns als Anwälte von denen, die bereits Mieter sind“, meint Döring.

Mit den ersten Mietern habe es auch einen Workshop gegeben mit der Frage, ob es von ihnen ein Aufnahmegremium geben solle oder sie bei den neuen Mitbewohnern mitreden wollten: „Die Aussage war, dass es so in Ordnung sei.“ Sie versuchten, eine ausgewogene Mischung bei Alter und Geschlecht auszuwählen. Gesucht seien „tolerante, offene und experimentierfreudige Menschen“. Er träume auch davon, eine Plattform für Erfahrungswissen zu bieten. Es sei denkbar, das dafür auch Menschen von außen ämen, damit dieses Wissen geteilt werde.

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Unter den neuen Bewohnern sind Ann Marz, Käthi Bouzenna, Bernd Kohler und Anja Heitkamp. Diese sagt: „Wir verabschieden unseren Sohn aus dem Haus, der geht neue Wege.“ Da, wo sie gerade wohnten, sei das Umfeld eher über 80 Jahre alt, bei Anundo gefällt ihnen das Konzept, in Gemeinschaftsräumen mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen. Dafür lasse der Vollzeitjob im Alltag nicht genug Zeit.

"Man kann etwas machen, muss es aber nicht"

Außerdem sei es möglich, im Veranstaltungsraum auch mal mit 20 Leute Geburtstag zu feiern, ohne sich Gedanken um Stühle oder Sektgläser machen zu müssen. Ann Marz ergänzt, dass bei Vortreffen bereits Interessen ausgelotet worden seien. Es gäbe Leute, die Musik machen wollten, gärtnern, wandern, kochen oder Yoga. Sie habe sich mehrere Wohnprojekte angeschaut. Was ihr bei Anundo besonders gefalle: „Man kann etwas machen, muss es aber nicht. Ich möchte nicht noch eine wöchentliche Teamsitzung haben.“

Bernd Kohler hat „nicht das Gefühl, in ein exklusives Umfeld aufgenommen zu werden, sondern unter Gleichgesinnten zu sein“. Anja Heitkamp freut sich: „Wo hat man vor dem Einzug die Möglichkeit, die neuen Nachbarn kennenzulernen?“ Käthi Bouzenna betont: „Wir verkleinern fast alle unsere Wohnfläche. Man muss dieses gemeinschaftliche Leben wollen.“ Wichtig findet sie auch, dass alle zur gleichen Zeit einziehen, und zwar ungefähr im Frühjahr. Es gab schon neun Treffen der neuen Mieter. Döring betont: „Wir stellen die Infrastruktur, die Mieter füllen das Haus mit Leben.“

Mit Theologen, Marktforschern, Soziologen und anderen haben Döring und Krey in Workshops über das Konzept diskutiert. Laut Investor sei das wichtig gewesen: „Es gibt den Begriff ,Haus der 100’. Wenn 100 Leute unter einem Dach leben, findet man jemanden, der einen ähnlichen Humor hat wie man selbst.“ Die Miete wird zwischen acht und 17,50 Euro Quadratmeter kalt liegen, die Wohnungen sind 40 bis 130 Quadratmeter groß. Dabei sei, so Döring, der Standard in den Wohnungen gleich - zum Beispiel Eichenparkett. Das Ehepaar Döring und Krey wird selbst jedoch nicht einziehen: „Unsere Kinder wohnen noch in unserem Haus.“

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